Amtsgericht Ebersberg:Schnell, aber nicht sorgfältig

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Ein Firmenchef wird verurteilt, weil seine Arbeiter auf der Baustelle geschlampt haben

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Eternitplatten waren aufgrund ihrer hohen Beständigkeit bis in die 1980er Jahre hinein die Allzweckwaffe im Häuserbau. Dass der darin enthaltene Asbest der Gesundheit nicht gerade zuträglich ist, stellte sich erst später heraus. Dennoch sind die Platten auch heute noch an vielen älteren Gebäuden verbaut, bei deren Abbruch deshalb besondere Vorsicht geboten ist. Eben jene hat nun aber eine Baufirma offenbar vermissen lassen, die mit Arbeiten an einem Haus in Grafing betraut war. Deren Geschäftsführer musste sich nun vor dem Ebersberger Amtsgericht wegen unerlaubten Umgangs mit Abfällen verantworten.

Eigentlich sollten zwei Angeklagte im Sitzungssaal vor Richterin Vera Hörauf Platz nehmen, von einem der beiden Männer aber fehlte jede Spur. Ein geladener Zeuge klärte auf, der Mann befinde sich in seinem Heimatland und werde heute wohl eher nicht vor Gericht erscheinen. Sein Verfahren wird nun gesondert behandelt. Blieb noch der Geschäftsführer der Baufirma übrig, ein 45-Jähriger aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck, dem die Staatsanwaltschaft vorwarf, er habe sich nicht genügend um die Sicherheit auf seiner Baustelle gekümmert. Konkret sollen seine Mitarbeiter an einem Julitag des Vorjahres ohne ausreichende Schutzkleidung mit den schädlichen Materialien hantiert haben. Außerdem habe es keinerlei Warnhinweise auf dem Gelände gegeben ,und bei der Entfernung der Eternitplatten hätten die Arbeiter die nötige Sorgfalt vermissen lassen - so sehr, dass laut Staatsanwältin eine konkrete Gesundheitsgefahr für Bauarbeiter und Nachbarn bestanden habe.

Letztere waren es auch, die an diesem Tag schließlich die Polizei verständigten, nachdem sie einige fragwürdige Vorgänge auf der Baustelle nebenan beobachtet hatten. So sagte der Zeuge, ein 67-jähriger Rentner, vor Gericht, er habe beobachtet, wie die Arbeiter die Platten von der Wand gerissen haben. "Ich hab' mir gedacht: So ist das sicher nicht richtig." Dabei, so der Mann, seien auch einige der Platten zu Bruch gegangen.

Das ist insofern problematisch, als dass dadurch die feinen Asbestfasern freigesetzt und in der Luft verteilt werden. Die Arbeiter aber seien teils ohne richtige Schutzkleidung und Masken unterwegs gewesen, einer von ihnen hat zudem während der Arbeiten geraucht. Der Nachbar dokumentierte all das auf Fotos und Videos, die vor Gericht auch in Augenschein genommen worden sind. Als Grund für diese Akribie nannte dessen Frau, sie hätten sich Sorgen wegen der möglichen Gefahren gemacht. Schließlich liege das Gemüsebeet der beiden direkt an der Grundstücksgrenze neben der Baustelle.

Dass man nicht streng nach Lehrbuch gearbeitet hatte, gab auch der Angeklagte zu. Laut technischer Richtlinie sollen Eternitplatten immer von oben nach unten, also entgegen der Einbaurichtung, entfernt werden. Weil man aber kein Gerüst dabei gehabt habe und die Platten teils fest vernagelt waren, habe man eben von unten nach oben gearbeitet. "Wir haben uns einfach überlegt, wie wir die Arbeit am besten durchführen können", so der 45-Jährige. Klar seien dabei auch ein paar der Platten zerbrochen, das sei allerdings nicht zu vermeiden. Widersprüchliche Angaben machten der Geschäftsführer und ein Mitarbeiter darüber, ob man das Material vor dem Entfernen auch befeuchtet hatte. Das sei einem Gutachter zufolge unbedingt notwendig, auf den Fotos und Videos war davon indes nichts zu sehen.

Schließlich auch bei Richterin Hörauf außer Frage, dass man bei den durchaus gefährlichen Arbeiten nicht sorgfältig genug war. "Das mag vielleicht der schnellste Weg gewesen sein, der sauberste ist es aber sicher nicht." Es habe ein erhebliches Gefährdungspotenzial bestanden, so die Vorsitzende, die den Geschäftsführer deshalb zu einer Geldstrafe über 3575 Euro verurteilte. Auch die Mitarbeiter der Baufirma werden sich noch vor Gericht verantworten müssen.

© SZ vom 18.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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