Maibaum:Sagenhafte Stangerl

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Das Aufstellen von Maibäumen geht oftmals mit kuriosen Geschichten einher: Meisterdiebe, Pannen und böse Überraschungen

Von Thomas Hürner

Das Aufstellen von Maibäumen ist eine urbayerische Tradition, ihr Ursprung aber bis heute unklar. Erste Hinweise auf Maibäume gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Ganz so weit reicht der Blick in die Vergangenheit im Landkreis Dachau zwar nicht - aber das ist wohl auch gar nicht notwendig bei all den kuriosen und lustigen Geschichten, die sich in den vergangenen Jahren hier so zugetragen haben. Eine Auswahl:

Der genaue Ursprung der Maibaum-Tradition ist bis heute unklar. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Überraschte Senioren

Katharina Müller ist noch ein bisschen verschlafen, als sie kürzlich an einem Morgen ihr Handy in die Hand nimmt. Die Leiterin des Alloheim-Pflegezentrums in Indersdorf entdeckt eine Whatsapp-Nachricht einer Kollegin, öffnet diese und sieht: Nichts. Oder zumindest weitaus weniger, als sie am Arbeitstag zuvor hinterlassen hatte. Auf dem Bild der Kollegin herrscht große Leere, wo eigentlich ein Maibaum zu erkennen sein sollte. "Das ist bestimmt eine Fotomontage", denkt sich Müller und macht sich auf den Weg in die Arbeit. Dort wird sie von aufgeregten Senioren empfangen, die Müller sogleich das Worst-Case-Szenario übermitteln: Der Maibaum ist weg, wirklich, das ist kein Witz und auch keine Fotomontage. So lange und fleißig hatten die Senioren an diesem gewerkelt, wer macht denn so was?

Die Prittlbacher Buschen waren die Übeltäter, aber böse hatten sie den Diebstahl eigentlich gar nicht gemeint. Zufällig hatten sie den nicht bewachten Maibaum gesehen, nachts zugeschlagen und erst hinterher bemerkt: Mist, das ist der Baum des Pflegeheims. Was tun? Das Diebesgut wurde noch am selben Tag zurückgebracht, bei Bier und Leberkässemmeln zusammen mit den Senioren gescherzt. "Eine Riesengaudi", sagt Müller. Und die Gaudi geht weiter: Die Burschen wollen zum Maibaumfest der Senioren kommen.

Doppelter Maibaumklau

In den Maibäumen im Landkreis stecken viel handwerkliche Sorgfalt und Liebe zum Detail. (Foto: Toni Heigl)

Der Moderator Wolfgang Leikermoser dürfte nicht schlecht gestaunt haben, als er einen Blick in die sozialen Netzwerke warf. "Lieber Leiki", stand da auf Facebook geschrieben, "bevor du am Montag um kurz nach sieben mit Zwiesel verhandelst, miaßn mia uns erstmoi einig wean!!" Auf dem angehängten Bild waren die grinsenden Gesichter der Burschen und Mädels aus Randelsried und Asbach zu sehen. Und den Meisterdieben ist im Jahr 2017 ein wirklich sagenhaftes Kunststück gelungen: Sie klauten einen Maibaum, den Antenne Bayern nur einen Tag zuvor selbst aus dem niederbayerischen Zwiesel ergattert hatte. Der Radiosender hatte den Maibaum auf einem Lagerplatz in Schrobenhausen deponiert, die Randelsrieder und Asbacher Burschen und Mädels davon aber Wind bekommen. Mit 35 Leuten rückten sie an und holten den 25 Meter langen Baum ins Dachauer Land. "Des war woi nix, Antenne Bayern", teilten die Burschen am Ende des Facebook-Posts noch mit. Wohl wahr: Es war das erste Mal, dass es jemandem gelang, dem Radiosender einen Maibaum zu entwenden.

Ungekrönte Meisterdiebe

Apropos Randelsrieder Burschen: Sie sind die wohl ungekrönten Könige des Maibaumklaus. Seit dem Jahr 2000 waren sie stolze 38 Mal erfolgreich auf fremden Terrain unterwegs, das soll ihnen erst mal jemand nachmachen. Was ist das Erfolgsrezept dieser Meisterdiebe? "Das fragen wir uns auch immer", hat der ehemalige Burschenchef Josef Stichmair einmal der SZ Dachau erzählt. "Vielleicht sind wir einfach aktiver als andere. Man muss schon etwas verrückt sein, um sich unter der Woche die Nächte um die Ohren zu schlagen." Bei so viel Ehrgeiz und einer derartigen Bilanz ist es schon erstaunlich, dass die Randelsrieder Burschen in den Jahren 2016, 2013 und 2005 komplett leer ausgingen. Macht aber nix, wenn es Zeiten gibt, in denen es richtig läuft: Im Jahr 2009 ergaunerten die Randelsrieder Burschen stolze sechs Maibäume. An zünftigen Brotzeiten dürfte es da also nicht gemangelt haben.

Die staunenden Blicke der Großberghofener Burschen Christof Lachner, Chrisztian Thätter und Johannes Lerchl sind beim Aufstellen der aufwendigen Eigenkreationen wenig verwunderlich. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Glück im Unglück

Stefan Kolbes (CSU) erster Tag im Amt hätte kaum kurioser verlaufen können. Dem damals neuen Bürgermeister der Gemeinde Karlsfeld wurde im Mai 2008 ein quasi nigelnagelneues Rathaus zur Verfügung gestellt, frisch saniert und umgebaut für 2,7 Millionen Euro. Beim traditionellen Aufstellen des Maibaums gab es jedoch erhebliche Komplikationen, die Karlsfelder Feuerwehr brauchte schweres Gerät, zwei Versuche und jede Menge Zeit. Überdies hatte der Architekt wohl eine Kleinigkeit übersehen: Der neue Treppenhaus- und Fahrstuhlanbau ragte nämlich gefährlich weit in die Falllinie des Maibaumes und wurde prompt touchiert - glücklicherweise ohne sichtbare Folgen für die nagelneue Fassadenverkleidung.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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