Dachau:Dachaus Jugend macht ihrem Ärger Luft

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Jonas Kittelberger (rechts) und Theo Böhm vom Dachauer Jugendrat fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

In der Pandemie haben oft vor allem Kinder und Jugendliche das Nachsehen. Dem Dachauer Jugendrat reicht es nun. In einem offenen Brief fordert das Gremium die verantwortlichen Politiker auf, endlich zu handeln.

Von Isbaell Gielisch, Dachau

Jonas Kittelberger ist wütend - und er ist nicht alleine. Um dieser Wut Luft zu machen hat der Dachauer Jugendrat, dem Kittelberger angehört, einen offenen Brief verfasst - die Jugendräte der Gemeinden Bergkirchen, Karlsfeld und Weichs, die Jugendabteilungen des ASV Dachau und des TSV Dachau 1865 sowie das Dachauer Schülerbüro unterstützen das Schreiben. Darin macht sich der Jugendrat stellvertretend für die gesamte Landkreisjugend stark. Die Mitglieder sind der Meinung, dass vor allem Kinder und Jugendliche seit Beginn der Pandemie einer großen Belastung ausgesetzt sind. Lange haben sie sich im Stillen geärgert. Jetzt fordern sie die politisch Verantwortlichen zum Handeln auf.

Geschlossene Schulen und Kindergärten, Distanzunterricht mit mangelnder Ausrüstung, Ausgangsbeschränkungen und das Verbot, sich in Gruppen zu treffen - diese Maßnahmen seien zwar sinnvoll und richtig gewesen, dennoch hätten sie Kinder und Jugendliche in dieser so prägenden Zeit ihres Lebens stärker getroffen als andere Altersgruppen, betont das Bündnis in seinem Schreiben. Das mache sich auch durch die Zunahme psychischer Probleme bei Jugendlichen bemerkbar.

"Die Jugendlichen leiden"

Dass es sich dabei nicht um eine bloße Behauptung handelt, kann Regina Eisner bestätigen. "So viele Anmeldungen von Kindern und Jugendlichen wie während der Pandemie, hatte ich noch nie", so die Dachauer Kinderpsychotherapeutin, die seit zwanzig Jahren ihren Beruf ausübt. "Die Jugendlichen leiden. Sie könnten rausgehen, sich die Welt erobern aber die Angst hält sie dann doch zurück."

Neben dem allgemeinen Unmut übt der Dachauer Jugendrat aber auch ganz konkrete Kritik: Während in vielen Regierungsgebäuden schnell Luftfilter angeschafft worden seien, habe es für Schüler und Schülerinnen Lüften und Wechselunterricht geheißen. Tatsächlich wurden im Landkreis Dachau nur sehr vereinzelt Geräte beschafft.

Entrüstet zeigen sich die Jugendlichen auch darüber, dass die kommunalen und landkreisweiten Budgets für Jugend und Kultur "stark zurückgefahren" worden seien. "Das haben wir zum Anlass genommen, unseren Unmut öffentlich zu machen", so Kittelberger. Unter anderem seien den Jugendzentren Gelder gekürzt worden, sodass diese weniger Angebote ins Programm nehmen und keine neue Ausstattung hätten kaufen können. Sportvereinen gehe es ohnehin schon seit Jahren schlecht - auch diesen sei nun erneut nur das Nötigste zugesprochen worden, beklagt Kittelberger. Die Jugend brauche gerade in dieser schweren Zeit Unterstützung, sowohl bundespolitisch, "indem Probleme nicht mehr auf sie abgewälzt werden", als auch kommunal in Form von Freizeitangeboten, gut ausgestatteten Sportvereinen und funktionierender Jugendarbeit. "Nun dieser Gruppe die Mittel zu kürzen, sendet ein fatales Signal", kritisiert der Jugendrat.

Wurden Mittel gestrichen? Der OB verneint

Die Mitglieder des Dachauer Jugendrates verstehen, dass sich die Stadt Dachau finanziell in einer schwierigen Lage befindet. Aber sie wollen nicht länger dulden, dass aus ihrer Sicht immer nur sie das Nachsehen haben sollen.

Direkt adressiert ist der Brief zwar nicht an Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), den Inhalt kennt er aber. Hartmann widerspricht, was die Streichung finanzieller Mittel betrifft: Für die städtische Jugendarbeit gibt es für das Jahr 2022 einen Ausgabenansatz von 1 153 700 Euro, während es im vorherigen Jahr 1 160 900 Euro gewesen seien. Das heißt: Dieses Jahr stünden der Jugendarbeit lediglich 7200 Euro weniger zur Verfügung als zuvor. Interessant sei an dieser Stelle auch der Vergleich mit den tatsächlichen Ausgaben der Jahre 2020 und 2019, so der Oberbürgermeister. Im Jahr 2019 habe man 60 000 Euro weniger ausgegeben, als man hätte ausgeben können und auch im Jahr 2020 seien etwa 150 000 Euro weniger ausgegeben worden. Hartmann sagt: "Wenn man diese beiden Zahlen mit den 7200 Euro vergleicht, die dieses Jahr eingespart wurden, dann könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass keine Abstriche gemacht werden müssen."

Doch Hartmann zeigt insgesamt Verständnis für die missliche Lage der Jugend in der Pandemie: "Ich sehe die Not der Kinder und Jugendlichen." Es sei unstrittig, dass die Situation an den Schulen und in den Kindergärten schwierig sei.

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