Amtsgericht Ebersberg:Teure Verabschiedung

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Ein Mann zeigt einem Polizisten den Hitlergruß - und wird verurteilt

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ein Gruß war es, das stand außer Frage. Doch wollte der Mann sich nur lässig von seinen Freunden verabschieden oder zeigte er einen Hitlergruß in Richtung eines Polizeibeamten? Dieses Rätsel zu lösen war nun die Aufgabe von Richterin Vera Hörauf am Ebersberger Amtsgericht, wo ein 53-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen angeklagt war.

Passiert ist das Ganze am Rande einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen Ende April in Poing. Der Angeklagte und seine drei Freunde nahmen zwar nicht an der Kundgebung teil, hielten sich aber auf der anderen Straßenseite auf. Durch den Menschenauflauf waren mehrere Polizisten vor Ort im Einsatz, die schließlich auch die Männergruppe kontrollierten. Grund war, dass die Vier gegen die damals geltenden Coronaregeln verstießen, wonach sich nur Personen aus drei verschiedenen Haushalten treffen durften. Der 53-Jährige wollte sich deshalb auf den Heimweg machen, was danach passierte war nun Gegenstand der Anklage.

Demnach hatte der Mann dem Polizeibeamten, der die Gruppe zuvor kontrollierte, hinter dessen Rücken den Hitlergruß gezeigt. Diesem Vorwurf jedoch widersprach der Mann vor Gericht. Es habe sich lediglich um eine Verabschiedung in Richtung seiner Freunde gehandelt. Dabei habe er mit der rechten Hand eine Bierflasche hochgehalten und der Gruppe zugeprostet. "Ich hab' nur gesagt, macht et jut Männer. Mehr war da nicht", beteuerte der Angeklagte im Sitzungssaal.

Dort wehrte er sich vehement gegen den Vorwurf, den verfassungswidrigen Gruß gezeigt zu haben. Er habe mit rechten Parteien nichts zu tun. "Ich bin einzig und allein Fußballfan. Und wir sind absolut gegen rechts." Dass das womöglich sogar stimmen mag, räumte auch Richterin Hörauf ein. Allerdings war der Mann merklich angetrunken, wie mehrere Polizeibeamte vor Gericht aussagten. "Möglicherweise war der Alkohol der Grund für die Reaktion", sagte die Vorsitzende. "Dafür muss man nicht unbedingt ein Neonazi sein."

Denn dass der Mann tatsächlich den Hitlergruß gezeigt hatte, stand nach der Zeugenvernehmung außer Frage. Zwei Beamte der Bundespolizei, die die Szene beobachtet haben, bestätigten das unabhängig voneinander. "Es war relativ eindeutig zu erkennen", sagte einer der beiden. Der Arm des Mannes sei ausgestreckt gewesen und auch die Handfläche gerade nach vorne gerichtet. Auch habe er sich gezielt in Richtung des Beamten positioniert, der gerade auf dem Weg zu seinem Dienstwagen war. "Die Körperhaltung war eindeutig. Es war eine sehr klare Bewegung", so der Polizist vor Gericht.

Dort sagten auch die drei Freunde des Mannes aus, die sich allerdings in Widersprüche verstrickten und die Szene jeweils komplett anders schilderten. Für Staatsanwältin und Richterin stand deshalb fest, dass der Gruß des Angeklagten ein verbotener war. Zumal die Polizisten keinerlei Grund dafür gehabt hätten, vor Gericht die Unwahrheit zu erzählen. Dem 53-Jährigen, der zum Abschluss nochmals betonte, kein Rechtsradikaler oder Neonazi zu sein, kommt sein Aussetzer teuer zu stehen. Er wurde zu einer Geldstrafe von 3600 Euro verurteilt.

© SZ vom 23.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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