Kultur in Dachau:"Es soll nicht nur Spaß machen, sondern Spuren hinterlassen"

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In der KVD-Druckwerkstatt hantieren Schülerinnen aus der Fränkischen Schweiz erstmals mit Druckgeräten. (Foto: Toni Heigl)

15 Schülerinnen aus Oberfranken verbringen drei Tage in Dachau. Nach ihrem Besuch in der KZ-Gedenkstätte setzen sie ihre Eindrücke in der KVD-Druckwerkstatt künstlerisch um.

Von Edgar Subak, Dachau

Buchstaben sind politisch. Sie formen nicht nur Worte, sie kommen auch in unterschiedlichen Schriftarten daher. Die Nazi-Hetzschriften verwendeten oft eine altertümlichen Serifenschrift. Progressive Texte gab es oft in der Futura-Schriftart. Das erfuhr eine Schülerinnengruppe des Gymnasiums Fränkische Schweiz aus Ebermannstadt, die vergangenen Montag in der Druckwerkstatt der Künstlervereinigung Dachau (KVD) während eines dreitägigen Bildungsprogramms zu Besuch war.

Untergekommen sind die 15 Schülerinnen im Alter von 16 bis 19 Jahren im Max Mannheimer-Jugendgästehaus. Von Samstag bis Montag nahmen sie an einem Schulausflug teil, der Teil ihres wissenschaftspropädeutischen Seminars "Druck" ist. Die drei Tage begannen mit einem geführten Rundgang durch die KZ-Gedenkstätte Dachau. Wie Erinnerungskultur auch durch künstlerischen Ausdruck funktionieren kann, erfuhren die Schülerinnen anhand von Comics und Graphic Novels, die ihnen vorgestellt wurden. Am letzten Tag durften sie dann mit großen mechanischen Druckgeräten selbst gestalten und befassten sich mit diversen Drucktechniken: Steindruck, Siebdruck, Buchdruck und die klassische Radierung standen ihnen zur Auswahl. Bruno Schachtner von der KVD und sein Team begleitete die Schülerinnen beim Hantieren.

"Das Herz hat für alle im Konzentrationslager geschlagen"

Für die Motivwahl wurden die Mädchen gefragt, welchen Schatz sie als "KZ-Häftling" hüten würden. Evi, 17 Jahre alt, entschied sich für das Motiv eines anatomischen Herzens. "Das Herz hat für alle im Konzentrationslager geschlagen. Es symbolisiert das Leben und das muss man bis zum Schluss hüten", so die Gymnasiastin aus Oberfranken. Darüber hinaus haben die Schülerinnen ihre Eindrücke aus der KZ-Gedenkstätte in Kunst verarbeiten dürfen.

Die 17-jährige Johanna verarbeitet künstlerisch ihre Eindrücke aus der KZ-Gedenkstätte Dachau. (Foto: Toni Heigl)
Das Motiv eines menschlichen Herzens sucht sich Evi, 17, aus. (Foto: Toni Heigl)

Die Kooperation zwischen der KVD und dem Gymnasium Fränkische Schweiz fand dieses Jahr zum ersten Mal statt. Die verantwortliche Kunstlehrerin Mia Schöpf und der Dachauer Bruno Schachtner (KVD) hatten sich zuvor im Garten einer gemeinsamen Freundin kennengelernt. So sei die Kooperation zustande gekommen, erzählt Schöpf. Und bei dem einen Besuch soll es nicht bleiben: "Wir würden nächstes Jahr gerne wieder kommen."

Schachtner und sein Team bieten ihre Druckgeräte allen Interessierten an. Im Team gibt es auch gelernte Schriftsetzer, heute ein ausgestorbener Beruf. Die angebotenen Druckmethoden werden deshalb nur noch in der Kunst verwendet. Zeitungen werden heute schließlich digital gestaltet und zum Druck gebracht. Über die historische Entwicklung des Drucks wissen die Schülerinnen aber Bescheid. "In der Schule haben wir bereits die Geschichte des Drucks seit der Antike behandelt", erzählt die Kunstlehrerin.

Demnächst steht ein Besuch in einer Zeitungsdruckerei in Bamberg an

Im Zuge des wissenschaftspropädeutischen Seminars sollen die Schülerinnen auch ihre berufliche Perspektive berücksichtigen, sich auf fachlich in Frage kommende Studien vorbereiten können. Lehrerin Schöpf erzählt, dass für die Gymnasiastinnen demnächst noch eine moderne Druckerei und eine Zeitungsdruckerei in Bamberg auf dem Programm stehen.

Johanna, 17, könnte sich vorstellen einmal Kunst, Mode- oder Mediendesign zu studieren. Über das Wochenende in Dachau sagt sie: "Für mich war alles sehr aufregend und spannend." Für sie war der Besuch in der Gedenkstätte das erste Mal in einem ehemaligen Konzentrationslager. "Die Eindrücke mit Kunst zu verbinden und auch den Druck auszuprobieren, war interessant."

Nach ihrem Ausflug müssen die Schülerinnen nun eine Arbeit über die Technik oder die Philosophie der Schrift verfassen. "Es soll nicht nur Spaß machen, sondern Spuren hinterlassen", erklärt Kunstlehrerin Mia Schöpf die Absicht des Ausflugs.

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