Wie könnte man den Tag besser beginnen als mit dem verführerischen Duft von selbstgebackenem Kuchen? Davon erzählt unlängst mit verzücktem Gesicht eine Zornedingerin, nachdem sie ihr Weg durch den Klosterbauhof morgens um kurz nach halb acht an der geöffneten Tür von "Mala" vorbeigeführt hat. Ohne ihre Termine im Büro wäre sie gern zur offiziellen Öffnungszeit, eine Stunde später, zurückgekehrt, um ein Stück Streuselkuchen oder eine frische Breze zu ergattern.
Das hätte mit Sicherheit auch die Inhaberin Nirmala Muniandy gefreut, die diese Kombination aus Café, Bistro und Weinbar mit jeder Menge Herzblut betreibt, seitdem sie vor fast acht Jahren ihren Sitz von Grafing nach Ebersberg verlegte. Die schon vorher nicht nur aufgrund des legendären Mango-Philadelphia-Torte begeisterten Kundinnen und Kunden blieben ihr auch nach dem Ortswechsel treu und vermehrten sich sogar: So gab es, damals noch unter dem Namen "Zimtblüte", neben dem Tagesbetrieb abends Jazz oder andere Musikveranstaltungen und am Wochenende Familienfeiern. Immer war es voll. Das blieb so auch nach der Änderung von Konzept, Öffnungszeiten und Name: Das "Mala", in Anlehnung an den Namen, mit dem alle Muniandy rufen, wurde vom Tagescafé zur Weinbar, mit Tapas und wechselndem Programm am Abend.
Viele sind im Home-Office, andere wollen lieber nicht drinnen sitzen
Doch dann kam Corona. Wo sich früher verliebte Paare und Gruppen von Freundinnen ein ausgedehntes Frühstück gegönnt hatten herrscht immer häufiger gähnende Leere. Dasselbe Bild auch zur Mittagszeit, in der zuvor Angestellte der zahlreichen Büros in der Innenstadt sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts in ihrer Essenspause gerne zwischen den verschiedenen frisch gekochten Gerichten ausgewählt hatten. Kein Wunder: Viele sitzen im Home-Office, anderen ist es im Innenraum schlichtweg zu heikel. Der Umsatz ist um 60 Prozent eingebrochen. "Ich verstehe die Leute ja", sagt die Malaysierin in ihrer warmherzigen Art mit einem tapferen Lächeln. Manchmal jedoch gerät auch eine grundsätzlich optimistische Person wie sie an die Grenzen ihrer Kraft.
Die komplette Unplanbarkeit sei es, die ihr den Schlaf und die Nerven raube, erzählt die zierliche 50-Jährige, die jeden Morgen ab 6 Uhr in der Küche ihres Cafés steht. "Nie weiß ich, wie viel Ware ich vorhalten muss und wie viel Personal." Im Sommer, als die Gäste problemlos im Freien sitzen konnten, sei die Situation wesentlich einfacher gewesen. Jetzt nun, im Spätherbst und Winter, sei teilweise stundenlang kein einziger Gast gekommen und dann wieder, aus heiterem Himmel, hätten plötzlich gleichzeitig so viele Leute ohne Reservierung in der Tür gestanden, dass der einzig anwesenden Angestellten Hören und Sehen vergangen sei - mit unvermeidlichen Wartezeiten, obwohl das keiner wolle.
Der Grund wird schnell klar, wenn man bei einem sonntäglichen "Spätstück" erlebt, welche Aufgaben vom Personal zu bewältigen sind: Erst die penible 2-G-Kontrolle mit Impfnachweis-Scan und Blick auf den Ausweis, dann Bestellungen aufnehmen, Kaffee kochen, servieren, kassieren und To-go-Bestellungen ausgeben. Am besten alles gleichzeitig. An diesem Vormittag mit für die Wirtin erfreulicherweise geschäftigem Treiben, sind es neben ihr selbst und dem Lebensgefährten zwei Aushilfen und die Küchenbesetzung, die dafür sorgen, dass sich die spontan hereingeschneiten Paare und zahlreichen Familien mit kleinen Kindern schnell und aufmerksam bedient fühlen.
Die Kunden werben tatkräftig für ihre Lieblings-Wirtin
Aber durchgehend eine solche Besetzung zu fahren, wenn es vielleicht doch wieder nur wenige Stunden sind, dass sie gebraucht wird, ist nicht wirtschaftlich. Hinzu kommt: Um die auch in Zukunft benötigten, geringfügig beschäftigten Kräfte halten zu können, müssen die Festangestellten in Kurzarbeit gehen. "Dabei sind 60 Prozent des Gehalts für jemanden, der eine Familie versorgen muss, einfach schwierig, jeder braucht das Geld!" weiß auch die Chefin. Gerade deshalb lobt sie ihre Belegschaft in den höchsten Tönen: "Meine Leute sind so toll - die ziehen bei allem mit." Wer weiß, wie ihre schwierige Lage ohne diesen Einsatz aussähe, wie sie es schaffen würde, sieben Tage offenzuhalten?
Wie stünde Mala da, ohne das Engagement ihrer Stammkundschaft, die nicht nur auf den eigenen Social-Media-Kanälen für die eigene Lieblingswirtin wirbt oder Freunde mitbringt, sondern es sich auch zur Gewohnheit gemacht hat, regelmäßig einzukehren. "Manche kommen jeden Tag, damit ich nicht aufgeben muss. Für einige ist mein Laden wie ein Wohnzimmer, die Leute fühlen sich als Teil einer Community, einer Gemeinschaft."
Vor allem aber: Was wäre Mala ohne Menschen wie Wolf Muschall, der vom Gast zum Freund und unermüdlichen Helfer wurde und ihr seit Beginn der Pandemie täglich zur Seite steht. "Ehrenamtlich", also komplett ohne Bezahlung. Eigentlich will der 70-Jährige kein Aufhebens darum machen, dass er täglich ab halb sieben für zwei bis drei Stunden da ist und dann am Nachmittag wieder, kommt aber dann doch ins Reden. Von seinen jahrelangen Besuchen im Café spricht der Kunstmaler, und von dem Moment, als er im Frühjahr 2020 feststellte: "Den ganzen Tag nur an der Staffelei zu stehen, ohne Struktur, ohne die Begegnung mit anderen Menschen - das geht nicht."
Von daher habe er es durchaus als Win-win-Situation begriffen, dass Mala damals, als sie ins Schwimmen kam, sein Angebot annahm: "Wenn du mich brauchst, ich bin jederzeit bereit." Seit damals zieht der drahtige, sportliche Mann das durch, ohne darüber sein künstlerisches Schaffen zu vernachlässigen. Das Leitmotiv seiner aktuellen Arbeiten: "70 Jahre kreativ". Vielleicht wird er nach Weihnachten ein paar Bilder ins Café hängen.
Wo es wieder einmal zu einer Anpassung der Öffnungszeiten kommt - flexibel bleiben, heißt die Devise. Vorerst kann man nun von Montag bis Donnerstag nur bis 14 Uhr, Samstag und Sonntag bis 17 Uhr einkehren. Es geht nicht anders, der Betrieb muss aus Kostengründen heruntergefahren werden. Nur der Freitag soll ein langer Tag bleiben, mit Öffnung bis 22 Uhr, obwohl Veranstaltungen leider komplett entfallen müssen. "Die damit verbundenen Bestimmungen lassen das einfach nicht zu und auch die Verantwortung wäre mir zu groß", sagt die Gastronomin.
Aufgeben allerdings ist keine Option für die Frau mit der natürlich-zugewandten Ausstrahlung, die in ihrem Beruf so sehr aufgeht und den persönlichen Austausch mit den Gästen erkennbar genießt: "Es geht um die Existenz von vielen Menschen - ich bin gern in Ebersberg und will auch hier bleiben. Außerdem kriege ich unheimlich viel zurück." Was, da reicht ein Blick auf Angestellte und Gäste, auf Gegenseitigkeit beruht.