Amtsgericht Ebersberg:Zinnober um kaputten Pullover

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Aus Eifersucht hat ein 21-Jähriger den Pullover seines Nebenbuhlers mit einer Schere "bearbeitet". (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein junger Mann steht in Ebersberg vor Gericht, weil er aus Eifersucht ein Kleidungsstück zerstört hat.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Wenn eine Beziehung in die Brüche geht, machen die daran beteiligten Partner gerne den berühmten Schnitt, um mit der Sache abzuschließen und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Einen solchen Schnitt hat auch ein 21-Jähriger aus dem mittleren Landkreis Ebersberg vollzogen - allerdings in einem sehr wörtlichen Sinne: Er nahm eine Schere zur Hand und zerschnitt den Designer-Pullover des früheren Liebhabers seines Partners. Mit diesem "Cut" war nun allerdings kein Neustart verbunden, sondern eine juristische Auseinandersetzung vor Gericht. Derjenige nämlich, dem das zweigeteilte Kleidungsstück gehörte, erstatte Anzeige gegen seinen Nebenbuhler - und so lag es nun am Ebersberger Jugendrichter Dieter Kaltbeitzer, Klarheit in dieses durchaus verworrene Beziehungskonstrukt der drei jungen Männer zu bringen.

Der Vorfall, um den es nun bei der Verhandlung ging, passierte an Silvester vor einem Jahr. Der Angeklagte war nach einer Beziehungspause gerade wieder mit seinem Ex-Partner zusammengekommen, als er in dessen Wohnung das unbekannte Kleidungsstück entdeckte. "Ich hatte den Pulli davor noch nie gesehen. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass er jemand anderem gehört", sagte der 21-Jährige. Und tatsächlich stellte sich heraus, dass sein Partner während der Beziehungspause ein Techtelmechtel mit einem anderen Mann hatte - dessen Pullover der nun Angeklagte in seinen Händen hielt. Nach einem kurzen Wutausbruch war das rund 100 Euro teure Kleidungsstück Geschichte. "Ich wollte keinen Pulli von jemand da haben, der mich ersetzen sollte", so der junge Mann als Begründung.

"Das Ganze ist ein bisschen verzwickt", sagt sogar der erfahrene Richter

Was der Angeklagte bei seinem "Schnitt" nicht auf dem Zettel hatte, war die Tatsache, dass der Besitzer seinen Pullover gerne in einem Stück wieder gehabt hätte. "Ich habe den Pulli von Freunden zum Geburtstag geschenkt bekommen. Deshalb hat er natürlich auch einen persönlichen Wert für mich", sagte der ebenfalls 21-Jährige im Zeugenstand. Nachdem er den Angeklagten aufgefordert hatte, ihm Schadenersatz zu zahlen, dieser sich aber nicht mehr meldete, habe er bei der Polizei Anzeige erstattet.

Bei Richter Kaltbeitzer drängte sich derweil noch die Frage auf, warum der Ex-Freund überhaupt in Besitz des Pullovers war. Das, so erklärte es dessen ursprünglicher Eigentümer, liege daran, dass die beiden während ihrer Beziehungsphase Kleidungsstücke getauscht hätten, um eine Erinnerung an den jeweils anderen stets griffbereit zu haben. Während allerdings der Pullover-Besitzer davon ausging, dass es sich dabei lediglich um eine gegenseitige Leihgabe handelte, hatte der Ex-Freund den Deal eher als Schenkung verstanden, wie er vor Gericht aussagte.

Hier noch den Überblick zu behalten, fiel selbst dem erfahrenen Jugendrichter schwer: "Das Ganze ist ein bisschen verzwickt", sagte Kaltbeitzer. Man könne hier sowohl zu einer Verurteilung wegen Sachbeschädigung, als auch zu einem Freispruch für den Angeklagten kommen. Da aber selbst im Falle eines Urteils die Schuld des 21-Jährigen als eher gering einzustufen sei, schlug der Vorsitzende vor, das Verfahren ohne jegliche Auflagen einzustellen und die Sache mit dem zerschnittenen Pullover auf sich beruhen zu lassen.

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