"Ich werde sie nicht töten. Aber ich muss sie auch nicht retten." Eine markige Aussage. Von wem könnte die wohl stammen? Von einem Bösewicht? Oder doch eher von einem zwiespältigen Helden? Wer die Antwort weiß, am Donnerstagabend aber nicht im Alten Kino war, der darf sich nun ein wenig ärgern. Denn beim "Pub Quiz Bizarre" ging es genau um solche Fragen. Im Zentrum des Abends nämlich standen "Superkräfte" - vom Gedankenlesen übers Fliegenkönnen bis zum Gurkenglasöffnen.
Ja, richtig gelesen. Gurkenglas. Schließlich ging es hier nicht nur ums Wissen kurioser Details, auch der Humor sollte nicht zu kurz kommen. Angekündigt war jedenfalls ein Quiz-Comedy-Spektakel mit einem österreichischen Kabarett-Trio - genauer gesagt, "ein interaktives Quizformat mit unerwartetem Trara-, Remmidemmi- und Tschingderassabum-Effekt!" Und um es gleich vorwegzunehmen: Die ganz große Staunen-Show ist der Abend mit Sonja Pikart, Magda Leeb und Elli Bauer zwar nicht, aber doch bestens komponierte, intelligente Unterhaltung, die nicht nur Ratespaß bietet, sondern obendrein eine gute Botschaft.
Die erste Erheiterung bringen die selbst gewählten Namen der Teams
Wohin die Reise thematisch geht, wird schon vor Beginn klar: In Leggings und albernen Glitzerumhängen schreiten die Superheldinnen Pikart und Bauer durchs Publikum, um Zettel, Stifte und Anweisungen zu verteilen. Jeder Tisch ist ein Team, und Obacht: Alles, was auf der Bühne passiert, kann zu einer Quizfrage werden. Die erste Erheiterung bringen die selbst gewählten Namen der Teams: Von "Seven up" über die "Waldlandechsen" bis hin zum "Hausgemachten Käsekuchen" darf man sich wundern über die kleinsten gemeinsamen Nenner der teils bunt zusammengewürfelten Rätselgenossen. "Wir streiten noch", heißt es lediglich an einem Tisch - und schon ist dessen Name geboren.
Und weil ihnen als Österreicherinnen Transparenz ganz wichtig ist, notieren die drei Spielleiterinnen im weiteren Verlauf die Punkte auf einem Flipchart. Dabei ist viel Vertrauen im Spiel - die Teams zählen ihre richtigen Antworten meist selbst -, aber auch Verwirrung. "Brutto und netto verwechsle ich immer", entschuldigt sich Magda Leeb alias Mansplaining Woman, die zu diesem Zeitpunkt ihre Besserwisser-Superkraft indes längst verloren hat. Genauso wie Infinity Woman alias Elli Bauer, die dann doch irgendwann feststellen muss, dass sie leider nicht unsterblich ist.
Doch das kleine Zahlenwirrwarr scheint ohnehin niemanden zu stören. Die Atmosphäre im Alten Kino ist locker wie im Wohnzimmer, die Gäste legen Ehrgeiz an den Tag, aber von erbitterter Konkurrenz sind sie meilenweit entfernt. Der Spaß zählt, das haben alle schnell verstanden. Was aber auffällt: Es sitzen diesmal vergleichsweise viele junge Menschen im Saal, offenbar haben viele Ebersberger ihren studentischen Nachwuchs mitgebracht - vielleicht in der Hoffnung auf bessere Gewinnchancen? Nur blöd, wenn die Kinder dann ein eigenes Team bilden wollen, wie eine Frau in der Pause erzählt.
Ja, wer sich auskennt in den Multiversen von Marvel und Co., hat an diesem Abend leichtes Spiel. Es gilt Anagramme zu entwirren, Bilderrätsel zu lösen und Filmmusik zu erkennen, während die drei Gastgeberinnen mit unbekümmertem Aktivismus durch den Abend führen. Viele der Aufgaben lösen die Ebersberger mit links - doch bei der Frage nach einem urbayerischen Superhelden in Tracht wird es dünn. Söder Man nämlich ist leider falsch. "Random-Punkte" wiederum gibt es für die beste selbst erfundene Superheldenfigur, doch so charmante Ideen wie Sachertorten Girl, Vignetten Woman oder Super-Kurzi müssen da leider zurückstehen: Das Rennen macht am Ende der AfD-Crusher. "Den könnten wir in Österreich auch gut gebrauchen", sagt Pikert.
Das Meta-Thema hinter all den Supersachen ist die Identitätskrise
Doch die drei Kabarettistinnen sind nicht nur sympathisch, sie machen sich auch gerne zum Affen, wie man so schön sagt, vor allem beim Musikrätsel. Bauer präsentiert ziemlich schräg eine große Ballade mit falschem Text, Pikart erzählt atemlos von einem Cowboy mit neonfarbenem Lasso, zu dritt intonieren sie einen englischen Hit so, "wie wir ihn als Kinder verstanden haben". Und zum Schluss kommt es tatsächlich noch zu einer "Götterdämmerung": Die drei Kabarettistinnen tanzen griechischen Sirtaki und mimen dabei abwechselnd zu erratende Gestalten des Olymp. Wie heißt nochmal der Gott des Weines? Oder der des Meeres? Herrje!
Das Meta-Thema hinter all den Superleuten aber ist die Identitätskrise. Was hilft weiter, wenn man sich selbst einmal verloren hat? Wenn man sich gar nicht mehr so super findet? Könnten Psychotests eine Lösung sein - nach dem Motto: "Welcher Flirt-Typ bist du?" Oder gibt vielleicht die "Zehologie" verlässlich Auskunft? Oder das Sternzeichen? Ein "Aszendent Mähdrescher" kann ja sehr befreiend sein, das "Baumkreiszeichen Pappel" dagegen eher niederschmetternd. Letztendlich aber erweisen sich all diese Versuche, über das Außen zu sich selbst zu finden, freilich als Irrweg. "Du weißt selbst am besten, wer du bist - und was du willst", fasst Pikart diese Erkenntnis zusammen. Und die Antwort darauf ist schnell gegeben: noch mehr vom Pub Quiz Bizarre natürlich.
