Zivilgericht:Fahrzeughalter verklagen Stadt

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Die Poller auf Höhe der Hexengasse sind tagsüber im Boden versunken. Ab 23 Uhr werden sie hochgefahren. (Foto: Toni Heigl)

Weil ihre Autos durch die Poller am Schlossberg beschädigt wurden, fordern sie nun Schadenersatz. Das Oberlandesgericht München macht ihnen allerdings wenig Hoffnung auf Erfolg.

Von Andreas Salch, Dachau

So mancher Anwohner der Schlossstraße in Dachau wird mitunter durch lautes Knarzen oder Krach aus dem Schlaf gerissen. Dann ist es wieder mal passiert: Entweder ist ein Auto frontal gegen einen der Poller auf Höhe der Hexengasse geprallt oder ein Poller hat ein Fahrzeug regelrecht "aufgespießt", als es darüberfuhr, wie es ein Anwohner dort schon beobachtet hat. Immer wieder kommt es zu Unfällen in der Schlossstraße. Der Schaden, der dabei an den Autos entsteht, ist teils beträchtlich.

Dafür geradestehen soll die Stadt Dachau, die die Poller installiert hat. Zwei Fahrzeughalter, deren Autos durch die ausfahrbaren Pfosten demoliert wurden, haben die Große Kreisstadt deshalb wegen "Verletzung von Verkehrssicherungspflichten" verklagt und forderten in einem zivilrechtlichen Verfahren Schadenersatz.

In erster Instanz hatte das Landgericht München II beide Klagen abgewiesen. Und auch das Oberlandesgericht (OLG) München als Berufungsinstanz machte den Klägern jetzt wenig Hoffnung, dass sie den Schaden an ihren Fahrzeugen ersetzt bekommen.

Der Schaden am Auto: 11 000 Euro

Im ersten Fall ging es um einen 27-jährigen Dachauer. Er fuhr im August 2021 nachts mit seinem weißen 3er-BMW die Schlossstraße hinunter, als sich plötzlich einer der beiden Poller hob. Zudem habe die Ampel an der Anzeige weder gelb noch rot angezeigt, berichtete der Fahrer des Wagens jetzt in der Verhandlung vor dem 1. Senat des OLG. An dem BMW entstand ein Schaden in Höhe von rund 11 000 Euro. Die rechte Frontschürze des Wagens wurde völlig eingedrückt.

Eigentlich dürfte dies nicht passieren. Denn in der Schlossstraße befinden sich Induktionsschleifen, die ein Signal auslösen, sodass sich die Poller senken, wenn ein Pkw nach 23 Uhr vom Schlossberg kommt. Das System funktioniere aber "relativ träge", meinte ein Anwohner, den das Gericht als Zeugen geladen hatte. Der Ingenieur hatte den Unfall des 27-Jährigen zufällig beobachtet. Auch wenn die Polleranlage vielleicht "nicht schnell genug reagiert" habe, so der Zeuge, habe er aber noch nie beobachtet, dass sich die Poller heben, "ohne dass die Ampel gelb oder rot" angezeigt habe.

"Was sollen wir jetzt glauben?"

Damit die Anwohner der Schlosstraße nachts ihre Ruhe haben, ist die Durchfahrt zwischen 23 Uhr und 5 Uhr verboten. Der 27-Jährige beteuerte bei seiner Aussage, er sei "definitiv vor 23 Uhr runtergefahren". In erster Instanz hatte er behauptet, es sei gegen 21.30 Uhr gewesen. Aus den Akten der Polizei geht hervor, dass er diese um 23.05 Uhr über seinen Unfall informiert hatte. "Was sollen wir jetzt glauben?", fragte die Vorsitzende Richterin. Sie empfahl dem 27-Jährigen und seinem Anwalt, die Klage angesichts der voneinander abweichenden Angaben zurückzunehmen.

Im zweiten Fall, mit dem sich das OLG beschäftigte, befand sich ein 22-Jähriger mit dem Toyota Aygo seines Vaters bereits über den Pollern, als der linke von beiden sich hob. Dabei wurde der Unterboden des Kleinwagens beschädigt. Der Vater des 22-Jährigen verklagte daraufhin die Große Kreisstadt auf Schadenersatz in Höhe von 4300 Euro.

Die Angaben sind widersprüchlich

In seiner Vernehmung räumte der 22-jährige Azubi ein, dass er gegen 23.30 Uhr die Schlossstraße hinuntergefahren sei. Da es stark geregnet und er die Örtlichkeit nicht gekannt habe, sei er sehr langsam gefahren. Aufgrund der Nässe sei die Straße rutschig gewesen. Eine Ampel habe er nicht gesehen, sagte der Azubi. Angeblich waren die Poller nicht ausgefahren, als er sich mit dem Auto seines Vaters näherte. Erst als er sich kurz vor der Anlage befand, so der Azubi, habe sich der linke Poller plötzlich gehoben, und er habe nicht mehr rechtzeitig bremsen können. Auch in diesem Fall wiesen die Richter darauf hin, dass der Zeuge im Vergleich zu dem Verfahren in erster Instanz unterschiedliche Angaben zum Unfallhergang mache.

Der Beifahrer des 22-Jährigen trug ebenso nicht dazu bei, das Gericht zu überzeugen. Er gab unter anderem an, er habe in "30 bis 40 Metern Entfernung vor den Pollern" eine Ampel gesehen. Tatsächlich steht diese in unmittelbarer Nähe der Poller.

Um eine "Verletzung der Verkehrssicherungspflicht" seitens der Stadt Dachau und berechtigte Schadensersatzansprüche festzustellen, reichten die Angaben der Zeugen nicht aus, erklärte die Richterin schließlich. Auch dem Vater des 22-Jährigen riet sie, seine Klage zurückzunehmen. Doch das wollte dieser ebenso wenig wie der Halter des 3er-BMWs.

Das Gericht wird deshalb am 16. Mai in beiden Verfahren ein Urteil verkünden.

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