Altstadt:Einziger Interessent für Zieglerbräu ignoriert Stadt

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Ende Dezember hatte Wirtin Andrea Schneider den Restaurantbetrieb im Zieglerbräu eingestellt. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Verwaltung findet keinen Pächter für die leer stehende Gastwirtschaft in Dachau, die FDP drängt zur Eile, und der OB erwägt sogar den Weiterverkauf: Warum ist es so schwer, das Haus in Bestlage auf dem Altstadtberg wiederzubeleben?

Von Jessica Schober, Dachau

Wie es mit dem Gebäude des Zieglerbräu in zentraler Altstadtlage neben dem Rathaus weitergeht, ist ungewiss. Die Fraktionsgemeinschaft ÜB/FDP hat im Haupt- und Finanzausschuss deshalb einen Antrag gestellt, dass die Stadt alle Schritte veranlassen soll, damit die Gastwirtschaft schnellstmöglich wieder öffnen kann. Die Gastronomienutzung solle dabei vor der Instandsetzung möglicher Büroräumen priorisiert werden - mit diesem Vorschlag stand die Fraktionsgemeinschaft ÜB/FDP jedoch weitgehend alleine da.

Ende Dezember hatte Wirtin Andrea Schneider den Restaurantbetrieb, Ende Januar den Hotelbetrieb eingestellt. Die Stadt, der das denkmalgeschützte Gebäude gehört, plant, im Obergeschoss Büroräume für die Verwaltung unterzubringen. Das Untergeschoss soll brandschutztechnisch instandgesetzt werden, um es vermieten zu können. Parallel dazu läuft die Suche nach Interessenten. Doch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) musste die Stadträte vorerst enttäuschen: "Es gab nur einen einzigen Interessenten für den Gastronomiebetrieb, doch der reagiert nicht mehr auf Anrufe und Mails."

"Lücke im Leerstand schließen"

Warum es so schwer sein soll, für einen etablierten Ort der Gastronomie in bester Lage auf dem Altstadtberg einen Nachnutzer zu finden, treibt die Stadträte um. In einem gemeinsamen Antrag haben die Stadträte Jürgen Seidl (FDP), Peter Gampenrieder und Ingrid Sedlbauer (beide ÜB) gefordert, sich auf die Wiederverpachtung zu konzentrieren, ohne dass "die beliebte Gaststätte ihren historischen Charme verliert". Das Obergeschoss könne zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff genommen werden, so Seidl. Er forderte, dass die Stadt aktiv auf Brauereien zugehen müsse, um die "Lücke im Leerstand zu schließen". Außerdem sehe er "keinen Bedarf an Büroflächen" für die Stadtverwaltung.

Wand an Wand mit dem Rathaus: Das Zieglerbräu liegt laut Verwaltung in bester Lage und ist stadtbildprägend. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Leerstand mit Weitblick: Wer will hier in Zukunft die Aussicht genießen? (Foto: Toni Heigl)

Dem widersprach OB Hartmann entschlossen. "Wir sind mitten in der Prüfung." Die Stadträte wollten mit dem Antrag "alles stoppen und gleich vermieten". Doch die Architekten seien gerade dabei, das Konzept zu erarbeiten. Ein Leerstand des Obergeschosses erzeuge zudem Folgekosten, es drohe etwa eine Legionellenverunreinigung, und ein leer stehendes Gebäude müsse ebenso im Winter geheizt werden. Es gebe derzeit nur drei Optionen: auf einen Interessenten hoffen, das Gebäude ungenutzt lassen oder es sogar wieder zu verkaufen.

Weiterverkauf des Zieglerbräu heikel

Dass es nicht im Interesse der Stadt sein könne, ein Nachbargrundstück des Rathauses wieder zu verkaufen, sei wohl allen klar, sagte Hartmann. In der Beschlussvorlage heißt es: "Das Gebäude liegt Wand an Wand mit dem Rathaus", man dürfe die direkte Anbindung "nicht unterbewerten". Dennoch sei ein Weiterverkauf eine der Handlungsmöglichkeiten. Dem widersprach nicht nur Seidl, sondern auch Jürgen Henritzi (AfD): Beide mahnten an, es könne bei einem Weiterverkauf einer städtischen Immobilie in einem Zeitraum von unter zehn Jahren gar der Verdacht der erwerbsmäßigen Immobilienspekulation auftauchen.

"Ein Verkauf wäre die falsche Entscheidung", sagte Anke Drexler (SPD). Sie habe sich über den Antrag gewundert, schließlich suche die Stadt sehr rege nach neuen Pächtern, "da passiert sehr viel an Aktivität". Außerdem gelte es zu bedenken: Die Gastronomie sei gerade in einer Umbruchphase und leide an Fachkräftemangel.

Erste Ergebnisse bis zum Sommer gefordert

Florian Schiller (CSU) stimmte zu: "Die Stadt hat eine besondere Verantwortung, aber der Antrag kommt zu früh für uns." Doch die Stadt solle zusichern, noch im ersten Halbjahr 2024 erste Ergebnisse zur Zukunft des Zieglerbräu zu präsentieren. Wolfgang Moll (WIR) hingegen insinuierte Perspektivlosigkeit: "Jede fünfte Gaststätte macht zu. Das wird sehr schwierig, das Ganze weiterzubetreiben."

Dabei ist der bauliche Zustand des Gebäudes "überdurchschnittlich", teilt die Verwaltung mit. Die derzeit laufenden Maßnahmen beschrieb Bauamtsleiter Moritz Reinhold so: "Es gibt keine gravierenden Mängel, aber wir müssen das Gebäude natürlich so instand setzen, dass wir es an einen möglichen Interessenten übergeben können." Dazu gehöre etwa die Beseitigung eines Wäscheabwurf-Schachtes, durch den im Hotelbetrieb die Bettlaken geworfen wurden, und der heute nicht mehr den geltenden Brandschutzregeln entspreche.

Wie trostlos ist die Altstadt?

Der Kulturausschuss hatte in der Zwischenzeit gefordert, die leer stehenden Räume den Dachauer Kulturvereinen für spontane Nutzungen zu überlassen: Pop-up-Art, Ausstellungen, Konzerte und Lesungen kamen zur Sprache. Für eine solche Zwischennutzung für kulturelle Zwecke sollte auch der Schützensaal im Zieglerbräu Vereinen zur Verfügung gestellt werden.

Ein kurzes Wortgefecht über die angebliche Attraktivität der Dachauer Altstadt lieferten sich schließlich Henritzi und Hartmann. "Wenn man hier durch die Altstadt fährt, ist es zunehmend trostloser geworden in den vergangenen Jahren", sagte Henritzi. Hartmann verbat sich solche Bezeichnungen als "kontraproduktiv" und mahnte die Konsumentenverantwortung an - ein Lokal lange nicht zu besuchen und dann sein Verschwinden zu beklagen, sei heuchlerisch.

Nach einem nicht-öffentlichen Sitzungsteil lehnte eine Mehrheit im Ausschuss den Antrag der ÜB/FDP-Fraktion ab.

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