Karlsfeld:Doch unten durch?

Lesezeit: 3 min

Eigentlich war das Thema schon erledigt, nun gibt es wieder die Chance auf einen Tunnel, der den Verkehr der B 304 unterirdisch durch Karlsfeld führen soll.

Gregor Schiegl

Schon jetzt gibt es ständig Stau auf der Münchner Straße in Karlsfeld. Doch die Einwohnerzahl im Landkreis wird weiter steigen, noch mehr Autos drängen auf die Straßen. Also warum nicht den Durchgangsverkehr einfach unter die Straße verbannen? (Foto: joergensen.com)

- Die Idee ist schon mehr als 20 Jahre alt und war eigentlich schon längst wieder als Utopie verworfen worden: Ein Tunnel, der die Verkehrsmassen, die sich derzeit auf der Bundesstraße 304 durch den Ort wälzen, aufnimmt und unter der Gemeinde Karlsfeld hindurchführt. Doch jetzt gibt es doch wieder eine Chance auf den Tunnel. Auf Wunsch der Gemeinde wird das Staatliche Bauamt eine Machbarkeitsstudie zu dem Tunnel in Auftrag geben und dem Gemeinderat eine "Vorzugsvariante" vorlegen. Sollte der Gemeinderat den Bau beantragen, könnte der Tunnel 2015 in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden.

2002 war der Tunnel aus dem Plan gestrichen worden, weil der Bund die B 304 zur Staatsstraße herabstufen wollte. Der Freistaat weigerte sich jedoch, die Straße und damit auch die Kosten für den Unterhalt zu übernehmen. Nach langem Hin und Her hat der Bund nun doch akzeptiert, dass die Straße in seiner Zuständigkeit bleibt - und damit auch in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird.

Ein Beschluss des Gemeinderats, die Pläne für den Tunnel weiterzuverfolgen, steht zwar noch aus. Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) signalisierte aber, dass er das Projekt auf alle Fälle näher untersuchen wolle. "Das ist das Mindeste, was wir tun können", sagte er. "Sollte herauskommen, dass der Tunnel nicht machbar ist, haben wir wenigstens ausführlich geprüft, ob er sinnvoll ist oder nicht." Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) habe ihm jedenfalls zugesichert, Entlastungsmaßnahmen zu unterstützen, sofern sie "sinnvoll, realisierbar und finanzierbar" seien, sagte Bürgermeister Kolbe.

Umweltreferentin Mechthild Hofner äußerte sich "skeptisch". SPD-Fraktionssprecher Reinhard Pobel fand die Aussagen von Baubehörde und Minister sehr unverbindlich: "Wir haben konkret nichts erreicht." Nicht so pessimistisch war seine Fraktionskollegin Hiltraud Schmidt-Kroll, die in den 1990er Jahren Mitbegründerin der Bürgerinitiative Kartun (kurz für: Karlsfelder Tunnel) war: "Wir sollten nicht gleich den Mut verlieren. Damals sind wir mit dem Tunnel in den Bundesverkehrswegeplan gekommen. Warum sollten wir das jetzt nicht wieder schaffen?"

Wie so ein Tunnel aussehen könnte, hat das Münchner Straßenbauamt bereits in einer Untersuchung aus dem Jahr 1995 in drei Varianten skizziert. Die kleine Lösung sah nördlich der Allacher Straße einen 200 Meter langer Tunnel vor. Eine Alternative wäre ein 400-Meter-Tunnel zwischen Gartenstraße und Allacher Straße - oder aber die große Lösung, ein 1275-Meter-Tunnel, der den Karlsfelder Durchgangsverkehr fast komplett unter die Straße verlegt. Die veranschlagten Baukosten lagen damals zwischen 24 und 94 Millionen Mark. Heute dürften sie erheblich höher liegen.

Allerdings ist auch der Leidensdruck gewachsen. Über Teile der Durchgangsstraße rollen mittlerweile täglich 40 000 Fahrzeuge - mehr als über irgendeine andere innerörtliche Straße im Landkreis. Die Gemeinde versucht deshalb über eine groß angelegte Verkehrsuntersuchung Erkenntnisse über die Pendlerströme durch die Gemeinde zu gewinnen und mit diesen Daten ihre Forderungen zu untermauern. Verkehrsreferent Bernd Wanka (CSU) bewusst martialisch: "Wir bewaffnen uns."

Und die Erfahrungen zeigen, wie sinnvoll das ist: Auf Grundlage der letzten Verkehrszählung 2010 prüft das Staatliche Bauamt bereits, welche Anlieger an der Münchner Straße Zuschüsse für Lärmschutzmaßnahmen wie Schallschutzfenster beantragen können, weil die gesetzlichen Lärmgrenzwerte bei ihnen überschritten sind. Andreas Froschmayer, selbst Anwohner, zeigte sich erfreut und sprach von einem "guten Signal für die Bürger".

Das Bauamt prüft derzeit auch, ob an der B 304 nicht Dünnschichtbeläge aufgebracht werden können, die den Lärm um bis zu vier Dezibel senken könnten. Allerdings ist damit allenfalls mittelfristig zu rechnen. Aus Sicht des Bauamts ist der Straßenbelag in gutem Zustand; eine Sanierung steht derzeit also nicht an.

Eine Verbesserung scheint es bei der Schadstoffbelastung an der Münchner Straße zu geben. Die Feinstaubbelastung ging nach Berechnungen des Landesamts für Umweltschutz im Vergleich zum Messzeitraum 2006/07 von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft auf 26 zurück, das gesundheitsschädigende Stickstoffdioxid von 59 auf 40 und bleibt damit gerade so im gesetzlich erlaubten Bereich. Eine am Mittwoch gestartete einjährige Messung an der Münchner Straße soll zeigen, ob die Werte sich tatsächlich so verbessert haben wie im Rechenmodell.

© SZ vom 15.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: