Tausende säumten am Wochenende die Straßen in Vierkirchen und Markt Indersdorf, als sich dort die traditionellen Faschingsumzüge in Bewegung setzen. Den Start ins Party-Wochenende machte am Samstag Vierkirchen, wo sich bei zwar wolkenverhangenem Himmel, aber trockenem Wetter Wikinger, römische Legionäre und Hexen trafen, um nach dem Umzug des feuchtfröhlichen Faschingstreibens zu frönen. So lange war der Zug noch nie: 52 Gruppen haben sich nach Angaben von Organisator Hans Kohmann mit 41 Umzugswagen und insgesamt 3000 Teilnehmern angemeldet. Markt Indersdorf setzte am Samstag noch eins drauf: 66 Gruppen und Wägen mit 3700 aktiven Teilnehmenden, und natürlich waren die Regenschauer kein wirkliches Thema.
Pünktlich um 13.30 Uhr setzt sich der Party-Zug am Samstag in Richtung Vierkirchen in Bewegung - mit dabei sind laut Angaben der Polizei circa 7000 Zuschauer und Mitfeiernde. Unter den hämmernden Bässen dutzender Musikanlagen marschieren die Garde-Mädchen des Faschingsverein Fahrenzhausen/Kammerberg vorneweg, gefolgt von ihrem diesjährigen Prinzenpaar Karin I. und Thomas V. Währenddessen sorgt eine Hexengruppe aus Biberbach mit ihren auffälligen Kostümen und einem rauchenden Hexenkessel für ein bisschen Grusel-Stimmung unter den Zuschauern entlang der Umzugsroute. Die Polizei sprach später von einer "insgesamt friedlichen" Veranstaltung, mit einigen Streitereien und alkoholbedingten Ausfällen.
Die Wagenbauer verspotten die Ampel-Politik
Die Faschingswägen stehen heuer oft unter dem Motto der Bauernproteste. Die Wagenbauer solidarisieren sich mit den Forderungen der Landwirte und üben mit ihren teils sehr eindrucksvoll gestalteten Wägen scharfe Kritik an der Politik der Ampel-Regierung. So zeigt die "Puppenkiste Weng" unter der Überschrift "Berliner Kasperletheater" auf ihrem Wagen den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und verschiedene Kabinettsmitglieder als dümmliche Marionetten. Die hinterher marschierenden Fußgruppen sind dazu passend als Kasperle-Figuren verkleidet. Vor allem Politikerinnen und Politiker der Grünen bekommen dabei von den Wengern ordentlich ihr Fett weg.
Auch wenn nicht alle Gruppen ihr Konzept so passend zusammengestellt haben - wer beim Vierkirchener Fasching nach einem unpolitischen Wagen sucht, musste sich gezielt danach umschauen. Der Katholische Burschenverein Bergkirchen zum Beispiel, der feiert am Wochenende einfach unter dem Motto "Titanic". Auf dem handwerklich aufwendig gemachten Holz-Nachbau des berühmten Kreuzfahrtschiffs sind keine politischen Parolen oder Plakate angebracht. Auch der Sportclub Vierkirchen lockert mit seinem Motto "Obstler" den politisch orientierten Faschingszug auf. "Obst schmeckt ... aber erst destilliert" steht auf dem kleinen Wagen des Sportclubs, der von laufenden Orangen, Birnen und Zitronen verfolgt wird.
Für ein Highlight sorgt am Samstag in Vierkirchen der Burschenverein Freinhausen aus dem Landkreis Pfaffenhofen. Unter dem Motto "Absturz Party" ziehen die Freinhausener Narren einen riesigen Kampfjet auf einem Anhänger durch Vierkirchen. Am Steuer des Nachbaus sitzt eine Schaufensterpuppe. Der Jet sorgt bei den vielen großen und kleinen Zuschauern und Zuschauerinnen für große Begeisterung und erntet viel Sonderapplaus.
Als Kostüme wählen viele Faschings-Fans in diesem Jahr natürlich "Barbie". Auch geschlechterübergreifend erfreut sich die Puppe großer Beliebtheit, wie drei Männer aus Pasenbach unter Beweis stellen. Sie haben sich jeweils als eine Barbie-Puppe in der Verpackung verkleidet, Preisschild inklusive. Aber auch altbekannte Klassiker wie Hexen, Schlümpfe, Bibi Blocksberg oder Pipi Langstrumpf werden in diesem Jahr wieder mit großer Liebe zum Detail dargestellt.
Der rote Unimog streikt gleich mal
Der rote Unimog im Après-Ski-Look aus Altomünster macht dem Zeitplan des Faschingsumzugs am Sonntag in Markt Indersdorf gleich zu Anfang einen Strich durch die Rechnung. Der Motor will nicht anspringen. Kurzum wird die Batterie des Nachbarwagens angeschlossen und es kann mit etwas Verspätung losgehen. Trotz grauen Nieselwetters stellt der Faschingsumzug in Markt Indersdorf heuer einen Rekord auf.
Seit 15 Jahren wurden nicht mehr so viele Startnummern vergeben wie dieses Jahr, erzählt Johannes Böller vom Faschingskomitee Indersdorf begeistert. Die Wägen kommen auch nicht ausschließlich aus den benachbarten Gemeinden. Manche von ihnen haben schon ordentlich Strecke hinter sich und kommen aus Allach und sogar aus Pfaffenhofen zum Umzug nach Markt Indersdorf. Die 66 Gruppen und Wägen mit 3700 aktiven Teilnehmern und Teilnehmerinnen marschieren vom Waldfriedhof, vorbei am Pflegezentrum und dem alten Klostergebäude bis hin zum Marktplatz der Gemeinde.
Eine Gruppe Seniorinnen schaut zu, in warme Decken gehüllt
Unter einem Dach, gut vor dem Regen geschützt und mit warmen Decken auf den Knien, sitzen die älteren Herrschaften vor dem Pflegeheim. Sie beobachten das ganze Spektakel und lassen sich von der Gaudi nichts entgehen. Zu sehen gibt es viel, von unpolitischen Glücksbärchis aus Odelzhausen, über scharfe Ampelkritik, wie sie schon in Vierkirchen oft zu sehen war, bis hin zum kleinen Wagen der Brucker Lebensmittelretter. Der wichtigste Partner des Vereins aus Fürstenfeldbruck ist Aldi-Süd. Lebensmittel, die im Supermarkt nicht mehr verkauft werden, gehen zur Tafel. Wenn sie dort nicht gebraucht werden, rettet der Verein die Lebensmittel und verteilt sie über die eigene App an die Mitglieder, erzählt Vereinsmitglied Sabine Kemmet. Hier beim Umzug verteilen sie natürlich auch nur gerettete Süßigkeiten.
Der womöglich größte Wagen des Umzugs kommt aus Pasenbach. Der imposante Trecker ist als die Schnecke Gary aus der Zeichentrickserie "SpongeBob Schwammkopf" verkleidet. Unter dem großen Schneckenhaus ist der Stromerzeuger für die Lautsprecheranlage versteckt, die die Straßen und das Kloster gleich mit beschallt und ordentlich zum Beben bringt. Nicht weniger wichtig für die ausgelassene Stimmung sind natürlich die Belegschaft und die Seifenblasenmaschine oben am Wagen.
Auch beim Umzug in Markt Indersdorf nutzen die meisten Gruppen die Aufmerksamkeit auch, um ein politisches Statement zu setzen. Die Maisbrunner Faschingsnarren zum Beispiel haben einen großen Schlitten aus Pappmasche für die Talfahrt der Ampel-Regierung gebaut. Das Pappmasche löst sich im Nieselregen zwar nach und nach etwas auf, dem polemischen Charakter tut das jedoch keinen Abbruch - im Gegenteil. Manfred und Markus Hechtel haben privat ihren eigenen kleinen Wagen gebaut. Während die beiden gut gelaunt an ihrer eingebauten Bar Schnaps zapfen, schlagen ihre Plakate einen ernsteren Tonfall an. Hier heißt es "Die Ampel ist schuld, dass wir unverschuldet in Not geraten sind!".
Natürlich fliegen, wie es sich an Fasching gehört, auch jede Menge Süßigkeiten durch die Luft. Vorsorglich haben viele Kinder einen großen Eimer für die neuen Vorräte dabei. Als besonders praktisches Werkzeug erweist sich auch der Schirm. Nicht nur genutzt in herkömmlicher Weise als Schutz vor dem stetigen Regen, sondern auch als "Auffang-Tool" für die Bonbons, die darin stets griffbereit sind, im Gegenteil zur herkömmlichen Tüte.