Gesundheit im Landkreis:Einsamkeit lindern, Verständnis wecken

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In der Demenz-WG, die Mandy Stamm betreut, ist auch Mischling Timmy ein gern gesehener Gast. (Foto: privat)

Mandy Stamm, die neue Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Ebersberg, setzt sich mit Leib und Seele für alte und kranke Menschen ein. Sie betreibt einen Pflegedienst sowie eine Demenz-WG.

Von Michaela Pelz, Kirchseeon

Herzlich, offen, fröhlich - kein Wunder, dass kranke und alte Menschen sich gerne in die Obhut dieser Frau begeben: Die Rede ist von der neuen Vorsitzenden der Alzheimer Gesellschaft im Landkreis Ebersberg, Mandy Stamm.

Im Januar 1990 zog die gebürtige Leipzigerin in den Landkreis Ebersberg, nun betreibt sie nach Jahren als Nachtschwester, Stations-, Pflegedienst- und Heimleitung seit 2021 ihren eigenen Pflegedienst mit Sitz in Kirchseeon. Außerdem betreut sie eine Demenz-Wohngemeinschaft.

Die gelernte Krankenschwester und studierte Heimleiterin Mandy Stamm ist neue Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beim Treffen im Büro von "Mandy Pflegedienst" erzählt die 54-Jährige anschaulich, was sie antreibt, sich mit ganzer Kraft beruflich, aber auch im Rahmen ihres Ehrenamts für alte und kranke Menschen einzusetzen: "Der Anlass ist schön und traurig zugleich." Elf oder zwölf Jahre alt sei sie gewesen, als ihr Großvater ins Krankenhaus musste. "Er lag in einem großen Saal mit bestimmt zehn Betten, doch als wir kamen, war weit und breit keine Pflegekraft zu sehen - klar, es war ja Besuchszeit." Als Kind aber habe sie das so verwundert, dass sie zu ihrer Mutter sagte: "Da muss es doch Leute geben, die die kranken Leute versorgen?!" Nicht nur ein Berufswunsch, fast schon eine Berufung war geboren.

Tochter und Enkelin wachsen quasi im Pflegeheim auf

Stamm macht ihr Examen als Krankenschwester, bekommt mit 19 eine Tochter. Dank der Möglichkeit, diese sowohl im Altenheim Glonn als auch ein Jahr später im Pflegeheim Kirchseeon mit zum Dienst zu nehmen, bleibt sie dem Pflegeberuf als Nachtschwester erhalten. "Es war schon hart, denn tagsüber wollte ich ja für mein Kind da sein", erinnert sie sich. Allerdings führt genau diese Erfahrung dazu, dass Stamm später viel Verständnis für alleinerziehende Mitarbeiterinnen hat und diese ebenfalls ihre Kinder mitbringen lässt, als sie in verantwortlicher Position in einem Seniorenheim in Eglharting tätig ist.

Insgesamt 26 Jahre arbeitet sie dort. Das Heim ist klein, hat 21 Bewohner, verteilt auf zwei Stationen, und eine ausgesprochen familiäre Atmosphäre. Die Angehörigen kommen zum Kaffee "oder zum Ratschen", es gibt Weihnachts- und Sommerfeste, mit Gedichten und Programm, manche Bewohner bleiben mehr als ein Jahrzehnt dort. "Ich war ihre Familie und sie meine", beschreibt Stamm die Situation und fügt hinzu, dass ihre heute 15 Jahre alte Enkeltochter praktisch im "Abaton" groß geworden sei, weil auch deren Mutter im Heim beschäftigt war. Nun wolle das Mädchen ebenfalls einen sozialen Beruf ergreifen - ein entsprechendes Praktikum habe es schon gemacht.

Wegen baulicher Mängel muss Stamms Seniorenheim 2021 schließen

Vielleicht spielt dabei ja auch der Werdegang der Großmutter eine Rolle. Denn auch im Abaton beginnt Stamm zunächst als Nachtschwester, wird dann Stationsleitung, Praxisanleiterin und Pflegedienstleitung, bevor sie sich per Weiterbildung zur Einrichtungsleitung qualifiziert. Dafür verbringt sie anderthalb Jahre lang jedes Wochenende am PC, um zu pauken und Prüfungen zu schreiben. Und absolviert ein Pflichtpraktikum in einem anderen Haus - "alles parallel zu meiner regulären Vollzeitarbeit".

Eine beachtliche Leistung, auf die man fürwahr stolz sein kann, sowie eine erfüllende Tätigkeit - was könnte man mehr wollen? In Stamms Fall: Eine Betriebserlaubnis, denn die für das Abaton ist lediglich befristet bis Ende August 2021. Das liegt am Alter des Gebäudes, es mangelt unter anderem an Nasszellen, ein Umbau ist nicht möglich. Also wendet sich die Heimleiterin an die Presse, sucht per öffentlichem Aufruf nach einer neuen Bleibe für das Heim. Die findet sie zwar nicht - zumindest nicht in Gestalt einer Immobilie, in die sämtliche Bewohnerinnen und Bewohner nebst Mitarbeitenden hätten umziehen können.

Doch es melden sich zwei Frauen, die eine Demenz-WG in Grasbrunn initiiert haben. Zehn Personen könnten sie aufnehmen, bräuchten aber zur Betreuung einen ambulanten Pflegedienst und eine Pflegedienstleitung. Also entschließt sich Stamm zur Gründung von "Mandys Pflegedienst" und übernimmt zusätzlich die entsprechenden Positionen in der Demenz-WG.

17 Personen leben heute in der Demenz-WG in Harthausen/Grasbrunn. (Foto: privat)

"Wir haben sehr viele Tränen vergossen": Stamm erzählt von großer emotionaler, aber auch organisatorischer Belastung in jenem Sommer 2021. Sie habe nicht nur das Haus schließen sowie neue Plätze für Bewohner und Mitarbeiter suchen, sondern auch sämtliche bürokratische Hürden zur Gründung des neuen Pflegedienstes bewältigen müssen.

Dieser hat heute 22 Mitarbeitende, die externe Kunden betreuen, sich aber auch um die 17 Personen kümmern, die in der Demenz-WG in zwei Wohngruppen leben. Auch Stamm selbst verbringt dort viel Zeit, oft begleitet von Timmy, einem Mischling aus Berner Sennenhund und Bracke. "Hier im Büro wird jeder verbellt, dort hingegen ist er ganz ruhig, geht zu den Leuten, lässt sich streicheln, fühlt sich komplett heimisch."

Die zwischen 62 und 97 Jahre alten WG-Bewohner genießen den tierischen Besuch, gehen aber auch viel spazieren, basteln, trainieren ihr Gedächtnis. Und haben, das ist den Betreiberinnen ganz wichtig, regelmäßig Kontakt zur Bevölkerung, gehen beispielsweise im Dorfladen einkaufen.

Im neuen Ehrenamt will Stamm Erkrankte und ihre Angehörigen unterstützen

Hier nun schließt sich der Kreis zur Alzheimer Gesellschaft Ebersberg, denn auch dieser Verein möchte - neben der Anregung von gesundheitspolitischen Initiativen und Entlastung für Betreuende - das Thema in die Öffentlichkeit tragen und durch Aufklärung Verständnis wecken.

Die neue Vorsitzende Stamm sagt: "Obwohl ich in 38 Berufsjahren immer auch mit Demenzerkrankten zu tun hatte, habe ich erst durch den Pflegedienst gesehen, wie viele Betroffene es auch im häuslichen Umfeld gibt. Und wie einsam sie sind." Was im Übrigen auch für viele pflegende Angehörigen gelte. "Das alles hat mir nochmal ins Bewusstsein gerufen, dass einfach mehr getan werden muss." Zumal viele auch gar nicht wüssten, was ihnen an Hilfe zusteht - und das will Stamm ändern.

Aktuell gehören der Alzheimer Gesellschaft Ebersberg, die eng mit dem Pflegestützpunkt des Landratsamts und der Projektgruppe Demenz zusammenarbeitet, 44 Mitglieder an. Sie stammen aus unterschiedlichen mit dem Thema befassten Berufsgruppen, aber auch Angehörige von Betroffenen gehören dazu. Interessenten sind jederzeit willkommen. Kontakt aufnehmen kann man telefonisch unter (08092) 22445 oder per Mail an info@alzheimer-gesellschaft-ebersberg.de.

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