72-Stunden-Aktion in Ebersberg:"Ebersberg, bleib bunt!"

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Bei der 72-Stunden-Aktion in Ebersberg wurden Plakate gegen Fremdenfeindlichkeit und für Frieden gemalt, diese sollen bald an den Ortseinfahrten der Kreisstadt hängen. (Foto: Christian Endt)

Bei der bundesweiten 72-Stunden-Aktion ging es für die Ebersberger Aktionsgruppe um den Kampf gegen Rechtsextremismus. Kardinal Reinhard Marx war ebenfalls zu Besuch.

Von Antonia Aţurcăniţei, Ebersberg

Als Kardinal Reinhard Marx am vergangenen Samstag das Pfarrheim Ebersberg betritt, trägt er das grüne "72-Stunden-Aktion"-T-Shirt. Er gibt jedem die Hand, bittet alle in einen Sitzkreis und möchte den Namen jedes Teilnehmenden wissen, sowie in welche Klasse er geht. "Es sind 2700 Gruppen in ganz Deutschland, die so wie ihr, irgendetwas für die anderen tun", sagt er. "Es gibt keine vergleichbare Aktion". Anlass für diesen Besuch ist das von der Kolpingjugend und den Ministranten organisierte Projekt "Farbe bekennen - Plakate gegen Rechtsradikalismus gestalten".

Im Rahmen der bundesweiten 72-Stunden-Aktion, die von Donnerstag, 18. April bis Sonntag, 21. April stattfand, haben etwa 20 Kinder und Jugendliche zusammen mit den Leiterinnen und Leitern ein verlängertes Wochenende im Pfarrheim Ebersberg verbracht. In dieser Zeit durften sich die Teilnehmenden verschiedene Designs für vier zwei-Meter große Holztafeln überlegen, und sie anschließend gestalten. Vom 6. bis zum 13. Mai werden diese nun an den Ortseingängen der Kreisstadt Ebersberg hängen.

Kardinal Reinhard Marx sprach am Ende seines Besuches in Ebersberg einen Segen aus... (Foto: Christian Endt)
... Fabian Gruber, Johanna Wach, Katharina Bockler, Leonie Lindner und Simon Schechner (von links) haben das Projekt auf die Beine gestellt. (Foto: Christian Endt)

Das fünfköpfige Organisationsteam hatte zahlreiche Aktivitäten auf dem Plan. So erwartete die Kleinen am Donnerstagabend eine Fackelwanderung. Freitagvormittag wurde der Film "Kästner und der kleine Dienstag" angeschaut und besprochen. Dieser spielt in der Zeit des Nationalsozialismus und schildert die Freundschaft zwischen Autor Erich Kästner und dem Jungen Hans-Albrecht Löhr. Der Film sei "nicht ganz ohne", wie Fabian Gruber, Teil des Orga-Teams, feststellt. Dieser sei jedoch gut dazu geeignet, zusammen mit der anschließenden Diskussion in das Thema einzuleiten.

Im Anschluss an den Film durften die Teilnehmenden T-Shirts batiken - "ganz bunt, dem Motto getreu", wie Johanna Wach erklärt. Als eine der Leiterinnen der Gruppe ist sie froh, dass das Projekt durch Sponsoring unterstützt wurde. So seien die Holztafeln von der Zimmerei Schuder zur Verfügung gestellt worden, das Frühstück von der Bäckerei Freundl. Die Metzgerei Maisch habe das Fleisch für den am Samstag abgehaltenen Grillabend gespendet. "Es ist eine große Sache, wenn die Kosten für die Kinder dadurch gering gehalten werden", sagt Wach.

Johanna Wach war bereits bei der letzten 72-Stunden-Aktion 2019 dabei. Die 20-jährige Studentin war sehr begeistert über den Verlauf des diesjährigen Projekts. (Foto: Christian Endt)

"Ein politisches Thema habt ihr euch ausgesucht", sagte Kardinal Marx nach der Vorstellungsrunde. "Ich stelle mir das nicht so einfach vor", sagte der Erzbischof. Fabian Gruber erklärt, dass sie noch eine Pause eingelegt hätten, "sonst hätten Sie nichts zu sehen gehabt". Alle lachen. Der Kardinal möchte von den Kindern selbst erfahren, was sie sich ausgedacht haben, was für Ideen sie haben. Die Kleinen erzählen gerne, man sieht ihnen an, dass sie Spaß haben. Die Botschaft dieses Projekt sei "zutiefst christlich", sagt der Erzbischof. Es habe Zeiten gegeben, da habe die Kirche nicht richtig gehandelt - etwa im Hinblick auf die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Bei dieser Aussagen sieht man ein paar energisch nicken. Aber man lerne dazu. Es sei wichtig, solche Aktionen weiterhin anzubieten, damit der Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht schwinde. "Haltet zusammen", gibt der Geistliche den Kindern mit.

Die 20 Teilnehmenden wurden in vier Gruppen aufgeteilt, um sich für die vier Tafeln Designs zu überlegen. (Foto: Christian Endt)

Am vergangenen Samstag hat nicht nur Kardinal Marx der Ebersberger 72-Stunden-Gruppe einen Besuch gestattet. Annette Fröhlich, Jugendseelsorgerin des Zentrums für kirchliche Jugendarbeit in der Region München Nordost war ebenfalls anwesend, sowie Vertreter der Koordinierungskreise, die sich mit der Unterstützung der Aktionsgruppen vor Ort beschäftigen. Johanna Gressung, Jugendseelsorgerin der Erzdiözese München-Freising begab sich ebenfalls nach Ebersberg, um sich das Projekt anzuschauen. "Ich finde es großartig, dass es so viel Inhalt hat, dass sich die Kinder das selbst überlegen", sagt sie. Sie gehört zu denen, die die bundesweite Aktion regional koordinieren - 90 Gruppen waren es am vergangenen Wochenende in der Region München-Freising.

Kein Zugang für Rassismus. Auch dieses Plakat wird bald an einer Zufahrtsstraße in Ebersberg hängen. (Foto: Christian Endt)

Daniela Hottenbacher, Bundesvorsitzende im BKDJ, hat an diesem Wochenende mehrere Projekte der 72-Stunden-Aktion besucht. Gestartet in Mainz, mit Endstation in Regensburg, habe sie auch einen Stopp in Ebersberg eingelegt. Sie zeigte sich begeistert über die Veranstaltung. Bei ihrer Reise von Projekt zu Projekt wurde sie vor allem vom Engagement der Jugendlichen beeindruckt. Etwa bei einer Aktion, die draußen stattfinden sollte. Dort hätten sich die Kinder vom schlechten Wetter nicht die Motivation nehmen lassen. "Sie haben sich dick angezogen und haben fröhlich weitergemacht", sagt Hottenbacher.

Die Idee für eine der vier Tafeln kam von Sebastian Reischl. Der 13-Jährige zeichnet und malt gerne. (Foto: Christian Endt)

Auch den Teilnehmenden in Ebersberg war die Begeisterung anzumerken. Sebastian Reischl ist Ministrant und hat sich das Design für eine der vier Tafeln überlegt. Ein Gesicht, das in vier unterschiedlich aussehende Partien geteilt ist, darunter die Worte "Vielfalt l(i)eben". "Jeder schaut anders aus, aber grundsätzlich sind wie alle gleich", sagt der 13-Jährige dazu. Das wolle er mit seinem Design zeigen. Die Kinder hätten hauptsächlich selbständig gearbeitet, sagt Leonie Lindner, Oberministrantin in Ebersberg. "Das Einzige, was wir gemacht haben, waren Kleinigkeiten", sagte sie.

90 Gruppen nahmen im Raum München-Freising an der 72-Stunden-Aktion teil. (Foto: Christian Endt)

Die Leiterinnen und Leiter - ob im Organisationsteam oder inoffiziell zur Unterstützung anwesend - teilten die positiven Eindrücke der 20 teilnehmenden Kinder. Das bestätigte auch Wach. "Ich finde, wir haben ein cooles Team", sagt sie.

Die großen Tafeln sollen die Menschen beim Hineinfahren in die Stadt begrüßen. Mit viel Farbe und mit lauten Forderungen: "Frieden ist, wenn Herkunft egal ist." "Ebersberg, bleib bunt!". Nach vergangenem Wochenende wirkt Ebersberg schon etwas farbenfroher.

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