Brauereien im Landkreis Ebersberg:Helles und Dunkles

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Seit zwei Wochen gibt es im Landkreisnorden eine zweite Brauerei: Bergfeldbräu. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Während das neu gegründete Poinger Bergfeldbräu und die Ebersberger Schlossbrauerei ihre Konzepte vorantreiben, kämpfen die beiden etablierten Produzenten mit den Folgen von Corona

Von Andreas Junkmann

Wenn es einen Berufsstand gibt, der selten auf dem Trockenen sitzt, dann sind das Bierbrauer. Im Corona-Jahr 2020 hätte sich der ein oder andere aber durchaus gewünscht, dass die Kessel ein bisschen leerer gewesen wären. Doch über viele Monate hinweg waren die Brauereien im Landkreis Ebersberg einzig auf den Verkauf im Einzelhandel angewiesen - Feste und Veranstaltungen gab es ja keine. Die Folge waren Umsatzeinbußen und eine dauerhafte Unsicherheit, ob das Produkt auch den Weg zum Verbraucher findet. Harte Zeiten also, die hinter den etablierten Bierproduzenten in der Region liegen. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass ein junges Paar aus Poing nun just in diesen Tagen beschlossen hat, sich mit der Bierherstellung selbständig zu machen.

"Wer im Finstern Angst hat, der geht nicht in den Wald", sagt Johannes, genannt Hanse, Perniß. Der 29-Jährige hat zusammen mit seiner 25-jährigen Freundin Julia Schimpf das Poinger "Bergfeldbräu" gegründet, im Dezember haben die beiden ihr erstes eigenes Bier verkauft. Ein mulmiges Gefühl, sich gerade jetzt inmitten der Corona-Pandemie selbständig zu machen, habe er nicht gehabt, sagt Perniß. Klar, er und seine Freundin hätten lange überlegt, aber: "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für uns. Wir haben noch keine Kinder und stehen voll im Saft."

Obwohl herkömmliche Brauerein gerade schwere Zeiten durchmachen, haben sich die jungen Poinger Julia Schimpf und Johannes "Hanse" Perniß dazu entschlossen, ihre eigene Biermarke zu gründen. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Neben dem Lebenssaft begleitet Hanse Perniß auch der Hopfensaft schon seit einigen Jahren. Der gelernte Brau- und Malzmeister hat zuvor in einer Münchner Brauerei gearbeitet - ein Job, der ihm zwar Spaß gemacht hat, bei dem aber das gewisse Etwas fehlte. "Mein Traum war es immer, mein eigenes Bier zu machen. Mein eigenes Produkt mit meiner eigenen Rezeptur", sagt Perniß. Aus diesem Traum ist im vergangenen Jahr Wirklichkeit geworden.

Mit seinem Konzept und seiner Rezeptur ist der 29-Jährige bei der Brauerei Forsting im Nachbarlandkreis Rosenheim vorstellig geworden. Dort fand man die Pläne des Jungunternehmers gut - und seither wird in Forsting auch das Bergfeldbräu-Bier gebraut. Dessen Name geht zurück auf eine alte Flurbezeichnung, wie Perniß erklärt, und ist in Poing durch den Bergfeldsee und das neue Wohngebiet im Nordwesten der Gemeinde bereits ein etablierter Begriff. Auch das Bier scheinen die Poinger schnell ins Herz geschlossen zu haben, denn schon anderthalb Tage nach dem offiziellen Verkaufsstart Mitte Dezember war die komplette Charge von 4500 Liter vergriffen.

Dabei sind Hanse Perniß und Julia Schimpf gerade erst dabei, sich ein Verkaufsnetz aufzubauen. Das Bergfeldbräu gibt es - sobald wie geplant Mitte Januar wieder Nachschub produziert ist - im hauseigenen Verkaufsraum in der Dorfstraße 22 in Angelbrechting. Zudem hat es der Lieferservice der Gärtnerei Böck sowie die drei Edeka-Pfeilstetter-Filialen im Sortiment.

Der Plan: Es soll am Ort gebraut und ausgeschenkt werden

Von der Corona-Krise sind Perniß und Schimpf somit nicht direkt betroffen, die Zusammenarbeit mit Gastronomen soll schließlich erst der zweite Schritt der beiden Jungunternehmer sein, wie der Braumeister sagt. "Bis dahin hat sich die Pandemie hoffentlich schon wieder ein bisschen abgeflacht." Und auch ein weiteres, noch größeres Ziel, haben die beiden Poinger im Kopf: eine eigene Brauerei am Ort mit zugehörigem Biergarten. "Das wäre unser großer Traum."

Von dessen Realisierung ist man andernorts im Landkreis nicht mehr ganz so weit entfernt: Auch in der Kreisstadt Ebersberg soll es in Zukunft wieder eine richtige Braustätte geben. Das zumindest ist das Ziel von Martin und Sebastian Otter, die gemeinsam im Jahr 2019 die Ebersberger Schlossbrauerei wiederbelebt haben. Derzeit lassen die beiden Geschäftsführer ihr Schlossbräu ebenfalls noch andernorts produzieren, das könnte sich aber künftig ändern. "Unser Ziel in nächster Zeit ist, die Planungen für eine eigene Braustätte voranzutreiben", sagt Martin Otter. Ihm schwebt eine kleinere Brauerei samt Ausschank im Herzen der Kreisstadt vor. Die Gebäude jedenfalls wären bereits vorhanden, allerdings müssten diese umfassend modernisiert werden.

Sebastian, Gerd, Martin und Franz Otter haben 2019 das Ebersberger Schlossbräu wiederbelebt - vielleicht wird es bald auch wieder in der Kreisstadt selbst gebraut. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Dass es noch nicht soweit ist, hat aber auch Vorteile: "Von dem was die Brauereien im Moment erleben, sind wir verschont geblieben", sagt Martin Otter mit Blick auf die Corona-bedingten Umsatzverluste. Wie das Bergfeldbräu, ist auch das Schlossbräu bisher nur im Einzelhandel erhältlich - und somit nicht auf Gastronomie oder Veranstaltungen angewiesen. Entsprechend sind die Otters auch zufrieden mit dem Geschäft im vergangenen Jahr, wenngleich wirkliche Vergleichswerte fehlen, da das Schlossbräu erst ein Jahr auf dem Markt ist. "Es könnte schlechter laufen", sagt Martin Otter, der zusammen mit seinem Bruder die Marke im neuen Jahr auch über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt machen will.

Während die Newcomer auf dem Ebersberger Biermarkt also eifrig ihre Geschäftsmodelle vorantreiben, herrscht bei den beiden etablierten Brauereien derweil eher Katerstimmung. Sowohl das Grafinger Wildbräu, als auch die Schweiger-Brauerei in Markt Schwaben hat die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr hart getroffen. "Ohne unsere Fans und dem starken regionalen Zusammenhalt wäre es nicht gegangen", sagt etwa Wildbräu-Chef Gregor Schlederer. Gerade der erste Lockdown habe für große Verunsicherung gesorgt, der Fassbier-Absatz habe zeitweise fast bei null gelegen.

Wildbräu-Chef Gregor Schlederer freut sich über die treuen Fans seiner Biermarke - dennoch haben die Absage der Volksfeste und die Schließung der Gaststätten die Grafinger Brauerei hart getroffen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch der Verkauf im Einzelhandel habe diese Verluste Schlederer zufolge nicht auffangen können, "weder im Umsatz noch im bayerischen Lebensgefühl", wie er sagt. Immerhin habe man kein bereits produziertes Bier wegschütten müssen. Das war in Markt Schwaben anders. Ein bisschen was habe man leider entsorgen müssen, sagt Erich Schweiger, Geschäftsführer der gleichnamigen Brauerei. Da die Gastro-Lockdowns jeweils recht kurzfristig gekommen seien, habe man für die dafür bestimmten Fässer keine Abnehmer gefunden. Insgesamt geht die Brauerei mit einem Umsatz-Minus von rund 20 Prozent aus dem Jahr 2020 - und das auch nur, weil man im Vergleich zu anderen Anbietern nicht so stark von der Gastronomie abhängig sei, wie Schweiger sagt. "Insgesamt sind wir deshalb mit einem großen blauen Auge davongekommen."

Erich Schweiger, Geschäftsführer der gleichnamigen Brauerei, rechnet mit einem Minus von 20 Prozent, aber durch Jammern werde es auch nicht besser, sagt er. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Der Geschäftsführer rechnet allerdings auch für 2021 mit einem Minus, schließlich werden wohl zumindest in der ersten Jahreshälfte weiterhin keine Feste stattfinden können. Trotzdem sagt Erich Schweiger: "Wir sind gut aufgestellt und stehen das durch." Und durch Jammern werde die Situation ja auch nicht besser, so der Markt Schwabener Brauerei-Chef. Das sieht man in Grafing ähnlich, wo sich Wildbräu-Geschäftsführer Gregor Schlederer mit seiner Brauerei ebenfalls noch nicht über dem Berg wähnt. Was die Zukunft bringe, sei schwer zu sagen, hoffentlich aber bessere Zeiten. "Wir zählen nur noch die Tage bis wir wieder zum Wirt und auf die Festl können."

© SZ vom 02.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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