Einrichtungsverbund Steinhöring:1027 Unterschriften für Hanslmeier-Prockl

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Mitarbeiter und Betreute des Einrichtungsverbunds Steinhöring überreichen dem Träger eine Unterschriftenliste. In München kommt es zur Konfrontation mit dem Vorstandsvorsitzenden.

Von Viktoria Spinrad, München

40 Betreute, Eltern und Mitarbeiter des Einrichtungsverbund Steinhöring (EVS) haben am Mittwochnachmittag zwei Unterschriftenlisten von mehr als 1000 Unterzeichnern an die Katholische Jugendfürsorge (KJF) in München übergeben. Sie fordern, dass der Träger ihre wegen "unüberbrückbarer Differenzen" entlassene Leiterin, Gertrud Hanslmeier-Prockl, wieder einstellt.

Der Vorstandsvorsitzende Bartholomäus Brieller kam im Vorlauf einer eigens einberufenen außerordentlichen Mitgliederversammlung im KJF persönlich vor die Tür, um die beiden Listen entgegenzunehmen. Auf denen hatten der Großteil der EVS-Mitarbeiter und Beschäftigten unterschrieben: 727 Unterschriften zählte die erste Liste, 300 Unterschriften die zweite, hier haben neben Beschäftigten auch Betreute überschrieben. Von den knapp 800 anwesenden Mitarbeiter haben nach Angaben der Unterschriftensammler 90 Prozent unterschrieben.

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"Wir sind psychisch sehr angeschlagen", sagte Seelsorgerin Mechthild Ferber-Holzbauer; sie hatte am Vortag noch eine Art Gottesdienst in der Steinhöringer Geschäftsstelle abgehalten. Im Gespräch mit dem Vorstandsvositzenden Brieller kritisierte sie die aus ihrer Sicht dürftige Informationspolitik des Trägers: "Was hat sie Schlimmes gemacht? Ich kann es den Leuten nicht sagen." Sie habe nichts in der Hand, wie sie den Betroffenen die Kündigung der Leiterin erklären könne.

Einen Appell für mehr Transparenz richtete auch Simone Müller vom Werkstattrat an den Vorstandsvorsitzenden: "Die Katze muss aus dem Sack. Es kann nicht sein, dass wir nicht wissen, um was es sich hier dreht." Man sei doch nicht in einer Diktatur, "in der man nicht mehr sagen darf, was ist."

Brieller gab sich verständnisvoll, hielt sich aber weiter zurück mit erklärenden Details. Beide Parteien hätten sich verpflichtet, nichts zu sagen; sein Ziel sei eine gemeinsame Stellungnahme: "Wir wollen das laufende Gerichtsverfahren abwarten", so Brieller - das sei das einzige, was er sagen könne.

Mitarbeiter und Betreute wollen mehr hören

Doch Mitarbeiter und Betreute wollten mehr hören. Einer von ihnen monierte, dass man nicht zeitig über die Kündigung informiert worden sei. Brieller entgegnete: "Wir haben eine Verabredung, nichts zu sagen." Man würde das laufende Güterichterverfahren stören; er verstehe aber die "hohe Emotionalität", so Brieller.

Zum Abschluss richtete die Seelsorgerin einen eindringlichen Appell an Brieller: "Wir wünschen uns in Zukunft einen wertschätzenden Umgang." Der Vorstandsvorsitzende sagte: "Das nehme ich auch so mit." Dann verschwand er in die außerordentliche Mitgliederversammlung, in der Mitglieder des Trägervereins den Vorstand und Aufsichtsrat zu Grundstücks- und Immobilienverkäufen, der Notwendigkeit externer Berater und weiterer geschasster Mitarbeiter befragen wollten.

Ein detaillierter Fragenkatalog dazu liegt der KJF von der SZ vor. Der Vorstandsvorsitze Brieller deutete auf Nachfrage an, dass nicht mehr Mitarbeitern als branchenüblich gekündigt worden sei, dass Grundstücks- und Immobilienverkäufe von Vereinsmitgliedern abgesegnet worden seien und dass die Erlöse auch in Steinhöring stets reinvestiert worden seien. Detaillierte Antworten möchte die KJF in den nächsten Tagen geben.

Die KJF hat 85 Standorte und 2500 Mitarbeiter

Die KJF ist der mit Aufgaben der Jugendfürsorge betraute kirchlich-caritative Fachverband der Erzdiözese. Zwischen Landshut, München und Berchtesgaden betreut der Verein von der Landeshauptstadt aus 85 Standorte und 2500 Mitarbeiter. Er existiert seit 1910 und untersteht der Aufsicht des Erzbischofs von München und Freising - zurzeit also Kardinal Reinhard Marx.

Nachdem die Kündigung von Hanslmeier-Prockl in der Steinhöringer Dependence zu Beginn der vergangenen Woche öffentlich wurde, überschlagen sich im Landkreis Ebersberg und in München die Ereignisse: mit einem lauten Aufschrei, 70 Unterstützern im Münchner Arbeitsgericht, einem Brief der hochrangigsten Ebersberger Politiker an Kardinal Marx höchstpersönlich, einem Protest-Gottesdienst in Steinhöring - und nun der Unterschriftenübergabe in München.

Dort war im Anschluss um 15 Uhr eine wegen der angeprangerten Zustände eine eigens einberufene Mitgliederversammlung angelaufen. Dabei gab es wie erwartet reichlich Gesprächsstoff. Nach knapp viereinhalb Stunden Besprechung, bei der durch die Tür immer wieder eindringliche Appelle zu vernehmen waren, endete die Sitzung - und die Mitglieder kamen schnaufend aus dem Saal. Ihre Bilanz zum Dialog: "Da hat sich der christliche Geist wieder gezeigt." Noch am Abend soll eine gemeinsame Pressemitteilung zu den Ergebnissen des Gesprächs verschickt werden.

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