Nicht, dass in Aßling nichts los wäre, aber manches passiert auch dort nicht alle Tage. Etwa der Besuch eines Bundesministers, wie ihn CSU-Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz am Montag begrüßen konnte. Der bislang letzte Besucher aus einem Bundeskabinett hatte seinen Arbeitsplatz noch in Bonn, 1998 war das, zu Gast war der damalige Gesundheitsminister, erinnerte Lenz, sein Name: Horst Seehofer. Nun war Entwicklungsminister Gerd Müller der Einladung der Parteifreunde gefolgt, genau wie Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf. Das Thema, dem sich der Abgeordnete und die zwei Minister bei der Veranstaltung im örtlichen Rewe-Markt widmeten, hatte es in sich, es ging um die Globalisierung und die Frage, wie man diese gerecht gestalten kann.
Diese sei nicht nur "ein Dauerthema", wie Lenz in seiner Einführung meinte, sondern "eine Daueraufgabe". Für die in den Industrieländern genutzten Rohstoffe dürften nicht länger Menschen und Natur in anderen Weltgegenden ausgebeutet werden. Neben Politik müssten dazu auch "Handel, Industrie und Verbraucher" beitragen, so der Abgeordnete.
Der Minister spricht deutliche Worte
Für Letztere "beginnt die Globalisierung schon in der Früh unter der Dusche", meinte Müller - so sei ein Bestandteil vieler Badeprodukte Palmöl. Oder bei der ersten Tasse Kaffee - "im Fall unseres Bundes-Andi vielleicht Kaba" -, sowohl die Produktion von Palmöl wie von Kakao, Kaffee und vieler Südfrüchte geschehe unter unmenschlichen Bedingungen. Ähnlich bei Kleidung: Für die Herstellung einer Hose, die hier 100 Euro koste, bekämen die Akkordarbeiter weniger als 15 Cent Stundenlohn. Würden diese Produkte ein paar Cent teurer, könnten die Erzeuger davon leben und ihre Kinder zur Schule schicken. Wenn nicht, brauche sich niemand wundern "wenn sich die Leute in die Boote werfen", weil sie zuhause keine Zukunft sehen.
Auch "die Ausbeutung der Natur" in vielen Entwicklungsländern trage zu den Fluchtbewegungen bei, sagte Scharf. Um die Bedürfnisse der Industriestaaten zu decken, würden "in aller Welt Schäden angerichtet, die nicht wieder gutzumachen sind". Müller setzt daher auf Zertifizierungen, damit der Verbraucher erkennen könne, ob ein Produkt nachhaltig hergestellt ist, "oder ob einfach nur der nächste Wald abgebrannt" wurde.
Die Martermühle kauft Kaffeebohnen direkt vom Erzeuger
Beim Handel gebe es positive Entwicklungen, lobten Müller wie Scharf, etwa bei Rewe, der viele fair gehandelte oder regionale Produkte anbiete. "Es gibt einen Trend zu mehr Nachhaltigkeit", sagte Scharf, und die Produkte fänden trotz etwas höherer Preise Abnehmer.
Wie dies in der Praxis funktionieren kann, erklärte Peter Vit von der Aßlinger Kaffeerösterei Martermühle. Man kaufe die Bohnen zu fairen Preisen direkt bei den Bauern in den Erzeugerländern, die so von ihrem Produkt leben könnten. Weniger Fortschritte gebe es bei der Industrie, bedauerte Müller. So würden etwa die für Autos oder Elektronik benötigten Rohstoffe wie seltene Erden unter "brutalen Bedingungen" abgebaut. Bisher leiste die Industrie erfolgreich "Widerstand gegen mehr Nachhaltigkeit".
Lob gibt es auch von Gästen aus den Reihen der Grünen
Von den Zuhörern gab es viel Zuspruch, so lobte etwa der Kreisobmann des Bauernverbandes Franz Lenz Müller als "einen der besten Entwicklungsminister, die wir bisher hatten". Allerdings sei es mit Zertifizierung nicht getan, es brauche Transparenz und Kontrolle. Dem stimmte wiederum der Minister zu, "es muss kontrolliert werden, dass das Siegel hält, was draufsteht". Es freue ihn, "auf einer CSU-Veranstaltung zu hören, was man sonst von den Grünen hört", so Grünen-Kreisrat Uwe Peters, seine Parteifreundin, die langjährige Grafinger Stadträtin Ottilie Ebert, lobte "die tollen Worte" des Ministers, bezweifelte indes ein wenig, dass er sich gegen die übrigen Kabinettsmitglieder durchsetzen könne.
Eine Warnung, die dieser elegant mit den Worten erwiderte, im Wahlkampf habe er damit gar keine Probleme: "Im Moment überbieten sich alle in der Koalition damit, was man dem Müller an Unterstützung zukommen lassen will" - man werde sehen, was nach der Wahl davon bleibe.
Er freue sich aber über den Zuspruch - "hier im Landkreis zeichnet sich ja Schwarz-Grün ab", was beim Thema Nachhaltigkeit und gerechtem Welthandel ohnehin gelte, "wir haben viele gemeinsame Ansätze". Als Christ sehe er seine Aufgabe darin, "die Schöpfung, den Planeten für kommende Generationen zu erhalten, dafür sollten wir über alle Parteigrenzen hinweg kämpfen".