Der BND-Mitarbeiter und der Dolmetscher:Der Spion, der sich verliebte

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Ein BND-Agent verknallt sich Hals über Kopf in seinen Dolmetscher. Aus Liebe zu ihm betrügt er den Geheimdienst um viel Geld. Nun war der Prozess.

Christian Rost

Der BND-Agent, der sich im Kosovo in einen Dolmetscher verliebt hat, muss doch nicht ins Gefängnis. Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München beließ es am Mittwoch bei einer Bewährungsstrafe gegen Anton K. Der 44-Jährige war im Mai 2010 vom Oberlandesgericht zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden, der Bundesgerichtshof kippte das Strafmaß jedoch. In der Neuauflage des Prozesses legte K. nun ein Geständnis ab. Er gab zu, dass er seinem jetzigen Lebensgefährten und damaligen Übersetzer ungerechtfertigt Honorare aus der BND-Kasse hatte zukommen lassen. Zudem räumte der Oberstleutnant den Verrat von Dienstgeheimnissen ein.

Der Bundesnachrichtendienst hatte Anton K. seit 2001 von der Bundeswehr ausgeliehen und in der Auswertung eingesetzt. Mit seinem Arbeitseifer erlangte der damalige Familienvater rasch den Ruf eines "Workaholic". Im Jahr 2005 schickte ihn der Nachrichtendienst zu seinem ersten Auslandseinsatz in den Kosovo. Von Priština aus sollte er ein Quellen-Netz in dem Land aufbauen. Weil K. kein Albanisch sprach, suchte er sich einen Dolmetscher. So lernte er den 14 Jahre jüngeren Murat A. kennen. Die Männer verliebten sich ineinander - und damit begann das "Malheur", wie es der Vorsitzende Walter Weitmann in seiner Urteilsbegründung nannte.

Anton K. wollte "24 Stunden mit A. zusammen sein", wie Verteidiger Sascha Jung sagte. Deshalb habe er seinem Freund über das niedrige Dolmetscher-Honorar hinaus insgesamt 14000 Euro angewiesen. Beim BND deklarierte der Spion die in kleine Beträge gestückelten Ausgaben als "Verdienstausfall". In der Zentrale des Dienstes in Pullach wurden die Anweisungen durchgewunken - niemand kontrollierte die Tätigkeit des Oberstleutnants. Das Gericht wertete die Zahlungen als 21 Fälle des Betrugs und einen Fall des versuchten Betrugs.

Wesentlich schwerwiegender war der ursprüngliche Vorwurf des Landesverrats, den der BND und auch die Bundesanwaltschaft in der Liaison des Spions und seines Übersetzers gewittert hatten. Dem aus Mazedonien stammenden Murat A. wurde zunächst sogar vorgeworfen, für einen nicht näher bekannten ausländischen Nachrichtendienst den BND-Agenten ausgehorcht zu haben. Von den Anschuldigungen blieb nach drei Jahren Ermittlungen und Gerichtsverhandlungen fast nichts übrig. Anton K. hatte seinem Freund allenfalls eine Hand voll Namen von BND-Kollegen genannt - darunter den seiner Personalchefin - und ihm einmal ein Schaubild aus der Feder des britischen Geheimdienstes gezeigt, das die kriminellen und islamistischen Strukturen im Kosovo darstellte. Am letzten Verhandlungstag gingen nun auch die beiden Bundesanwälte in ihrem Plädoyer davon aus, dass sich K. mit seiner Plauderei lediglich der Verletzung des Dienstgeheimnisses schuldig gemacht hatte. Während das Urteil gegen den Dolmetscher - 14 Monate Bewährungsstrafe wegen Betrugs - unstrittig war, ging es am Mittwoch um die Existenz des Berufssoldaten. Der Verteidiger verlangte eine sechsmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung. Bei einer Strafe von über einem Jahr würde sein Mandant automatisch aus der Bundeswehr entlassen, argumentierte Anwalt Jung. Anton K. habe das Geld dem BND zurückgezahlt und seine Zivilklagen gegen den Dienst zurückgezogen. Zudem, so Jung weiter, habe K. schwer gelitten, nachdem der Verdacht gegen ihn aufgekommen war. Der BND habe ihn nicht nur permanent überwacht, sondern auch seine eigenen Kinder vor ihm über ein Jahr hinweg in einem Ort im Bayerischen Wald versteckt.

Der Senat folgte in seinem Urteil dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Damit ist die Karriere des Soldaten endgültig zu Ende. Die Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten wurde auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, zudem muss K. 2000 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen. Über das Urteil, das nicht rechtskräftig ist, wirkte der Ex-Spion verbittert.

© SZ vom 12.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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