Petershausen:Prielberg-Walzer zum Feierabend

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Petershausen feiert 45 Jahre Kulturförderkreis. (Foto: Toni Heigl)

825 Veranstaltungen, 300 Konzerte, 100 Kulturfahrten und 36 Hobby- und Kunstausstellungen: Der Petershausener Kulturförderkreis feiert seine 45-jährige Geschichte.

Von Dorothea Friedrich, Petershausen

Rund 6600 Einwohner hat die Gemeinde Petershausen, 230 von ihnen sind im örtlichen Kulturförderkreis engagiert, einige seit dessen Gründung vor 45 Jahren. Am vergangenen Samstag gab es im Pfarrheim eine große Geburtstagsfeier mit einem Riesenprogramm und einem gut gelaunten Publikum. Zur Einstimmung auf die vielen Aktivitäten des Kulturförderkreises präsentierten sich im Erdgeschoss des Pfarrheims etliche Kunstbegeisterte mit Gemälden, Schmuck und allerlei schönen Dingen. Auffällig: An einigen Ständen wurde Upcycling ganz groß geschrieben. So standen beispielsweise Halsketten zur Schau, hergestellt aus den ansonsten verpönten Alu-Kaffeekapseln oder mit viel Kreativität umgearbeiteter Flohmarkt-Schmuck, ein paar freundliche Worte und vorweihnachtliche Leckereien inklusive.

Apropos Leckereien. Für diese war an diesem "Feierabend" der besonderen Art der Freundeskreis Varennes zuständig. Er pflegt die Beziehungen zur französischen Partnergemeinde Varennes-en-Argonne besonders intensiv und servierte unermüdlich Flammkuchen, Baguettes und Champagner. Der Freundeskreis gehört ebenfalls zum Kulturförderkreis, ebenso eine engagierte Gruppierung mit dem etwas sperrigen Namen "Jugendkontaktgruppe". Sie organisiert den jährlichen Jugendaustausch mit Varennes, einem charmanten Örtchen in Lothringen, mit dem Petershausen seit 55 Jahren partnerschaftlich verbunden ist. Diese Partnerschaft war übrigens eine der ersten in Bayern.

Der gute musikalische Geist von Petershausen

Der Kulturförderkreis hat erstaunliche Gruppierungen und Einrichtungen. An der Spitze steht unzweifelhaft das Musikzentrum. Dass es den Kulturförderkreis überhaupt gibt und wie er entstanden ist, berichteten der Vorsitzende Peter Ellermann und Eugen Tluck, der seit Jahrzehnten so etwas wie der gute musikalische Geist von Petershausen ist. Lange bevor die Diskussion um eine Landkreis-Musikschule hochkochte - die immer mal wieder aktuell werden sollte - gründete er 1975 das Musikzentrum Petershausen, das er bis heute leitet. Im Lauf der Jahre gesellten sich das renommierte Petershausener Kammerorchester (PKO), das Jugend-Streichorchester Petershausen, die Glonntal-Lerchen, die Prielbergmusi, das Akkordeonorchester SWS und die Jazzformation P-Town New Blood dazu. Es gab auch einen Spielmannszug "leider nur drei Jahre lang", wie Ellenrieder berichtete.

Nicole Friedl und Peter Ellenrieder sind Vorsitzende des Kulturförderkreises. (Foto: Toni Heigl)
Das Kammerorchester Eugen Tluck bereicherte die Jubiläumsfeierlichkeiten. (Foto: Toni Heigl)

Kammerorchester, Prielbergmusi und Akkordeonorchester waren am Samstagabend in Hochform. Ihre Auftritte mit Musik von Mozart bis zur Tluck'schen Eigenkomposition, dem Prielberg-Walzer, von Filmmusik bis Tango, rissen das Publikum immer wieder von den Stühlen. Und ließen so manchen staunen, mit welchem Können und welchem Enthusiasmus in Petershausen die Musikkultur gepflegt wird. Was möglicherweise daran liegt, dass es schon vor der Gründungsversammlung freundschaftlich und unkonventionell zuging. Folgt man den Erzählungen, so spielte ein Gartenhäusl dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Ellermann verzichtete klugerweise darauf, alle Aktionen und Veranstaltungen des Kulturförderkreises aufzuzählen. Denn die Bilanz ist beeindruckend: 825 Veranstaltungen, 300 Konzerte, 100 Kulturfahrten, 36 Hobby- und Kunstausstellungen. Letztere waren so erfolgreich, dass die Stände die Mehrzweckhalle locker füllten. "Doch das hat uns Corona zerschossen", sagte Ellermann, weshalb die Ausstellung im Pfarrsaal eine Art Neuanfang sei.

Auch Literatur hat ihren Platz

Doch nicht nur Musik und bildende Kunst stehen beim Kulturförderkreis hoch im Kurs. Hier hat auch das gesprochene und geschriebene Wort seinen gebührenden Platz. Der verstorbene Michael Ehbauer gründete schon 1999 "Ehbauers Literatureck" und gab damit den einheimischen Autorinnen und Autoren eine Bühne. Was der literarische Austausch bewirken kann, zeigten Cilia Amorth und Manfred Seemüller mit einer Weihnachtsgeschichte der anderen Art und etlichen Gedichten. Melanie Fuchs und Cornelia Gütlich sorgten mit ihrem Sketch für Heiterkeitsausbrüche an einem ohnehin vergnüglichen Abend, der so gar nichts von einer offiziellen Feier hatte.

Doch die Petershausener schauen auch gerne über den Tellerrand und laden sich hochkarätige Gäste ein. Karl Kühbandner bespricht im "Literaturkreis Lesenswert" regelmäßig Werke der Weltliteratur, ihre Hintergründe und ihre zeitgeschichtliche Einordnung. Kabarett, szenische, Autoren- und Weihnachtslesungen gehören gleichfalls zum Literaturprogramm. Stöbert man ein wenig in den Chroniken auf der Website, sieht man deutlich, wie breit gefächert das Engagement der Ehrenamtlichen ist - vom Faschingszug bis zum Theater, von Konzerten bis zum Opernbesuch. Man sieht aber auch deutlich, welchen Preis Corona in Sachen Kultur gefordert hat, weil viel zu viele Veranstaltungen abgesagt werden mussten. Doch eine Geburtstagsfeier ist nicht nur bestens geeignet, um Erinnerungen zu pflegen. Hier lassen sich auch Zukunftspläne schmieden. Und auf deren Umsetzung darf man sich beim ideenreichen Kulturförderkreis Petershausen schon jetzt freuen.

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