Irgendwo in der Poinger Prärie, Charlotte Schmid kommt mit dem Fahrrad. Sie hat eine Tasche mit der Aufschrift "Rettet die Bienen" umgehängt. Das Volksbegehren 2019, so erzählt sie es, war für sie eine Sternstunde der Politik - und der Startschuss ihrer ziemlich steilen Karriere in der ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei).
Doch bevor es darum geht, stellt sich die Frage: Warum treffen wir uns hier, nahe am Neubaugebiet W7, umgeben von Baustellen? Charlotte Schmid, 46 Jahre, gebürtige Engländerin, lebt seit mehr als zwanzig Jahren in Poing und erklärt: "Hier können wir über eines meiner Lieblingsthemen sprechen: Flächenfraß." Sie deutet auf die riesige Brachstelle, auf der in den kommenden vier Jahren knapp 800 Wohneinheiten entstehen sollen. "Dieses Gebiet wird Lerchenwinkel genannt, weil hier einmal Lerchen waren", sagt Schmid. "Jetzt sind keine Lerchen mehr da. Da kommen mir Tränen in die Augen." Jeder Quadratmeter, der versiegelt würde, sei ein Quadratmeter zu viel.
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Noch 2019 tritt Charlotte Schmid in die ÖPD ein, 2020 wird sie zur stellvertretenden ÖDP-Kreisvorsitzenden Ebersberg und in den Bundesvorstand der Partei gewählt. Bei der Bundestagswahl ein Jahr später tritt sie als Direktkandidatin an, vergangenes Jahr übernimmt die studierte Altphilologin und Kirchenmusikerin schließlich den ÖDP-Bundesvorsitz. Warum sie sich in der Partei, die seit kurzem den Beinamen "die Naturschutzpartei" trägt, heimisch fühlt, hat vor allem zwei Gründe: Die Partei nimmt keine Spenden aus der Industrie an, erklärt Schmid: "Wir sind nicht käuflich." Außerdem seien die Lösungen, welche die ÖDP anbietet, aus einem Guss.
Erst seit der Geburt ihrer Kinder, erzählt Charlotte Schmid, die in London aufgewachsen ist, würde sie genauer hinschauen, was falsch läuft auf der Welt. Zu ihren Lieblingsthemen gehört die Kreislaufwirtschaft, die Erweiterung des Lehrerschlüssels, die Entschärfung von Ballungsräumen. Und: bezahlbarer Wohnraum. "In den letzten drei Jahren sind die Mietpreise in Poing um 13 Prozent gestiegen", sagt sie. "Das betrifft auch mich. Ich bin selbst alleinerziehende Mutter von zwei Schulkindern - und froh, dass ich eine Wohnung habe." Ihr ist es wichtig, dass Politiker sich nicht als große Gestalten präsentieren, sondern als nahbar, von den Themen selbst betroffen.
Auch dem ÖPNV will Charlotte Schmid sich annehmen. "Als ich nach Deutschland gekommen bin, war ich absolut begeistert, dass die Züge pünktlich kamen", erzählt sie. Mit Intelligenz könne man den ÖPNV wieder zu dem machen, was er mal war. Darin, so Schmid, sei sie mit vielen Parteikollegen auf demselben Boot: Altes zu bewahren und zu schützen.