Umgang mit Flüchtlingen in Ebersberg:Willkommen bei den Hardlinern

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Hardliner? Die Ebersberger Kreisbehörde. (Foto: Christian Endt)

Die Ausländerbehörde des Ebersberger Landratsamts zählt zu den rigidesten in ganz Bayern - getoppt nur von einem Nachbarlandkreis.

Von Korbinian Eisenberger, Ebersberg

Bayern fährt bei Flüchtlingen einen harten Kurs, dennoch gibt es Spielräume: Manche Landratsämter sind gemäßigter, andere weniger. Der Bayerische Flüchtlingsrat, eine Institution, die sich um Rechtsberatung von Flüchtlingen kümmert, hat hierzu nun eine Einschätzung getroffen. Die Organisation zählt den Landkreis Ebersberg im Umgang mit Asylbewerbern und Zuwanderern zu den rigidesten im Freistaat.

Zuständig ist hier die örtliche Ausländerbehörde und die Sozialhilfeverwaltung Asyl, beides Abteilungen im Ebersberger Landratsamt. Seit Beginn der großen Fluchtbewegungen 2015 sind diese Behörden ausgelastet. Das Ausländeramt erteilt und verweigert Arbeitserlaubnisse oder ordnet Abschiebungen an. Die Asylsozialstelle wiederum arbeitet mit fünf Asylsozialberatern der Caritas zusammen, zumindest offiziell.

Die Frage nach der Aufgabe der sechs Asylsozialberater des Landratsamtes und danach, wie die Caritas-Mitarbeiter einbezogen werden, wurde zuletzt auch von Helfern gestellt, bisher allerdings nicht konkret beantwortet. Zuletzt kam an der Arbeit der beiden wichtigsten Ebersberger Ämter für Flüchtlinge Kritik auf. In den vergangenen Wochen wandten sich mehrere Personen an die SZ, die mitbekommen haben wollen, dass die beiden Abteilungen in ihrem Umgang mit Zuwanderern Grenzen überschreiten, menschlich wie rechtlich.

Über den jüngsten bekannten Fall spricht die Ebersberger SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher als "menschliche Sauerei". Der Grafinger Bauunternehmer Josef Daberger und der Ebersberger Deutschkurs-Lehrer James Matthäi erheben schwere Vorwürfe gegen die Ebersberger Ausländerbehörde, man habe Daberger unter falschen Vorwänden dazu gebracht, das Arbeitsverhältnis mit einem senegalesischen Lehrling zu beenden. Der Maurer verlor so seine Stelle, sein Visum und seine Krankenversicherung - und war damit ausreisepflichtig.

Am Donnerstag wurde ein weiterer Fall bekannt: Die Poinger Flüchtlingshelferin Tina Snoeckx berichtet von einem Afghanen und seinem Termin in der Ausländerbehörde. Am Morgen des 2. März 2017 habe ihm dort eine Mitarbeiterin seine Papiere abgenommen und erklärt, er werde nun von der Polizei abgeholt. Der 26-Jährige hatte zuvor gegen seinen Negativbescheid geklagt und dies in Papierform vorweisen können, so Snoeckx, demnach sei eine Abschiebung gar nicht möglich gewesen. Noch bevor die Polizei kam, flüchtete der 26-Jährige. Er traue sich seitdem nicht mehr alleine ins Landratsamt.

Das Ebersberger Landratsamt verteidigt sich

Das Landratsamt weist beide Fälle entschieden zurück. Dass die Mitarbeiterin die Polizei gerufen habe, "widerspräche vollkommen den notwendigen Abläufen und Maßnahmen", erklärt eine Sprecherin am Freitag. Die Darstellung im Fall des senegalesischen Maurers sei "in vielen Punkten nachgerade konträr zu dem, was die Ausländerbehörde tatsächlich geleistet hat". Die Mitarbeiter der Ausländerbehörde würden "ihren gesetzlichen Auftrag mit sehr viel Engagement und Kompetenz" nachkommen, "verlieren dabei aber nicht den Blick darauf, dass sie für Menschen arbeiten, die sich oft in problematischen Situationen befinden". Konkrete Antworten zu den Fällen gibt es von der Behörde nicht, die Sprecherin beruft sich hier auf den Datenschutz.

Die Stellungnahme erinnert an einen Fall aus dem Sommer, bei dem das Bundesverfassungsgericht eine geplante Abschiebung durch die Ebersberger Behörde stoppte. Auf Eilklage der Anwältin eines erkrankten Nigerianers verhinderte ein Karlsruher Richter die Abschiebung eines Patienten, ein Novum in Bayern, das die Behörde herunterspielte,

Es gibt auch positive Rückmeldungen. Aus Kirchseeon berichtet Paul Wollny, dass er mit beiden Stellen "gut auskommt", er betreue anerkannte Syrer, "also unproblematische Fälle". Andere berichten von Einschüchterungen und verächtlichen Aussagen eines Mitarbeiters der Ausländerbehörde. Das Landratsamt bezeichnet diesen Vorwurf als "frei erfunden".

Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat allerdings zählt das Ebersberger Landratsamt zu den "hartleibigsten" in Bayern, getoppt von Erding, wo es keinerlei Zusammenarbeit mit Trägern wie der Caritas gibt. Im Landkreis München gibt es hingegen gar ein Programm, um auch Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten zu beschäftigen. "Dort werden Asylbewerber früh eingebunden, wenn ein Umzug ansteht", sagt Thomas Krahe vom Helferkreis Markt Schwaben, er hat Kontakte in den Nachbarkreis. In Ebersberg werden Umzüge oft erst eine Woche oder Tage vorher angekündigt. In Grafing protestierten 2016 Bewohner der Schul-Container dagegen - die Behörde ließ das SEK anrücken.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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