Energieversorgung:Bühne frei für Energiegenossenschaft Nummer drei

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Aufsichtsrat (v.l.) sitzend: Michael Reiter (Vorsitzender), Franz Obesser (stellvertretender Vorsitzender), Markus Hertlein, Bernhard Seidenath, Josef Götz und Hans Schweiger (sitzend). In der Mitte sitzend die beiden Genossenschaftsvorsitzenden Christian Wagner und Martin Bednarz. (Foto: Gemeinde Altomünster)

Ab September können Landkreisbewohner Mitglied bei der Bürgerenergiegenossenschaft Dachauer Land werden. Es winken finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten - doch es gibt auch Kritik.

Von Alexandra Vettori, Altomünster

Wenn schon ein Windrad oder ein Solarpark in der Nachbarschaft, dann wenigstens daran mitverdienen. Diese Einsicht lässt landesweit Beteiligungsmodelle an erneuerbarer Energie aus dem Boden sprießen. Im Landkreis Dachau gibt es bereits seit Jahren zwei Energie-Genossenschaften, voraussichtlich im September kommt mit der Bürgerenergiegenossenschaft Dachauer Land die dritte dazu.

Die Initiative dazu hat der Bürgermeister von Altomünster ergriffen. Michael Reiter (Freie Wählergemeinschaft) ist seit 2020 im Amt, die Energiewende und deren Chancen für lokale Akteure sind ihm ein Anliegen. Schließlich war er, bevor er Bürgermeister wurde, Zimmereimeister, Hochbautechniker und Energieberater.

Ein engagiertes Trio packt die Sache an

In seinen Amtskollegen aus den Nachbargemeinden Markt Indersdorf und Hilgertshausen-Tandern fand Reiter schnell Mitstreiter. Zu den Gründen, warum es ausgerechnet diese drei Gemeinden waren, sagt Reiter: "Wir haben irgendwann festgestellt, dass wir ähnlich rasch ticken." Dass hier eine ganze Reihe Freiflächen-Photovoltaikprojekte in Planung sind, hat sein Übriges getan.

22 Gründungsmitglieder haben dann im März in Altomünster die Bürgerenergiegenossenschaft Dachauer Land gegründet, darunter nicht nur die Bürgermeister Markus Hertlein (Hilgertshausen-Tandern), Franz Obesser (Markt Indersdorf) und Michael Reiter, sondern auch geschäftsleitende Beamte und die drei Kommunen selbst. Aufsichtsratsvorsitzender wurde Reiter, Stellvertreter ist Franz Obesser (CSU). Im Aufsichtsrat sitzen auch der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath, Josef Götz, Biogasproduzent aus Markt Indersdorf und Hans Schweiger, Freiflächen-Photovoltaikbetreiber aus Altomünster. Als Vorsitzende bestimmte man Martin Bednarz, Hochschulprofessor aus Tandern, und den Unternehmer Christian Wagner.

Windräder und Solarparks sollen gebaut werden

Erklärtes Ziel ist es, Windräder, Photovoltaik- und Biogasanlagen im Landkreis zu bauen und zu betreiben, um Strom und auch Fernwärme zu erzeugen. Dass die Genossenschaft Breitenwirkung haben wird, davon ist Reiter überzeugt: "Es werden sich andere Kommunen aus dem Landkreis anschließen." Schließlich habe eine Zusammenarbeit von Genossenschaft und Gemeinden für beide Seiten Vorteile: Für die Kommunen ist eine monetäre Bürgerbeteiligung rechtlich nicht machbar, und die Genossenschaft kommt ohne Gemeinden nicht so leicht an Flächen.

Vorsitzender Martin Bednarz begründet die Gründung ohne große Öffentlichkeit damit, dass es noch Monate dauere, bis Anteile gezeichnet werden könnten. Der Hochschuldozent für Fertigungsverfahren und Gemeinderat von Hilgertshausen-Tandern ist ein Verfechter des Genossenschaftsgedankens in der Energiewirtschaft: "Meiner Ansicht nach ist das die beste Art, wenn man die Energiewende von unten nach oben gestalten will und das Feld nicht den Großkonzernen und Lobbyisten überlasst."

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Dass sich genug Mitglieder und Geldgeber für Projekte finden, davon ist Bednarz überzeugt. "Allein in den drei Gründungsgemeinden haben wir 25 000 Einwohner, da kriegt man schon ein großes Projekt finanziert. Und selbstverständlich können alle aus dem Landkreis Mitglieder werden." Für 100 Euro ist eine Mitgliedschaft zu haben, die maximale Einlage sind 50 Anteile, also 5000 Euro. Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft hat jedes Mitglied aber nur eine Stimme, unabhängig von der Zahl der Anteile. Die Beteiligung an Projekten kommt im zweiten Schritt.

Die bestehenden Energiegenossenschaften im Landkreis beurteilen die Gründung unterschiedlich. Wolfgang Nold, der Vorsitzende der Hapevi sieht sie positiv - Hapevi steht für: Haimhausen, Petershausen und Vierkirchen, die drei Gründungs-Gemeinden. Er hofft, dass dadurch mehr Kommunen aktiver werden und die Bürger mehr von der Energiewende profitieren. Die Hapevi gibt es seit 2014, sie hat knapp 200 Mitglieder und betreibt Photovoltaikanlagen, darunter Mieterstrom-Projekte in Petershausen, Dachau, Schwabhausen und Haimhausen.

Eine große Genossenschaft wäre besser

Kritisch dagegen äußert sich der Vorsitzende von Bürgerstrom Dachau, Michael Eisenmann, gleichzeitig Stadtrat vom Bündnis für Dachau: "Eigentlich ist eine starke Genossenschaft im Landkreis besser als mehrere kleine, denn eine starke Genossenschaft bündelt das Geld und hat mehr Schlagkraft." Konkurrenz sei nicht das Thema, "aber man kann als Großer mehr machen, weil man zum Beispiel eine hauptamtliche Verwaltung hat".

Eisenmann erzählt, dass die Genossenschaft Bürgerstrom Dachau in der Vergangenheit allzu oft in Rathäusern und im Landratsamt abgeblitzt sei, wenn sie Photovoltaik-Anlagen auf kommunalen Dächern vorschlug. "Das liegt auch an der Eigenbrödelei der Gemeinden, die lieber Kommunalunternehmen gründen und beauftragen", vermutet er. Die Bürgerstrom Dachau hat rund 80 Mitglieder, es gibt sie seit 2011. Entstanden ist sie aus dem Dachauer Bürgentscheid gegen eine Investition der Stadtwerke in Kohlestrom im Jahr 2010. "Weil wir auch für etwas sein wollten, haben wir die Genossenschaft gegründet", so Eisenmann, "aber die Politik hat das offenbar nicht so gut gefunden". Für die neue Genossenschaft hofft er, dass ihr die Zusammenarbeit mit den Kommunen besser gelingt.

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