CSU: Thomas Huber:"Der Staat hat über seine Verhältnisse gelebt"

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In fast allen bayerischen Kommunen brechen die Steuereinnahmen weg: CSU-Bezirksrat Thomas Huber über die Sorgen der Kommunalpolitiker und ein neues Verteilungssystem.

Thorsten Rienth

In fast allen bayerischen Kommunen brechen die Steuereinnahmen weg und steigen die Sozialausgaben. Die Kämmerei des Oberbayerischen Bezirkstags hat dramatische Defizitprognosen für 2011 errechnet. Demnach müsste die von den Landkreisen zu zahlende Bezirksumlage um 2,7 bis 2,9 Prozent erhöht werden. Thorsten Rienth sprach darüber mit CSU-Bezirkschef Thomas Huber.

Thomas Huber: "Dem Bezirk fehlen nächstes Jahr etwa 125 Millionen Euro." (Foto: Peter Hinz-Rosin)

SZ: Ist dem Kreistag schon angst und bange angesichts der Erhöhung?

Huber: Dem Bezirk fehlen nächstes Jahr etwa 125 Millionen Euro. Welcher verantwortungsbewusste Kommunalpolitiker wäre bei der Prognose nicht besorgt? Der Landkreis müsste dann ungefähr 4,2 Millionen Euro mehr abführen, die er entweder selbst erwirtschaften oder sich über die Kreisumlage von den Kommunen holen müsste. Aber die stehen ja selbst mit dem Rücken zur Wand!

SZ: Der Bund spart, das Land spart, warum soll das beim Bezirk nicht gehen?

Huber: Der Staat hat Jahrzehnte über seine Verhältnisse und damit auf Kosten der nächsten Generation gelebt. Trotz steigender Aufgaben hat der Bezirk aber alle Möglichkeiten ergriffen, um zu sparen. Wir haben sogar Schulden getilgt, um die Zinslast zu senken. Mehr zu sparen ist leider nicht so einfach: Viele Leistungsansprüche, die der Bezirk finanziert, sind per Bundesgesetz geregelt. Da können wir nicht einfach sagen, wir kürzen das.

SZ: Geben Sie doch mal ein Beispiel.

Huber: Die ,,Hilfe zur Pflege'': Sie ist für Pflegebedürftige, die aus dem eigenen Vermögen ihre Pflegekosten nicht decken können. Zurzeit geben wir 160 Millionen Euro dafür aus. In nicht einmal 20 Jahren wird es wohl mehr als das Dreifache sein.

SZ: Wie verkaufen Sie als Bezirksrat Ihren Kollegen im Kreis- oder Stadtrat eine fast dreiprozentige Umlageerhöhung?

Huber: Ich muss nichts verkaufen. Ich versuche aufzuklären. Die Haltung von Kollegen ist mir wichtig, aber es geht um die Belange der Bürger. Wir müssen einsehen, dass wir steigende Sozialausgaben nicht verhindern können. Das liegt an steigenden Fallzahlen, der demografischen Entwicklung und mehr Hilfebedarf bei Menschen mit Behinderungen. Deshalb muss endlich das Umlagesystem geändert werden!

SZ: Das ist beinahe schon eine alte Leier.

Huber: Ja, und ich werde nicht müde, das weiter zu wiederholen. Aber endlich scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Ministerpräsident Horst Seehofer hat am Samstag angekündigt, bis Herbst eine Lösung zu finden und das Problem zusammen mit der Bundesregierung zu regeln.

SZ: Aber die Kommunen sitzen am kürzeren Hebel.

Huber: Nur auf den ersten Blick. Wenn da keine Dialogbereitschaft ist, schrecken wir nicht vor einer erneuten Popularklage zurück. Die notwendigen Beschlüsse haben wir im Kreistag gefasst. Unser Landkreis ist im Bayernvergleich bei der Steuerkraft unter den Top Ten. Bei der Finanzkraft allerdings, also nach der Verteilung der Finanzmasse, landet er auf dem letzten von 71 Plätzen. Wir zahlen über das Umlageverfahren zugunsten ärmerer Landkreise so viel, dass wir selbst zum ärmsten Kreis werden. Das darf nicht sein!

© SZ vom 7.7.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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