Markt Indersdorf / Vierkirchen:Schwerer Unfall überschattet Faschingszug

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In Indersdorf fällt ein 21-Jähriger aus vier Metern Höhe vom Wagen - er befindet sich nicht mehr in Lebensgefahr.

Von Robert Stocker und Wolfgang Eitler, Markt Indersdorf/Vierkirchen

Der Indersdorfer Faschingszug ist am Sonntagnachmittag von einem schweren Unfall überschattet worden. Ein 21-jähriger Mann stürzte von einem Faschingswagen aus Tandern kopfüber fast vier Meter tief auf die Straße und erlitt dabei lebensgefährliche Verletzungen am Kopf. Der junge Mann wurde mit einem Hubschrauber in eine Münchner Klinik geflogen. Wie die Polizei Dachau am Montag mitteilte, schwebt er nicht mehr in Lebensgefahr. Der Faschingswagen steht im Indersdorfer Bauhof unter Verschluss. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln jetzt, wie es zu dem Unfall gekommen ist.

Wie die Polizei weiter berichtet, passierte das Unglück kurz nach 16 Uhr am Ende des Zuges, als die Teilnehmer in der Freisinger Straße von ihren Wagen stiegen. Der 21-Jährige saß auf der Brüstung, verlor das Gleichgewicht und fiel vom Wagen. "Er war wohl erkennbar alkoholisiert", sagt Polizeisprecher Björn Scheid. Der Wagen aus Tandern sei wie alle anderen kontrolliert worden. Der Präsident des Indersdorfer Faschingskomitees, das den Zug veranstaltet, wurde per Handy über den Unfall benachrichtigt. "Wir haben uns sofort mit der Polizei zusammengesetzt und entschieden, dass die Veranstaltung nicht abgesagt wird", sagte Präsident Willi Heilmann der SZ. Maßgeblich für die Entscheidung war die Nachricht aus der Klinik, dass der junge Mann außer Lebensgefahr sei. Angesichts von 20 000 Besuchern verlief der Indersdorfer Faschingszug friedlich.

Laut Polizei gab es nur kleinere Reibereien. Die Faschingswagen und ihre Fahrer unterliegen Auflagen des Landratsamts. Demzufolge braucht jede Gruppe eine nüchterne und volljährige Aufsichtsperson. An jedem Wagenrad muss ein Wegbegleiter gehen, die Fahrzeuge brauchen eine Betriebserlaubnis. Wenn Personen auf einem Anhänger transportiert werden, muss der Technische Überwachungsverein (TÜV) ein Gutachten erstellen. Das gilt auch dann, wenn die Fahrzeuge die vorgeschriebenen Höchstmaße überschreiten. "Wir kontrollieren, ob die TÜV-Gutachten vorliegen", sagt Michael Mrosek von der Verkehrsbehörde des Landratsamts. Abgenommen würden die Wagen vom TÜV.

Mehr junge Leute aus der gesamten Region

Der Andrang auf den Faschingsumzug in Vierkirchen etwa ist massiv gestiegen, seitdem in der Großen Kreisstadt Dachau keiner mehr stattfinden darf. Die Organisatoren aus den Reihen der Dachauer Faschingsgesellschaft zogen sich zurück, weil es während des Umzugs mehrere Jahre hintereinander zu Exzessen gekommen war. Die Altstadt war übersät mit Bier- und Schnapsflaschen. Politik und Polizei wollten die zahlreichen Gewaltdelikte und Übergriffe nicht mehr dulden. Im Jahr 2013 beschloss der Stadtrat, die finanzielle Förderung zu stoppen und keinen Umzug mehr zu genehmigen. Schon ein Jahr nach dem Verbot merkten die Vierkirchner Organisatoren des Arbeitskreises Brauchtum, den die Gemeinde unterstützt, dass sich das Publikum veränderte hatte. Es reisten spürbar mehr junge Leute aus der gesamten Region München an.

Die Faschingswagen werden seitdem zusehends gigantischer und erreichen mittlerweile Höhen von teils vier Metern. Und wenn dann noch ein so schönes Wetter dazukommt wie am vergangenen Samstag, dann versammeln sich in der Gemeinde Vierkirchen mit etwa 5000 Einwohnern locker so noch Mal so viele Besucher und Teilnehmer. Am Montag fand bereits eine erste Besprechung unter den Organisatoren einschließlich des Bürgermeisters Harald Dirlenbach (SPD) statt.

"Dunkelgelbe Karte" für Burschen und Mädchen aus Lauterbach

Die Einschätzung durch die Pressesprecherin der Dachauer Polizeiinspektion vom vergangenen Sonntag teilt er: "Es war tatsächlich die Hölle los." Dirlenbach zählte 44 Wagen mit etwa 2000 Teilnehmern. Dazu kommen sicherlich an die 3500 bis 4000 Zuschauer. Mehr geht nicht in Vierkirchen. Aber das Wort "Hölle" will Dirlenbach erst einmal nicht negativ verstanden wissen. "Denn die Stimmung war ausgelassen, aber friedlich. Die Menschen gingen freundlich miteinander um." Da habe er schon "ganz andere Faschingsumzüge mit einem hohen Aggressionspotenzial" erlebt. Er meint ausdrücklich den früheren Umzug durch die Stadt Dachau. Insofern würde er die Schlägereien und Randale vom vergangenen Samstag nicht überbetonen wollen.

Aber der Vierkirchner Bürgermeister registriert mit Sorge, dass nicht mehr die 17- bis 25-Jährigen zu viel Alkohol trinken, sondern die ganz jungen. Besorgt sagt Dirlenbach: "Es sind 14-Jährige dabei. Vor allem sehr viele Mädchen." Wie und ob eine Gemeinde auf einer solchen Entwicklung entgegen wirken kann, sollen weitere Gespräche ergeben. "Von unserer Seite versuchen wir alles, um die Faschingsumzüge unter Kontrolle zu bekommen." Dieses Jahr hätten die Burschen und Mädchen aus Lauterbach "eine dunkelgelbe Karte" erhalten. Sie hatten Geräte dabei, die extrem viel Rauch produzierten und Zuschauer wie auch andere Teilnehmer unangenehm einnebelten. Dirlenbach rechnet damit, dass die Lauterbacher nächstes Jahr nicht teilnehmen dürfen.

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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