Musikprojekt aus Tuntenhausen:Noch viel mehr Heimat

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Die Corona-Projekt-Band "BAMAB - Bavarian Musicians Against Boredom" bestreitet erste Livestreams und arbeitet an einem Album mit eigenen Songs.

Von Anja Blum, Tuntenhausen

Anfangs ging es vor allem um die Corona-Langeweile. Daher der Bandname: BAMAB - Bavarian Musicians Against Boredom. Doch mittlerweile hat sich die Situation erheblich zugespitzt: Einige Musiker stünden "am Rande des finanziellen oder psychischen Ruins", sagt Bandleader Sebastian Ludwig. "Der Frust ist riesig." Deshalb sei er froh und stolz, den 18 Mitgliedern seiner bunt zusammengewürfelten Truppe zumindest eine "kleine kulturelle Heimat beziehungsweise ein kreatives Ventil" bieten zu können.

Der Gitarrist und Sänger aus Tuntenhausen ersann Anfang des Jahres das Grundgerüst eines Songs - und griff zum Telefon. Der Plan war, möglichst viele Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Genres für ein musikalisches Online-Corona-Projekt zu vereinen. Und das ist bestens geglückt: 17 Musiker aus der Region spielten den Song "Home" in Ludwigs Studio ein, alle einzeln, zwei Monate hat das gedauert. Trotzdem wurde das Lied ein echtes Gemeinschaftswerk - und eine Initialzündung: "Mit BAMAB geht es weiter", verkündet Ludwig nun. "Alle haben gesagt, das sei eine coole Aktion, da sollte man unbedingt mehr draus machen". Und die Ziele sind hoch gesteckt: Geplant sind mehrere Konzerte und eine CD. Am Freitag, 11. Juni, gibt es einen Livestream aus dem Geltinger Hinterhalt.

BAMAB, das ist eine bunte Band aus Berufsmusikern, Semi-Profis sowie Laien aus dem ganzen Voralpenland, von Tuntenhausen über Rosenheim bis nach Niederbayern. Auch der Landkreis Ebersberg ist vertreten: Marina Lampl, Sängerin der Klassik-Rock-Band Uncle Beat, lebt in Emmering. Das BAMAB-Debüt "Home", eine ohrwurmverdächtige Ode ans Heimkommen, könnte facettenreicher wohl kaum sein. Man hört Folk und Country, swingende Rhythmen, rockige Gitarren, strahlendes Brass. Das ist energetisch, wild, alles andere als glattgebügelt - und kommt an. Im Herz wie in den Beinen. Auf Facebook wurde das Video mittlerweile fast 55 000 Mal aufgerufen.

Nach "Home" hätten sich alle Beteiligten dafür ausgesprochen, weiterzumachen und bis Ende des Jahres ein Album mit eigenen Liedern herauszubringen, erzählt Ludwig - "und dies wie versprochen zu hundert Prozent für einen guten Zweck". Denn BAMAB soll nicht nur den Musikern selbst eine ideelle Hilfe sein, sondern auch ein Benefizprojekt für Bühnen, Veranstalter und andere kulturell Initiativen während der Pandemie. Auf eine mögliche Gage wird daher verzichtet. Das nächste Konzert soll den "Kulturverein Isar Loisach" unterstützen. Wegen Corona können die BAMAB's nur leider nicht in voller, mittlerweile 18-köpfiger Besetzung spielen, man wird den Abend als Nonett bestreiten (zwei Sängerinnen, zwei Gitarristen, Bass, Piano, Schlagzeug, Trompete und Flöte). Die Unplugged-Konzerte bestehen jeweils aus drei eigenen Stücken sowie diversen Coverversionen.

Neben dem Liveprogramm arbeiten die Musiker weiter an ihrem eigenen Repertoire. "Für unsere Songwriting-Sessions nutzen wir Zoom, Skype, Whatsapp und alles andere - bis auf Rauchzeichen, um uns auszutauschen und uns die Ideen hin- und herzuspielen", erzählt Ludwig. Alle Mitglieder brächten sich ein, sei es mit Textfragmenten, Melodien oder Grooves, bei ihm sowie Sängerin Carmen Mayer liefen die Fäden dann zusammen. "Ohne Federführung wäre das auf die Entfernung sonst schwierig." Den vielen Einflüssen entsprechend sei das Ergebnis ein bunter Mix von Rock bis Blues.

Das Ziel ist eine CD mit acht eigenen Stücken und zwei Covernummern. Sechs neue Lieder sind bereits geschrieben, zwei davon sogar komplett eingespielt. "Teilweise nehmen sich die Musiker selber auf und senden mir ihre Spuren, andere kommen zu mir in Studio", erklärt der Bandgründer. Zwar mache dieser ganze kreative Prozess sehr viel Spaß, so Ludwig, könne aber leider nicht über die schwierige Lage der Musiker hinwegtäuschen. "Zwar gibt es jetzt die ersten Lockerungen, aber vieles ist noch ungewiss, gerade für diejenigen aus dem Partybereich. Denn 1000 Leute im Zelt des Burschenvereins, das kann sich momentan niemand vorstellen." Aber auch allein das Eingesperrtsein daheim sei für Bühnenmenschen extrem schwierig. "Insofern freuen wir uns jetzt alle wahnsinnig, endlich mal wieder miteinander spielen zu dürfen. Auf einen Austausch, bei dem es mal um andere Dinge geht als Corona und Politik." Deshalb sei es auch überhaupt kein Thema, dass Livestreams mit ihrem erheblichen technischen Aufwand mehr Zeit in Anspruch nehmen als normale Konzerte. "So viel früher zum Gig zu kommen - das hätte vor Corona niemand gewollt. Jetzt sind alle froh."

Alle Infos und das Video zu "Home" gibt es unter https://www.facebook.com/bamabmusic.

© SZ vom 09.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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