Inzwischen sind die Flüchtlinge auf dem Sendlinger-Tor-Platz und die Polizei ein eingespieltes Team. Es dauert keine fünf Minuten, dann sind am Donnerstagnachmittag alle Formalitäten geklärt. Nur die Sache mit den Toiletten bereitet den Verantwortlichen noch einiges Kopfzerbrechen. Sie sind aktuell nicht vorhanden. In der Vergangenheit gab es immer wieder Probleme.
Die Flüchtlinge haben zum Beispiel ein Bild ins Internet gestellt, das einen Wiesn-Besucher zeigt, wie er nur wenige Meter von den Schlafsäcken an einen Baum uriniert. Der Polizist jedenfalls bitten Muhammad Qasim, den Organisator der Demonstration, vorsorglich, sich mit dem Kreisverwaltungsamt (KVR) in Verbindung zu setzen. Es müssten dringend Toiletten her. Qasim nickt beflissentlich: "Machen sie sich keine Sorgen, wir kümmern uns drum." Er zückt sein Handy und wählt die Nummer vom KVR.
Das Bundesamt für Migration schickt Einladungen zu Anhörungen im Akkord heraus. Für Flüchtlinge geht es manchmal schnell in Abschiebehaft statt zum Unterricht.
Der Flüchtlingsprotest ist zurück in München. Seit Anfang September demonstrieren die Flüchtlinge bereits auf dem Sendlinger-Tor-Platz für ein "Bleiberecht für alle". Vor zwei Wochen haben sie Ihr Protestlager vorübergehend geräumt: Um zu Fuß in einem "Marsch der Weltbürger" nach Nürnberg vor das Bundesamt für Migration zu ziehen. Am Donnerstag sind sie um 14 Uhr wieder auf die Trambahninsel zurück gekehrt. Die Dauerdemonstration soll weiter gehen. Zumindest bis zum 10. November, solange läuft die Genehmigung des KVR. Das Kollektiv aus jungen Asylbewerbern hat der Behörde auch fest versichert, zu diesem Zeitpunkt den Platz spätestens wieder zu räumen. Denn dann beginnen die Aufbauarbeiten für die Christkindltram.
An ihren Forderungen hat sich inhaltlich nichts geändert. Der aktuelle Protestslogan lautet leicht abgewandelt: "Stop Deportation". Gleich geblieben sind auch die Auflagen. "Alles wie bisher", betont KVR-Sprecher Johannes Mayer. Einzig die Zahl der erlaubten Pavillons hat sich von sechs auf zwei reduziert. Das liegt an der stark dezimierten Teilnehmerzahl. Protestierten in den Wochen zuvor noch rund 70 Asylbewerber, geht man jetzt nur noch von 15 Teilnehmern aus.
Übrig geblieben ist der harte Kern. Der Rest gehe andere Wege, betont Muhammad Qasim. Zusammen mit seinem Kollegen Ali Arslan hat der Pakistaner die Kundgebung beim KVR angemeldet. Beide kommen aus Reisbach, einem kleinen Ort in Niederbayern. Qasim war bereits beim Hungerstreik am Sendlinger Tor vor zwei Jahren dabei. Er zählte zu jenen Demonstranten, die sich damals vor der Polizei auf die Bäume flüchteten.
Beim Kooperationsgespräch mit dem KVR haben die beiden Reisbacher erklärt, dass sie keinen Hungerstreik planen. Mit welchen Aktionen sie dann für die Aufmerksamkeit sorgen wollen, die ihnen in den Wochen zuvor so hartnäckig von den Münchner Politikern verwehrt wurde, ist unklar. "Wir wissen nicht, was wir in den nächsten Tagen machen", sagt Qasim. Er steht in der Mitte des Platzes, dünne Lederjacke, schwarze Jogginghose und pustet in die Hände. Nur so viel: "Es wird trotz Kälte weitergehen". Er und seine Mitstreiter können sich vorstellen, an den Stachus oder den Odeonsplatz zu ziehen, wenn die Weihnachtstrambahn den Sendlinger-Tor-Platz blockiert. "Warum nicht?", fragt Qasim.
