Konzert in Ebersberg:"Man muss immer weitermachen"

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Trotz der Abschiebung eines Mitglieds tritt die senegalesische Hip-Hop-Gruppe "Black Dia bu Galsen" im Alten Kino auf. An diesem Freitag rappen Maka Seck und Aboulaye Gueye zum zweiten Mal als Duo.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Die Beamten kamen früh morgens an einem Tag Ende November. "Sie haben an die Tür geklopft und gefragt, wer Adama Dieng ist", sagt einer, der dabei war. Sechs Jahre haben sie zusammen in einem Zimmer gewohnt, zuletzt in einem Haus in Ebersberg. Gewohnt - und gerappt. Auf dem Kulturfeuer im Klosterbauhof, gleich nebenan im großen Saal des Alten Speichers, beim Fußballfest der Ebersberger Senegalesen. Oder in Münchens Diskotheken. Am Morgen des 23. November 2018 wurde einer von den beiden abgeschoben. Jetzt ist das Bett leer, und das Hip-Hop-Trio Black Dia bu Galsen ist kein Trio mehr.

Seit Adana Dieng zurück nach Senegal geflogen wurde, fehlt der senegalesischen Band ein wichtiges Mitglied. Auf dem Flyer für das Konzert am Freitagabend im Alten Kino Ebersberg sind noch alle drei Gesichter abgebildet, doch werden Maka Seck und Aboulaye Gueye ohne ihren Partner auftreten. Ihre Sprechgesänge wechseln zwischen Deutsch, Englisch, Französisch und ihrer Heimatsprache Wolof. In ihren Stücken geht es ums Zusammenleben, um Liebe und Toleranz. "Stop bombing stop fighting" heißt eines ihrer Stücke.

Man hört den zugehörigen Refrain, wenn bei Maka Seck das Handy klingelt, so wie jetzt gerade. Der 34-Jährige erzählt von Dutzenden gemeinsamen Auftritten. "Black Dia bu Galsen" haben überall gespielt, vom Altenheim in Ebersberg bis hin zum Münchner "Backstage" - und immer waren sie zu dritt am Mikro. Nun fehlt die höchste ihrer drei Stimmen. Und doch geht es weiter. Maka Seck trägt eine Hip-Hopper-Haube, Dreadlocks, Halskette. Außerdem hat er Tobias Mückenberger mitgebracht, der 29-Jährige begleitet die Rapper im Alten Kino am Bass. Mückenberger trägt eine Handwerkerhose, er kommt gerade aus einer Schreinerei in Grafing. Das ist ein wesentlicher Unterschied.

Maka Seck erzählt eine Geschichte, die erahnen lässt, wie schwierig es viele Neuankömmlinge in Deutschland und besonders in Bayern haben. Er selbst ist seit gut sieben Jahren hier, darf aber seit 2015 nicht mehr arbeiten. Seck ist zwar geduldet, sein Antrag auf Arbeitserlaubnis wurde jedoch im Ebersberger Landratsamt abgelehnt. In Bayern gibt es strenge Hürden für Zuwanderer, besonders, wenn sie aus dem Senegal sind.

Wenn er über seine frühere Heimat spricht, erzählt Seck keine Geschichte von Bedrohung und Todesangst, sondern die von Perspektiv- und Mittellosigkeit. Nun hat er eigentlich einen Arbeitsvertrag bei einer Metallbaufirma in Ebersberg, die Papiere schickt er als Whatsapp-Foto. Beim Probearbeiten habe sich Seck als "lernwilliger, gut einsetzbarer Arbeiter" erwiesen, heißt es in einem Schreiben vom 18. September 2015, das der Firmenleiter unterzeichnet hat. "Da in unserem Betrieb seit längerem eine Stelle frei ist (...), wären wir sehr daran interessiert, Herrn Seck in ein festes Arbeitsverhältnis zu übernehmen". Das Schreiben half jedoch nichts, die Behörde verweigerte die Beschäftigungserlaubnis.

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Trotz Fachkräftemangel gibt es für solche Fälle in Bayern immer noch keine Lösung

Trotz Fachkräftemangel gibt es für solche Fälle in Bayern offenbar immer noch keine Lösung. "Vielen meiner senegalesischen Freunde geht es ähnlich", sagt Seck. Sie wollen und könnten arbeiten, vor allem im handwerklichen Bereich, wo nicht nur im Landkreis Ebersberg hoher Bedarf herrscht. Doch sie dürfen nicht.

Wie viele Neuankömmlinge hatte sich Maka Seck so manches ganz anders erhofft hier in Deutschland. "Ich habe viele Leute erlebt, die resigniert sind", sagt er. Manche kämen gar nicht mehr aus dem Bett heraus. Menschen, die der Freistaat Bayern zwar duldet, aber zum Nichtstun zwingt. Man kann daran zerbrechen. Doch Seck, Dieng und Gueye sind einen anderen Weg gegangen: 2015 gründeten sie in Ebersberg ihre eigene Hip-Hop-Gruppe, seitdem stehen sie auf den Bühnen der Region.

"Black Dia" steht dabei für schwarze Diaspora, "bu Galsen" für Senegal. Ihre Musik beschreiben sie als Mischung aus Hip-Hop, Dancehall und Soul. Ihre Backgroundtracks produziert die Gruppe seit Beginn an selbst, im Alten Kino weichen sie jedoch von dieser Gewohnheit ab und lassen sich von einer Liveband begleiten: Es spielen neben Tobias Mückenberger (Bass) Benedikt Michael (Keyboards), Thomas Brand (Gitarre) und Hannes Rothmoser (Schlagzeug). Los geht's um 20.30 Uhr, Einlass ist von 19.30 Uhr an, das Vorprogramm gestalten MHA, Momo nuvus, Rapeur, Lex Davinci und CDBZ Danchal. Bis 21 Uhr wird es dabei vor allem um das strittige Thema Abschiebung gehen, das einen von ihnen und auch viele andere betrifft. Danach legt die Hauptband los.

Maka Seck hat auf seinem Whatsapp-Profil ein Foto, das nicht ihn selbst zeigt, sondern Adama Dieng, wie er das Mikro mit einer Hand umschließt und mit freundlichem Blick ins Publikum schaut. Es ist ein Schwarz-Weiß-Bild, und drunter steht: "Tu nous manques" - Du fehlst uns. Wegen seiner besonderen Stimme auf der Bühne, "aber vor allem auch als Mensch und Freund", sagt Seck. Dann aber hellen sich seine Gesichtszüge auf. Irgendwie, sagt er, wird er trotzdem ein bisschen da sein. Er stemmt sich mit den Händen auf dem Tisch auf und sagt: "Man muss immer weiter machen."

Das Konzert von "Black Dia bu Galsen" findet an diesem Freitag, 8. Februar, im Alten Kino in Ebersberg statt. Beginn ist um 20.30 Uhr, Einlass von 19.30 Uhr an. Karten an der Abendkasse kosten zehn Euro, optional kann unter www.kultur-in-ebersberg.de oder (08092) 255 92 05 reserviert werden.

© SZ vom 08.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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