Inklusion:BLSV-Ehrenamtspreis für Peter Demmelmayr

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Die Dachauer Aquaball-Mannschaft "Bunnyhunters" verdankt ihren Erfolg vor allem einem Mann: Trainer Peter Demmelmayr. (Foto: Toni Heigl)

Der Dachauer Aquaballer ist von der bayerischen Sozialministerin Kerstin Schreyer für seine Verdienste um die Inklusion ausgezeichnet worden. In seinen gemischten Teams spielen auch Sportler mit Handicap

Von Lina Brückner, Dachau

Ein Schwimmbecken, einige Köpfe ragen aus dem Wasser, dazwischen fliegt ein Ball hin und her. Auf den ersten Blick sieht das, was man auf den Fotos erkennen kann, nach Wasserball aus. Doch das Becken ist nur brusttief, die Tore sind aufblasbar, und auch von der Brutalität, die beim Wasserball oft herrscht, ist nichts zu sehen. Denn statt Wasserball wird in Dachau Aquaball gespielt. Und dass Männer und Frauen gemeinsam in einem Team spielen, ist nicht der einzige inklusive Aspekt an der noch unbekannten Sportart, die 1995 vom Deutschen Schwimmverband geschaffen wurde. Inklusion und Sport werden beim SV Dachau umfangreich kombiniert, dafür sorgt Peter Demmelmayr, der selbst begeisterter Aquaballer ist. Für sein Engagement wurde der Abteilungsleiter und Schwimmtrainer nun von der bayerischen Sozialministerin Kerstin Schreyer persönlich mit dem BLSV-Ehrenamtspreis Inklusion ausgezeichnet.

Seit 1994 engagiert sich Peter Demmelmayr beim SV Dachau als Schwimmtrainer und beim Babyschwimmen. Die Freizeitsportart Aquaball hat er vor 22 Jahren bei der Jubiläumsfeier eines Hallenbads entdeckt. Dabei sei er dem Sport sofort verfallen, besonders fasziniere ihn "das Gesamtpaket". "Es hat mich in den Bann gezogen und nicht mehr losgelassen", erzählt Demmelmayr alias "Mister Aquaball". Heute betreut er als Abteilungsleiter 97 Aquaballer, die in sechs Teams trainieren. Mit seiner eigenen Mannschaft konnte Demmelmayr bereits vier deutsche und sechs bayerische Meistertitel gewinnen. Daneben ist er für seine Sportart Sachbearbeiter beim Bayerischen Schwimmverband, vertritt sie als Referent für den Bezirk Oberbayern, kümmert sich um das Regelwerk, die Aus- und Fortbildung der Schiedsrichter und die Deutschen Meisterschaften im Aquaball.

Vor ein paar Jahren hat Demmelmayr einmal mitprotokolliert, wie viel Zeit er für sein Ehrenamt aufwendet. Auf 800 Stunden pro Jahr ist er dabei gekommen - gezählt hat er seitdem nie wieder. Doch ausgezeichnet wurde Demmelmayr, weil sich hinter seiner Arbeit noch viel mehr verbirgt. Behinderte Menschen beim Aquaball zu integrieren, sei ursprünglich eine "Biertischidee" gewesen, erinnert er sich heute. Vor neun Jahren nahmen die Aquaballer des SV bewusst behinderte Menschen in ihre Teams auf, nachdem sie bereits gute Erfahrungen mit Spastikern gemacht hatten. 2012 hat Demmelmayr mit anderen Aquaballern bei den nationalen Special Olympics, Wettkämpfe, die den inklusiven Sport mit Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung fördern, in der Olympiahalle das Rahmenprogramm für die Wettkämpfe gestaltet. "Bereits in den ersten fünf Minuten" habe er gemerkt, dass Inklusion beim Aquaball funktionieren kann. Denn das Spiel, an dem sich jeder Interessierte beteiligen durfte, kam so gut bei den Athleten an, dass die Schwimmer ihren Staffelstart verpassten. Obwohl der Deutsche Schwimmverband die Sportart wieder "zum Sterben geschickt" habe, wie Demmelmayr sagt, ging er seiner Leidenschaft weiterhin ohne offiziellen Auftrag nach. Heute meint er, im Laufe der Zeit sei Aquaball sein "Kind geworden", dessen Entwicklung er gespannt beobachte und die er sogar in einem eigenen Handbuch festgehalten habe. Was ihn nerve, sei allerdings die zunehmende Ablehnung durch die Wasserballer, die sich vor einer aufkommenden Konkurrenz fürchteten. Denn Aquaball, wo es nicht so hart zugeht, macht jedem Spaß: "Alle Leute, die es bisher versucht haben, fanden es ziemlich cool", sagt Demmelmayr. Laut dem Aquaballer ist lediglich etwas mehr Bekanntheit das, was dem Freizeitsport noch fehlt.

Peter Demmelmayr (mitte) vom Schwimmverein Dachau freut sich über den Ehrenamtspreis Inklusion des Bayerischen Landes-Sportverbands. In die relativ junge Sportart Aquaball können sich auch Sportler mit Handicap gut einbringen. (Foto: BLSV)

Aquaball lässt sich durch zwei wesentliche Merkmale vom Wasserball unterscheiden: "Erstens: Wir sind fair. Zweitens: Wir können stehen", erklärt Peter Demmelmayr. Dadurch können auch Anfänger und schlechte Schwimmer sofort ins Spiel einsteigen. Aufgrund eben dieser Unterschiede eignet sich die Sportart gut für die Inklusion von behinderten Menschen. Auch müssen immer drei der vier Spieler pro Mannschaft den Ball bekommen, bevor ein Torwurf zählt. Demmelmayr meint: "In anderen Sportarten will Inklusion nicht wirklich gelebt werden." Er fragt sich: "Warum denn nicht? Die Leute haben es verdient, dass man sich um sie kümmert, sie wollen gleich behandelt werden." Dabei sei es wichtig, sich individuell mit den Personen auseinanderzusetzen, denn geistig behinderte Menschen sind - wie alle anderen auch - unterschiedlich. Ein behinderter Spieler aus dem Verein sei sogar so stabil, dass er eine eigene Gruppe leiten könne, erzählt Demmelmayr stolz. Der Preis, mit dem er nun ausgezeichnet wurde, habe seinen Nutzen "nicht für die Leute, sondern um die Idee nach außen zu tragen". Zwar würde Demmelmayr sich auch ohne eine solche Auszeichnungen engagieren, trotzdem sei es für ihn eine große Ehre, dass er als einziger der Ehrenamtlichen höchstpersönlich von der Sozialministerin ausgezeichnet wurde: "Die fand das anscheinend ziemlich cool."

Besonders viel Spaß mache ihm sein Ehrenamt, da die Menschen, mit denen er arbeitet, sofort ihr Herz öffneten und meist positives Feedback zu den Trainings und Turnieren gäben. Durch sein Engagement und seine Erfahrungen gewinnt Peter Demmelmayr einen anderen Blick darauf, wie die Gesellschaft mit Menschen umgeht. "Für mich sind das spezielle oder besondere Leute, von denen man lernen kann. Ich hasse dieses Wort: Behinderung".

© SZ vom 06.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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