SZ-Adventskalender:Lernhilfe für erfolgreiche Integration

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Ein 17-Jähriger aus Syrien benötigt dringend einen Laptop, damit er im Lockdown zu Hause am Unterricht teilnehmen kann

Von Benjamin Emonts, Dachau

Adil (Name geändert) muss ohne Eltern auskommen. Nachdem sein Vater vor einigen Jahren an einer Krankheit gestorben war, heiratete seine Mutter neu und wollte sich nicht mehr um den Sohn kümmern. Im August dieses Jahres kam der 17-Jährige deshalb zu seiner Tante und seinem Onkel nach Deutschland. Die junge Familie aus Syrien nahm ihn ohne zu zögern auf, obwohl sie gerade erst ein kleines Kind bekommen hatte. Adil schläft nun im Wohnzimmer der Familie. "Er ist wie unser Kind", sagt die Tante. "Er hat jetzt ein neues Leben und will etwas lernen."

Zu allem Überfluss erschwert nun die Corona-Krise Adils Neubeginn. In die Schule kann er momentan nicht gehen wegen der Kontaktbeschränkungen - er lernt niemanden kennen und muss die Sprache von Zuhause über eine App lernen.

Bisher macht er seine Hausaufgaben am kleinen Bildschirm des Smartphones seiner Tante, doch für das Homeschooling bräuchte er unbedingt einen Laptop, den sich die junge Familie aber nicht leisten kann. Genau hier will der SZ-Adventskalender helfen. Ein eigener Laptop soll Adil eine erfolgreiche Schullaufbahn und Integration in Deutschland ermöglichen.

Die ersten kurzen Sätze auf Deutsch spricht er bereits, "er gibt sich sehr große Mühe", sagt seine Tante. In Deutschland ist der junge Mann in Sicherheit und seine Familie intakt. Sein Onkel ist mit seiner Frau Ende 2015 aus der syrischen Stadt Aleppo zunächst in die Türkei und später weiter nach Deutschland geflohen. Im Großraum München lebte sich die Familie trotz aller Widrigkeiten schnell ein, auch weil der Helferkreis sie unterstützte. Die enge Asylbewerberunterkunft konnten sie vor einem Jahr für eine eigene Wohnung endlich verlassen. Beide sprechen mittlerweile fließend Deutsch und sind berufstätig, sie absolvierte eine Ausbildung, bevor sie in Mutterschutz ging, er arbeitet als Handwerker. Das Geld bei der Familie ist dennoch knapp. Wichtige Alltagsgegenstände wie einen Laptop kann sie sich nicht leisten.

Eine Rückkehr in ihre syrische Heimat ist für sie undenkbar, auch wenn sich die Situation dort etwas entspannt hat. Die Bilder vom Krieg sind in ihren Erinnerungen noch allgegenwärtig. Adil erzählt von seiner Kindheit, es habe nie Süßigkeiten gegeben und sie durften auf der Straße nicht spielen. Jeden Tag, so berichtet die Tante, lebten sie in Todesangst vor Bombenangriffen in der völlig zerstörten Stadt. Sie sahen Menschen auf den Straßen sterben und mussten alle paar Wochen die Wohnung wechseln, weil sie in Lebensgefahr waren. "Man kann sich nicht vorstellen, wie viel Angst wir hatten. Zurück ist keine Option", sagt die 28-Jährige. Sie selbst musste wegen des Krieges ihre Ausbildung zur Krankenschwester in Aleppo abbrechen. In Syrien ließ sie ihre Familie mit sieben Geschwistern zurück.

Mit ihrem neuen Leben in Deutschland ist die Familie zufrieden, das Ehepaar ist froh, dass ihr Neugeborenes in Sicherheit aufwächst. Mittelfristig will die Familie in eine größere Wohnung ziehen. Bis dahin nimmt die Familie die Enge in ihrer kleinen Wohnung ohne Jammern in Kauf, um dem Neffen eine gute Zukunft zu ermöglichen. Sie hoffen, dass Adil bald neue Freunde und Freude finden kann. Die Geschichte mit seiner Mutter will der junge Mann abschließen. Sein Onkel erzählt von einem Besuch im Jugendamt, das wissen wollte, ob die Mutter ihm fehle. Adil habe geantwortet: "Nein. Mein Herz ist gebrochen."

© SZ vom 30.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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