Kommentar:Absolutismus im Rathaus

Dachaus Stadträte werden von Oberbürgermeister Peter Bürgel und der Stadtverwaltung häufig zu wenig oder zu spät informiert. Das zeigt einmal mehr das Debakel um die Klosterschulplanung.

Walter Gierlich

Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung am Dienstag eine schallende Ohrfeige verpasst, weil sie das Parlament in den Verhandlungen über Euro-Rettungsschirme nicht ausreichend informiert, in Entscheidungsprozesse nicht einbezogen und letztlich vor vollendete Tatsachen gestellt hat. Den Dachauer Stadträten müssen bei der Urteilsverkündung die Ohren geklungen haben, denn auch sie werden von Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) und der Stadtverwaltung häufig zu wenig oder zu spät informiert und oft unter Zeitdruck gedrängt, längst behördenintern gefasste Entscheidungen nur noch abzunicken. Nun stimmt es zwar, dass ein Stadtrat juristisch kein Parlament ist, sondern ebenfalls Teil der Verwaltung. Der Stadtrat ist aber das demokratisch legitimierte, oberste Entscheidungsgremium der kommunalen Verwaltung, das den Beamten und Angestellten im Rathaus, aber auch dem Oberbürgermeister, vorgibt, was sie zu tun haben.

Doch bisweilen setzen die sich einfach über Beschlüsse der gewählten Stadträte hinweg, wie es im Fall der geplanten Erweiterung samt Turnhalle für die Klosterschule auf dem alten Metzgerhof am Montag im Bauausschuss ans Licht gekommen ist. Auf dem Areal an der Burgfriedenstraße befindet sich seit 2005 die Kultkneipe "Café Gramsci", für deren Erhaltung sich Musiker aus der ganzen Welt eingesetzt haben, die dort einmal aufgetreten sind. Der Bauausschuss hatte daher im vergangenen Jahr beschlossen, dass mit Hilfe einer Machbarkeitsstudie geprüft werden sollte, ob das "Gramsci" trotz Turnhallenbaus erhalten bleiben könnte. Doch im Rathaus setzte man sich selbstherrlich über diesen Beschluss hinweg. Da würde man sich ein Verfassungsgericht wünschen, das dem OB und seinen Amtsleitern in so einem Fall auch mal eine Ohrfeige verpasst. (Seite 3)

© SZ vom 21.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: