Bahnverkehr im Landkreis Ebersberg:Wenn aus 200 Zügen 400 werden

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Ewald Schurer und Bianka Poschenrieder äußern harsche Kritik an der Bahn. Statt kleiner Verbesserungen fordert die SPD für den Zulauf zum Brennerbasistunnel einen integrierten Lärmschutz.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Mehr Züge und mehr Lärm, aber wenig zusätzlichen Schallschutz: Dass der Zulauf zum Brennerbasistunnel durch den Landkreis keine Begeisterungsstürme auslöst, liegt nahe. Neu ist dagegen die Schärfe, mit denen die Spitze der Kreis-SPD jetzt Nachbesserungen beim Lärmschutz fordert. "Für die Leute in den Häusern ist das genauso laut, als würden sie in einer großen Kantine sitzen - und jetzt stellen Sie sich vor, sie liegen da im Bett", klagte Zornedings zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder (SPD).

Er fürchte, die Leute hätten noch gar nicht richtig auf dem Schirm, was da in ein paar Jahren auf sie zukomme, mutmaßte SPD-Bundestagsabgeordneter Ewald Schurer beim "Fachgespräch Bahnlärm". Dazu hatte die Kreis-SPD am Dienstag in den Grafinger "Kastenwirt" eingeladen. Wenn nach derzeitigem Stand der Dinge in zehn Jahren der Brennerbasistunnel fertig sein soll, dann könnten auf der Strecke zwischen München und Rosenheim statt täglich 200 bis zu 400 Züge fahren. "Wenn da in der Nacht im Drei-Minuten-Takt die Züge durchrauschen, dann ist das ein Riesending", klagte Schurer. "Da muss sich deutlich mehr tun, als bisher geplant ist", resümierte die SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher.

Zornedings Zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder fordert mit Ewald Schurer einen besseren Lärmschutz. Sie vermuten, dass viele betroffene Bürger die Problematik noch gar nicht erkannt haben. (Foto: oh)

Es tut sich zwar was, aber das ist aus Sicht der Sozialdemokraten eben nicht genug. "Es kommt kein integrierter Lärmschutz", stellte Schurer klar. "Sondern ein paar kleine Verbesserungen."

Poschenrieder fordert eine längere Lärmschutzwand

In Pöring würden die derzeitigen Planungen etwa kaum helfen, sagte Poschenrieder. "Da soll zwar vor den Häusern eine längere Lärmschutzmauer hin", aber davor und danach sei entlang der Bahnstrecke keine. "Unterm Strich haben Sie dann bei einer Blockverdichtung einen konstant hohen Lärmpegel: Sie hören den Zug erst zur Mauer heranfahren. Dann kurz nicht. Dann wieder, wenn er wegfährt.

Für das Mitglied des Bundestages Ewald Schurer (SPD) sind die öffentlichen Verkehrsmittel seit Langem ein Herzensthema. (Foto: oh)

Und dann haben Sie gleich wieder Lärm, weil dahinter ja dann schon der nächste daherkommt." Angeblich sei das kein genuin Pöringer Problem. So werde das auch an allen anderen Stellen sein, wo Bahn und Bundesverkehrsministerium keine Notwendigkeit für durchgehende Schutzwände sehen, prophezeite Poschenrieder.

Solche sind tatsächlich nicht geplant, wenngleich eine im Oktober veröffentlichte Machbarkeitsstudie der DB Netze AG potenzielle Investitionen aufzählt. Darin sind 21 Einzelmaßnahmen vorgeschlagen, die zusammen etwa 6,5 Kilometer neue Lärmschutzwände und nachgerüstete Schienenstegdämpfer auf 3,7 Kilometern ergeben. Etwa 10 000 Anwohner würden von diesen Maßnahmen profitieren, heißt es. In Aßling würde sich die Anzahl der Betroffenen um 49 Prozent reduzieren, in Vaterstetten um 42, in Zorneding um 37 sowie etwa in Kirchseeon um 33.

Es gibt auch Lichtblicke

Günther Polz vom Fahrgastverband "Pro Bahn" in Rosenheim bestreitet dies nicht. Wohl aber relativierte er am Dienstagabend die Zahlen - die bezögen sich schließlich auf den kompletten Abschnitt zwischen Trudering und Kiefersfelden. Er sieht die Problematik grundsätzlicher: "Ganz egal, wo neue Trassen gebaut werden: Lokalen Ärger gibt's immer. Insofern ist deshalb auch nicht der Riesendruck da."

Kleine Lichtblicke gebe es dennoch, etwa in Form einer Lärmschutzwand im Grafinger Ortsteil Schammach. Die sei noch nicht Teil des im Sommer veröffentlichten Bundesverkehrswegeplans gewesen. Schurers CSU-Kollege im Bundestag, Andreas Lenz, konnte sie unlängst bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) heraushandeln.

Unterm Strich, auch das zeigte die Veranstaltung in Grafing, ist die Lärmschutzfrage in eine größere ökologische Strategie eingebettet. "Wenn wir Kohlendioxid einsparen wollen, müssen wir mehr Gütertransport von der Straße auf die Schiene verlagern", sagte Schurer. Nur müsse dann eben neben den Trassen selbst auch "ordentlich Geld" in die Hand genommen werden. Schurers Ansicht nach alles nur eine Frage der Prioritäten. "Schlussendlich geht es um strengere Richtlinien für leisere Züge und mehr Lärmschutz."

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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