Debatte in Moosach:Parken im Idyll

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Der Weg zur Wallfahrtskirche ist idyllisch - doch Parkplätze gibt es am Ende nur wenige. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Gemeinde und Kirche von Moosach wollen in Maria Altenburg neue Stellplätze schaffen, um dem Verkehrschaos an der Wallfahrtskirche Herr zu werden. Doch das gefällt nicht jedem.

Von Anja Blum

Spiritualität, Historie, Naherholung, Landwirtschaft und soziale Einrichtungen: Maria Altenburg ist ein Ort, an dem viele Bedürfnisse gestillt werden, aber demzufolge auch verschiedene Interessen aufeinandertreffen. Eingebettet in eine wunderbare oberbayerische Landschaft, umgeben von Wiesen, Wäldern und Feldern, liegt oberhalb von Moosach eine zauberhafte barocke Wallfahrtskirche samt Kapellen und Kreuzweg. Maria Altenburg wurde als Burgkapelle 1250 erstmals erwähnt, die heutige Kirche "Unserer lieben Frau in Altenburg" dann 1467 erbaut und, weil ursprünglich gotisch, 1711 barockisiert - der Ort hat also eine Tradition von mindestens 550 Jahren. In München wird das Gotteshaus als bedeutende bayerische Marienwallfahrtsstätte geführt. Daneben: eine kleine Gastronomie, das sogenannte Sacherl, eine Kindertagesstätte, eine Wohngemeinschaft für ehemalige Häftlinge sowie eine landwirtschaftlicher Betrieb. Sprich: Maria Altenburg ist für viele Menschen sehr wertvoll - aus den unterschiedlichsten Gründen.

Ständig wird kreuz und quer auf den Wiesen geparkt

Was bisher aber fehlt, sind genügend Parkmöglichkeiten für all jene, die hierher kommen. Spaziergänger, Ausflügler und Erholungssuchende, Gottesdienstbesucher, Wallfahrer und Hochzeitsgäste. Maria Altenburg zieht Menschen aus nah und fern an. Zwar gibt es einen Streifen, auf dem in etwa 20 Autos Platz haben, doch das reicht an vielen Tagen, vor allem am Wochenende und bei schönem Wetter, längst nicht aus. Zu den sonntäglichen Messen strömen, wenn nicht gerade eine Pandemie grassiert, laut Moosachs Bürgermeister Michael Eisenschmid gerne mal 60, 70 Gläubige - klar, das schmucke Barockensemble wird geschätzt. Hinzu kämen rund 30 Trauungen pro Jahr sowie diverse Pilgergruppen, so der Rathauschef. Doch nicht nur die Kirche ist ein Magnet, auch die Natur drumherum, viele Menschen nutzen den Ort als Ausgangspunkt für Spaziergänge oder Radtouren.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hinter dem letzten Marterl ...

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... des Kreuzwegs ...

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... soll der neue Parkplatz ...

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... für Maria Altenburg entstehen.

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Als Vorbild dient die Stellfläche vor dem Haus der Vereine in Lorenzenberg.

Die Folge ist laut Eisenschmid, dass dort oben ständig wild geparkt wird, kreuz und quer auf Wiesen und Feldern, entlang der schmalen Straße, einem Kreuzweg, der nach Maria Altenburg führt. "Das ist aber weder schön für Pilger und Ausflügler, noch für die Landwirte", so der Bürgermeister. Und vonseiten der Pfarrei sieht man das genauso: "Man muss das historische Ensemble sowie die Natur schützen", sagt Kirchenpfleger Herbert Weidlich.

Insofern ist man sich einig, dass es Not tue, rund um Maria Altenburg mit einem zusätzlichen Parkplatz für Ordnung zu sorgen. Auch der Moosacher Gemeinderat hat dem zugestimmt, zuletzt wurde die Planung, entworfen von Landschaftsarchitekt Michael Haas aus Grafing, von dem Gremium abgesegnet. Die einzige Gegenstimme kam von Kirsten Joas, ihres Zeichens Försterin.

Künstlerin Cornelia Melián hat große Bedenken

So soll er angelegt werden, der neue Parkplatz für Maria Altenburg. Die Gestaltung werde „sehr schonend“ sein, verspricht der Bürgermeister. (Foto: Gemeinde)

Denn ja, man kann schon Sorge haben, wenn eine Idylle wie Maria Altenburg einen neuen Parkplatz bekommen soll. Zieht das nicht noch mehr Menschen an? Verträgt sich eine solche Nutzfläche mit der Natur, mit dem historischen Ensemble, der spirituellen Atmosphäre? Wegen all dieser Fragen hat Cornelia Melián in der jüngsten Gemeinderatssitzung das Wort ergriffen.

Die Künstlerin, beheimatet im Meta Theater Moosach, ist seit vergangenem Jahr eine der drei Umweltbeauftragten der Gemeinde, ein Ehrenamt, das sie sehr ernst nimmt. "Mich und andere Moosacher treibt die Frage um, wie unser Ort und die Landschaft außen herum, also unsere Heimat, in zehn, 20, 30, 100 Jahren aussehen kann", sagt sie - und Maria Altenburg stehe dabei unter ganz besonderer Beobachtung: "Wir alle tragen Verantwortung, dass dieses Juwel erhalten bleibt, und zwar als ganzheitliches Ensemble, wozu auch der Kreuzweg inmitten seiner Wiesen und Äcker gehört."

Durch den Bau eines neuen Parkplatzes aber würde dieses Ensemble "empfindlich gestört werden in Natur, Landschaft und auf kunsthistorischer Ebene". Vor allem der Pilgerweg "würde degradiert zur Zufahrt eines öffentlichen Parkplatzes", so Melián. Aber auch die Sichtachse auf die Kirche sieht sie in Gefahr: "Anstatt auf den durchspitzenden Kirchturm schaut man dann auf Blech und blitzende Spiegel." Der Bau eines Parkplatzes auf einer grünen Wiese bedeute den heftigsten Eingriff in die Natur sowie in das landschaftliche Bild. Und nicht zuletzt brächten Autos immer Lärm, Abgase sowie Dreck mit sich und verdrängten, zumal auf einer solch schmalen Straße, Fußgänger wie Radfahrer.

Insofern bat die Umweltbeauftragte die Moosacher Gemeinderäte eindringlich, das Bauprojekt "Parkplatz Maria Altenburg" noch einmal sehr genau zu überdenken und sich nicht mit dieser "einfachsten und konventionellsten Lösung" zufrieden zu geben. "Lasst uns kreativ und einfallsreich sein, um mit anderen Mitteln zum Ziel zu kommen und unseren Kindern und Kindeskindern ein Stück Natur, Kultur und Heimat zu erhalten." In diesem Sinne plädierte Melián dafür, ein neues Narrativ zu erfinden: "Es müsste für jeden Besucher ein erstrebenswertes Event sein, zu Fuß zur Wallfahrtskirche hochzuwandern, um nach einem Besuch der Kirche im Café Sacherl einen Imbiss einzunehmen."

Kommentar
:Das Kreuz mit dem Segen

Eigentlich muss sich die Kirche freuen über jeden, der sich zu ihr aufmacht. In Maria Altenburg werden die vielen Besucher allerdings zum Problem. Eine Ideallösung gibt es nicht - aber jeder einzelne kann etwas beitragen

Von Anja Blum

Und zu Hochzeiten und anderen Feierlichkeiten könnte die Anfahrt der Gäste mit einem Bus organisiert werden. "Ich fordere Sie auf, in einem Ideenpool zukunftsorientiert nach anderen Lösungen zu suchen", appellierte sie an die Gemeinderäte. Doch es war nichts zu machen, die Sache war längst entschieden. "An der Bevölkerung vorbei", wie Melián meint.

Pläne für einen neuen Parkplatz gibt es schon lange

Eisenschmid und Weidlich indes sehen das ganz anders, sie nennen den nun geplanten Parkplatz eine sehr gute Lösung. Die Maßnahme ist eine Kooperation von politischer und kirchlicher Gemeinde: Beide stellen Grund zur Verfügung, die Kommune baut, die Kirche übernimmt Pflege und Unterhalt. "Wir wünschen uns schon seit mindestens 20 Jahren einen weiteren Parkplatz für Altenburg, aber bisher war das aufgrund der komplizierten Grundstücksverhältnisse leider nie möglich", erklärt Weidlich.

Erst jetzt, nachdem ein Moosacher Privatmann den Schwestern vom Guten Hirten ihr 200 000 Quadratmeter großes Areal abgekauft hat, sei Bewegung in die Sache gekommen - da dieser sehr viel kooperativer sei als zuvor die Ordensleute. "Günther Wagner ist ein Glücksfall für Altenburg", sagt der Kirchenpfleger. Der Vermutung, der Parkplatz werde auch für einen von Wagner geplanten Pferdehof errichtet, widersprechen sowohl Weildich als auch Eisenschmid. "Der hat damit überhaupt nichts zu tun, sondern muss seine eigenen Stellplätze nachweisen", so der Rathauschef.

Als geeignetste Stelle für den Parkplatz haben die Verantwortlichen die Wiese rechts vor der Einfahrt nach Maria Altenburg auserkoren, also hinter dem letzten der 14 Marterl des Kreuzwegs. Gestaltet werden soll die Fläche "so schonend wie möglich - gerade weil es so ein besonderer Ort ist", sagt Weidlich. Der Kreuzweg sei ein wichtiger Bestandteil von Maria Altenburg und müsse in seiner Wirkung erhalten bleiben. Laut Eisenschmid wird "kein einziger Quadratmeter versiegelt", es werde nur Kies und Schotterrasen angelegt, dazu viele Bäume und sonstiges Grün. Dank diesem und einer leichten Senke würden die Autos denn auch kaum zu sehen sein.

Wer sich ein Bild machen will, kann sich den Parkplatz des Bürgerhauses in Lorenzenberg ansehen, der als Vorbild dient: "So muss man sich das vorstellen, nur um einiges kleiner und noch grüner", verspricht der Moosacher Bürgermeister. 38 Autos könnten auf dem neuen Gelände Platz finden, "wenn jeder ordentlich parkt". Wobei der östliche Teil quasi als "Überlaufbecken" dienen soll: Generell mit einer Kette verschlossen, wird er nur bei besonders hohem Besucherandrang geöffnet. Die Bauarbeiten samt Aussaat sollen im Herbst beginnen, Eisenschmid hofft, dass die neue Abstellfläche in etwa einem Jahr nutzbar sein wird. Der alte Parkstreifen westlich der Zufahrt bleibe erhalten und werde - ebenfalls naturnah - ertüchtigt. Die schmale Zufahrtsstraße, die sich übrigens im Besitz der Gemeinde befindet, werde nicht verbreitert, sondern nur am Rand neu befestigt.

Und wer sich wundert, dass weiter oben, auf dem direkten Weg zur Kirche hin, einiges an Gebüsch und Bäumen abgeholzt wurde: Auch der Vorplatz soll neu gestaltet werden - "offener, anständiger, einem Wallfahrtsort entsprechend", so erklärt es Weidlich. Besucher sollen das geistlich-architektonische Schmuckstück künftig noch besser sehen und genießen können, auch dank neuer Sitzmöglichkeiten im Freien. Geplant sind übrigens auch Fahrradständer, denn auch solche sind in Maria Altenburg bis dato Mangelware.

© SZ vom 20.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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