Kreisausschuss:Kostenlose Menstruationsartikel? Nein, danke!

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Kostenlose Menstruationsartikel? Nicht für die Mitarbeitenden des Landratsamts! (Foto: Susanne Kürth/imago images/Shotshop)

Die Grünen fordern Tampons und Binden in öffentlichen Gebäuden des Landkreises. Doch da haben sie die Rechnung ohne die konservativen Damen von CSU und Freien Wählern gemacht.

Glosse von Jacqueline Lang, Dachau

In Schottland müssen seit 2022 in städtischen Einrichtungen und Bildungseinrichtungen Menstruationsartikel kostenfrei zur Verfügung stehen, an französischen Universitäten gibt es bereits seit 2021 Tampons und Binden gratis und auch in den Toiletten einiger Landkreisschulen hängen, angestoßen durch den Jugendkreistag, neuerdings Spender mit Hygieneprodukten. Doch wer nun dachte, ein Antrag der Grünen, der die kostenlose Ausgabe von ebensolchen Artikeln nicht nur an Schulen, sondern auch in öffentlichen Gebäuden des Landkreises fordert, wäre damit reine Formsache, wurde in der jüngsten Kreisausschusssitzung schnell eines Besseren belehrt.

Aus einer Beschlussvorlage der Verwaltung geht hervor, dass es ganze 36 Damentoiletten in Landkreisgebäuden gibt - die 95 Schülerinnentoiletten sowie die ganzen Herrentoiletten noch nicht einmal mitgezählt. Eine Zahl, die Landrat Stefan Löwl (CSU) zu der Aussage veranlasste, er habe gar nicht gewusst, "wie viele Toiletten wir haben" - und er wolle mal klarstellen, dass das Landratsamt keine "Sozialbehörde" sei. Auch deshalb empfiehlt die Verwaltung, keine weiteren Spender anzubringen. Kostenlos für die einen bedeutet schließlich teuer für die anderen.

Sabrina Spallek (Grüne) war um einen Kompromiss bemüht, indem sie vorschlug, man könnte doch zunächst wenigstens einmal 14 Spender anbringen im Landrats- und im Gesundheitsamt und dann schauen, wie groß die Nachfrage sei. Doch mit diesem Vorschlag zur Güte hatte sie die Rechnung ohne die Kreisrätinnen Elisabeth Glas (FW), Emmi Westermeier und Stephanie Burgmaier (CSU) gemacht: Ihres Wissens nach sei es noch nie ein Problem gewesen, dass eine erwachsene Frau sich um ihre eigene Körperhygiene kümmert, polterte Glas. Ein Ausbruch, der besonders deshalb erstaunte, weil man die Stimme der Kreisrätin im Gremium bislang nur selten vernommen hatte. Der vermeintlich unsägliche Antrag der Grünen, er schien einen konservativen Nerv getroffen zu haben.

Das konservative Frauenlager plädiert auf Eigenverantwortlichkeit

Auch Westermeier plädierte entschieden dafür, dass sich doch bitte jede Frau selbst um ihre Tampons kümmern sollte und erklärte wenig ängstlich klingend, dass sie selbst sogar Angst hätte, Produkte aus etwaigen Spendern zu entnehmen, gebe es doch allerlei Menschen mit "perversen Gedanken" die Schindluder damit treiben könnten. Burgmaier, in der Vergangenheit oft als progressiv - und das nicht nur für CSU-Verhältnisse - aufgefallen, konnte nicht einmal an der Idee, Spender an Schulen aufzustellen, Gefallen finden: In ihrer Gemeinde gebe es nicht mal Klopapier auf den Toiletten, weil so viel Unfug damit getrieben werde - da könne man sich ja vorstellen, wie das erst mit Tampons und Binden wäre.

Im Notfall, so Burgmaier, ihres Zeichens neuerdings übrigens CSU-Bezirkstagskandidatin, habe es an den Schulen schon vor der Idee mit den Spendern auf Nachfrage kostenlose Menstruationsartikel gegeben, man solle die Organisation einer solchen Ausgabe deshalb auch weiterhin der Verantwortung der Schulen belassen. Den drei Frauen war es augenscheinlich sehr ernst mit dem von ihnen geäußerten Unmut, Peter Strauch (CSU) indes kalkulierte die Lacher bereits ein, als er fragte, ob diese Zuwendungen nicht am Ende gar steuerlich relevant seien. Einig waren sie sich alle aber ganz offensichtlich in einem: Kostenlose Periodenprodukte? Nein, danke!

Letztlich waren es mit Landrat Löwl und Arthur Stein dann zwei mittelalte weiße Männer, die einerseits darum baten, das Thema doch bitte nicht ins Lächerliche zu ziehen und andererseits erklärten, dass die Gremiumsmitglieder nun wirklich nicht die "Wahnsinnstypen" seien, wenn sie für den Antrag stimmten, anderswo seien kostenfreie Menstruationsartikel doch längst Standard. Vergeblich, die Grünen zogen ihren Antrag auf Anraten schließlich ganz zurück, das Landratsamt will nun erst mal den Bedarf bei der Belegschaft abfragen. Ergo: Die Spender dürften vom Tisch sein.

Und die Moral von der Geschicht'? Eine Frau muss nicht automatisch eine Feministin sein. Von Periodenarmut scheint man im Landkreis noch nie gehört zu haben, ebenso wenig davon, dass auch Menschen, die nicht als Frauen gelesen werden, menstruieren können. Und: Der Wahlkampf hat längst begonnen.

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