Dirndl-Mode 2009:Modische Maskerade

Die Wiesn-Mode ist auf dem Vormarsch. Dirndl und Lederhose dienen dabei lediglich als Ausgangspunkt für mutige Variationen.

Von S. Hermanski, Fotos: C. Hess

Dirndl-Mode 2009

Modell Marketenderin

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(Foto: N/A)

Die Wiesn-Mode ist auf dem Vormarsch. Dirndl und Lederhose dienen dabei lediglich als Ausgangspunkt für mutige Variationen. Dieses Modell Marketenderin stammt von Exatmo, der Firma, mit deren Kreationen 1987 alles begann. Helmut und seine Frau Angelika Oppenberger haben sie gegründet - als begeisterte Fans von Mittelalterfesten. Deshalb sahen ihre Entwürfe seit jeher eher nach Landsknechtskleidern aus als nach alpenländischen Trachten. Durch hunderte Billiganbieter aufs Übelste kopiert, verdankt das Oktoberfest den Oppenbergers die mehr als ein Jahrzehnt gültige Wiesn-Uniform in Sackleinen. Zum Glück scheint diese Schlacht seit vier, fünf Jahren endgültig geschlagen, und der ganze Plunder zurück-recycelt in Kartoffelsäcke. Die Dame in Orange zeigt, wie gut sich silberne Schnallen von den Trägern der Krachledernen an einer Frau machen. Besonders wenn sie sich in Python-Leder durchs Gedränge schlängelt. Sowas ist nix für kleine Schlingel!Text: Susanne Hermanski, Fotos: Catherina Hess

Dirndl-Mode 2009

Gut behütet

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(Foto: N/A)

Ebenfalls von Exatmo ist diese Dirndl-Kreation: Blickfang ist der mit zwei großen Stoffblumen bestickte Hut, den als I-Tüpfelchen noch eine lange Feder ziert. Die Trägerin kann so auch im dichtesten Oktoberfest-Getümmel immer genau verortet werden. Ein fest geschnürtes Mieder mit Plüscheinsatz im Leoprint sorgt für den nötigen Halt. Luftiger kommen da schon der schwarze, mehrlagige Tüllrock und die halb durchsichtige weiße Dirndl-Bluse daher. Zusätzlich schmückt opulenter Schmuck das Mannequin.Text: Angela Gruber

Dirndl-Mode 2009

Schau genau, ich bin ein Pfau

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(Foto: N/A)

Ein Paradiesvogel der ganz besonderen Art verbirgt sich in diesem Dirndl. Schließlich schmückt sich der Mensch nunmal prinzipiell gern mit fremden Federn - wenn er dies mit jenen echter Pfauen tun kann, umso lieber. Majestätischer geht es nicht. Einerseits. Andererseits haben Pfauenfedern aber auch eine ganz und gar nostalgische Schießbudenqualität. Früher, da gehörten sie zum festen Repertoire dessen, was man außer Plastikblumen für seine Liebste noch schießen konnte auf dem Rummel. Diese Dame sagt also womöglich mit ihrer Pfauenaugenschürze auch: Schau her, ich habe viele Verehrer! Über ihrer Schürze trägt sie zudem noch ein Charivari. Was dranhängt, ist nicht so genau zu erkennen. Unter diesen Umständen dürfte es sich aber um Skalps und andere Reliquien ihrer Verflossenen handeln. Und neuen Aspiranten raunt sie dann über deren Käferzelt-Marken hinweg zu: Komm Kleiner, lass uns gemeinsam ein Riesenrad schlagen. Das Label, dem wir dieses Prunkstück verdanken, trägt den Namen "Wilde Tracht". Dabei verhält es sich wie mit der wilden Ehe: In Wahrheit ist sie keine. Aber als gschlampertes Verhältnis kann man diese aufwendigen Kreationen dann auch wieder nicht bezeichnen.

Dirndl-Mode 2009

Roter Mohn, warum welkst du schon

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,,Rot wie Blut, voller Pracht/ warst du noch gestern erblüht/ aber schon über Nacht/ ist deine Schönheit verblüht...'' Ein Glück, dass der Wiesn-Gänger von heute die alten Schmachtfetzen nicht mehr kennt und nur noch ,,Who the fuck is Alice'' mitgrölen kann. Sonst wüsste er auf Anhieb, was ihn im Fall dieses Modells am Morgen danach erwartet.Aber abgesehen von dem auffälligen Accessoire, der berauschend roten Mohnblume am Kropfband: Das Dirndl darunter ist fast klassisch, zumindest, was den Schnitt anbelangt - es endet übrigens dicht unterhalb des Knies. Im verwendeten Stoff liegt aber der Unterschied. Die prachtvolle himbeerrote Seide ist über und über mit Blüten aus Pailletten bestickt. Auch die Schürze weicht deutlich ab von der Tradition: Sie ist aus transparenter Spitze gemacht, die nochmal ein anderes, großgemustertes Blumenmotiv durchzieht. Das Mieder ziert ein zierlich Silberkettchen. Sozusagen die verschlankte Version des ,,Gschnürs'' von der sonst freilich pechschwarzen Miesbacher Tracht. Ausgedacht haben sich dieses elegante Mohntörtchen die Hausdesigner von Lodenfrey. Männlichen Interessenten sei's nochmal gesagt: Zu derben Trinkliedern passt es gar nicht.

Dirndl-Mode 2009

Lieber lila Laune

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(Foto: N/A)

Früher gab es einmal diesen dummen Spruch: Lila schützt vor Schwangerschaft. Wie das funktionieren sollte, wusste außer einigen katholischen Bischöfen aber nie einer so recht. Auf dieser Wiesn werden jedenfalls jede Menge Dirndl in der Karfreitagsfarbe zu sehen sein. Aber mit der Krise hat das nichts zu tun. Vielmehr ist Lila im Allgemeinen die Modefarbe dieses Jahres. In der Trachtenmode schlägt sie allerdings voll durch - sogar bei den Männern. Mögen sie von Veilchen gottlob verschont werden - die Zahl der lila Karohemden, die bei einschlägigen Herrenausstattern in diesem Jahr über die Ladentische ging, ist enorm. Dieses aufwendige Dirndl hier verwehrt sich indessen gegen solche Massenwaren: "Dirndlpunk" heißt das zugehörige Label von Angelika Zwerenz. Mit schweren Seidenstoffen, Tüll und indischen Sari-Borten arbeitet sie viel. Zu derlei Multikulti kommt bei ihr auch noch Multihistory: Viele ihrer Corsagen erinnern stark an die Rokoko-Wurzeln des festen Dirndlgwands, andere an die Kleider der Saloon-Girls. Das wär' dann eher was für die Prärie-Wiesn-Cowboys.Foto: Dirndlpunk

Dirndl-Mode 2009

Totenkopf und Schädelweh

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Kleine Buben spielen für ihr Leben gern Piraten. Und weil sich das im Fasching nicht mehr richtig ausleben lässt, eröffnet jetzt wenigstens Trachten Angermeier dem Wiesnbesucher ungeahnte Möglichkeiten in dieser Hinsicht. In so einem Outfit geht es beim Oktoberfest darum, Eroberungen zu machen - mit Freibeutermethoden. Bloß wegen des Schädels auf dem Lederlatz auf eine tote Hose zu schließen, wäre also ein Fall von bösartiger Fehlinterpretation. Die dazugehörige Weste ist ebenfalls symbolträchtiger als man das auf den ersten Blick erkennen mag: Neben den kopfstehenden Totenschädeln - die Vorahnung des Gefühls im Resthirn am Tag nach dem Wiesnbesuch - zeigt sie auch noch rote Rosen und Edelweiß. Dass der Bursche beim Pflücken so eines Bergblümchens leicht mal abstürzt, muss also mitberücksichtigt werden. Zu so viel Todessehnsucht passt nur perfekt...

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Raubkatze auf Modenschau

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... die Femme fatale im Schlangen-Mieder (ebenfalls von Angermeier). Raubtierprint nennt die Modewelt diese Art Stoff. Und damit so eine Mieze keinesfalls zu harmlos wirkt, trägt sie statt des unschuldigen weißen Dindlblüschens schwarzen Satin, auf Hochglanz gebracht. Zu Deutsch: ,,Sateng'' - meine Herren, das wird eng.Text: Susanne Hermanski, Fotos: Catherina Hess

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