Vor dem Merkel-Besuch:Dachau im Ausnahmezustand

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Die CSU fiebert dem Wahlkampfauftritt von Bundeskanzlerin Merkel entgegen - "das ist nicht zu toppen". Außer durch ihren Besuch der KZ-Gedenkstätte, in der noch nie ein deutscher Regierungschef war.

Von Helmut Zeller

Ein Zaun und ein Wachturm an der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Dachau: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht am heutigen Dienstag die KZ-Gedenkstätte Dachau. (Foto: dpa)

BKA-Hubschrauber über Dachau, Sicherheitsbesprechungen im Rathaus, der Polizeiinspektion und an der KZ-Gedenkstätte - die Dachauer fiebern dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 20. August entgegen. "Das ist eine große Ehre und eine Riesenaufregung", sagt CSU-Chef Peter Strauch. Schon das ganze Jahr und besonders intensiv seit vier Monaten, als Merkels Zusage aus dem Bundeskanzleramt eintraf, bereiten Strauch und seine Helfer den Wahlkampfauftritt der Kanzlerin vor. Sein Ortsverband hatte Merkel eingeladen, und nicht nur der CSU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath ist begeistert. Auch freut er sich über den Besuch der Kanzlerin in der KZ-Gedenkstätte - noch nie war ein Regierungschef an diesem Ort. Eingefädelt hat das historische Ereignis der Auschwitz-Überlebende Max Mannheimer (93), Vizepräsident des Internationalen Dachau-Komitees (CID) und Ehrenbürger der Stadt.

Aber die ganz große Hoffnung - es ist Wahlkampf - knüpft die CSU an das Bierzelt-Spektakel mit Merkel. Die Kanzlerin soll einen deutlichen Stimmenzuwachs bei den Wahlen im September bringen. Schon längst ist die CSU nicht mehr so erfolgsverwöhnt wie einst. Bei der Landtagswahl 2008 fuhr der Kandidat Seidenath 38, 1 Prozent der Stimmen ein, knapp 43 entfielen auf die Kreis-CSU - knapp unter dem Landesdurchschnitt. In dem Zelt auf der Thoma-Wiese ist Platz für knapp 4000 Menschen. Die Rede wird nach draußen übertragen, da die Organisatoren weit mehr Besucher erwarten. Einmal sprach Merkel schon in Dachau. Das war 2003. Sie war damals noch Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion. Aber jetzt: "Das ist die größte politische Veranstaltung in Dachau, seit ich zurückdenken kann", jubelt Seidenath. Auch auf dem Volksfest sei Merkels Auftritt das bestimmende Thema. Das Volksfest geht am 19. August zu Ende. Zuletzt sprach 2007 Parteifreund Erwin Huber. Danach brach die Tradition des Politischen Volksfestdienstags im Festzelt ab, nicht wegen Huber, sondern weil der Aufwand doch enorm war.

Merkel, betont Seidenath, honoriere mit ihrem Wahlkampfauftritt die Arbeit der langjährigen Bundestagsabgeordneten Gerda Hasselfeldt im Wahlkreis Dachau und Fürstenfeldbruck. "Das ist ein Akt des Zurückgebens der Partnerschaft und Freundschaft", sagt der CSU-Kreischef. Tatsächlich verdankt die Partei den Wahlkampfschlager der CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt. Sie hat die Kanzlerin, der sie verbunden ist, nach Dachau geholt. Auch bei dem Gedenkstättenbesuch hat Hasselfeldt mit angeschoben. "Großartig, überfällig, wunderbar", sagt Günther Domcke, Hauptamtsleiter der Stadtverwaltung. Merkels Gang an die Gedenkstätte hat schon ein internationales Presseecho ausgelöst und gilt als Bestätigung der Politik von Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU). Dachau stellt sich heute seiner Vergangenheit, und das findet in den USA, in Holland, Frankreich und Israel Anerkennung. "Merkels Besuch ist politisch sehr schön und für Dachau sehr wichtig", urteilt Landrat Hansjörg Christmann (CSU).

Am Dienstag um 18.45 Uhr trifft der Wagenkonvoi der Kanzlerin aus Erlangen kommend an der Gedenkstätte ein. Merkel wird von Pieter Dietz de Loos, Präsident des Internationalen Dachau-Komitees, Max Mannheimer und weiteren ehemaligen KZ-Häftlingen empfangen. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) und der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, werden auch zugegen sein. Mehr als einhundert Journalisten und Medienvertreter beobachten die Kanzlerin, wenn sie einen Kranz am Internationalen Mahnmal niederlegt. Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann und Max Mannheimer führen Merkel durch zwei historische Räume, den ehemaligen Schubraum und das Häftlingsbad im Museum. Hammermann sieht in dem Besuch, wie sie sagt, eine große Wertschätzung für Gedenkstätte und Überlebende. Das sei auch ein Zeichen dafür, dass der Bund dauerhaft die Gedenkstättenarbeit als Verpflichtung und Verantwortung begreife. Mannheimer stellt der Kanzlerin noch Überlebende vor, dann bricht sie zum Bierzelt auf. De Loos würde ihr noch gerne den General-Delpech-Orden des Komitees überreichen. Aber es ist fraglich, ob es in der Kürze der Zeit dazu noch kommt. André Delpech war der frühere CID-Präsident.

Bis zu 100 Polizeibeamte aus Dachau und Fürstenfeldbruck sowie des Bundeskriminalamtes (BKA) sind zur Sicherheit der Kanzlerin eingesetzt. Daneben werden im Festzelt Mitglieder der Jungen Union als Saalordner auftreten. Die Startbahngegner - "das sind alle vernünftige Bürger", sagt Polizeisprecher Michael Richter - haben eine Demonstration angekündigt. Das Bundeskriminalamt hat bereits Luftaufnahmen der Stadt gemacht. Richter beruhigt: "Aus polizeilicher Sicht haben wir eine relativ sichere Lage." Vor ihrer Rede um 20 Uhr wird Merkel im Festzelt sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Welche Rede hat Merkel überhaupt vorbereitet? Egal. "Dieser Auftritt ist nicht zu toppen", sagt der CSU-Kreisvorsitzende Seidenath.

© SZ vom 19.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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