Volkstanz:"Kocherlball im Kleinformat"

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Die heute bestbesuchte Münchner Volkstanzveranstaltung begann im 19. Jahrhundert als Treffen von Hausangestellten. Nun soll ein Kocherlball erstmalig auch in Hebertshausen stattfinden. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Erstmals findet die Veranstaltung ab 4 Uhr morgens in Hebertshausen statt. Bürgermeister Richard Reischl (CSU) will sich damit bei Ehrenamtlichen bedanken und erklärt, welche Tanzfähigkeiten die Besucher mitbringen sollten.

Interview von Anna Schwarz, Hebertshausen

Um 1880 hatten Hausangestellte nicht viel Freizeit. Deshalb trafen sich die Bediensteten schon im Morgengrauen, um vor der täglichen Arbeit zu tanzen und zu feiern. Bis zu 8000 Dienstmädchen, Hausdiener, Soldaten, Köchinnen und Köche - genannt Kocherl - schwangen damals ihr Tanzbein beim Kocherlball am Chinesischen Turm. Doch wegen angeblicher "mangelnder Sittlichkeit" wurde der Ball 1904 verboten. Erst 1989 wurde die Tradition wieder aufgenommen, zur 200-Jahr-Feier des Englischen Gartens. Heuer findet der Kocherlball am 16. Juli statt, das Kleinformat in Hebertshausen ist etwas früher dran: Schon am Sonntag, 2. Juli, ab 4 Uhr morgens kann hier das Tanzbein geschwungen werden. Welche Tanzfähigkeiten dafür nötig sind und wie die Idee dazu entstand, erklärt Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU) im Interview.

SZ: Herr Reischl, am Sonntag findet der erste Kocherlball auf dem Pfarrplatz in Hebertshausen statt. Wie kam es dazu?

Richard Reischl: Als Gemeinde wollen wir uns jedes Jahr mit einer Veranstaltung bei unseren Ehrenamtlichen bedanken. In den letzten Jahren haben wir dafür ein Open-Air-Theater im Schloss Unterweilbach organisiert oder den Kabarettisten Bruno Jonas eingeladen. Heuer haben wir uns für den Kocherlball entschieden, denn ich war selbst schon öfter dort und fand die Atmosphäre im Englischen Garten immer sehr schön.

Aber in Hebertshausen wird es eher ein Kocherlball im Kleinformat: Wir haben Freikarten an circa 200 Ehrenamtliche verteilt, unter anderem an Schulweghelfer und Gemeinderäte. Insgesamt rechnen wir mit circa 400 Besuchern - beim Münchner Kocherlball sind es schon mal bis zu 15 000.

200 Ehrenamtliche der Gemeinde haben Freikarten für den Hebertshausener Kocherlball bekommen, sagt Bürgermeister Richard Reischl. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Ball beginnt schon um vier Uhr morgens. Wie ist der Ablauf geplant?

Bevor es um sechs Uhr mit dem Tanzen losgeht, beginnt der Morgen gemütlich. Der Kocherlball ist ja eine Mischung aus Waldfest und Biergarten. Deshalb dürfen die Besucher ihre eigenen Speisen mitnehmen, in München haben einige auch ihre Tischdecken, Kerzenständer und Laternen dabei. Auf dem Pfarrplatz stellen wir Sonnenschirme, Tische und Bänke auf, aber man darf sich mit seiner Picknickdecke auch auf den zwei benachbarten Wiesen ausbreiten. Außerdem kümmern sich die Burschenvereine Prittlbach und Hebertshausen, die Nachbarschaftshilfe und der Mike-Thiel-Fanclub um die Bewirtung und bieten zum Beispiel Brotzeitplatten, Obatzdn oder Schmalzbrote an. Dazu spielt die Kapelle Quetschnblech aus Vilsbiburg.

Wie viel Erfahrung braucht es, um mittanzen zu können?

Eigentlich gar keine. Denn unsere Tanzmeisterin Vroni Schweikel sagt per Mikrofon durch, ob jetzt Polka, Zwiefacher oder Française getanzt wird und gibt genaue Anweisungen, ob zum Beispiel nach links oder rechts rum geschwungen wird - sonst wären wohl viele überfordert. Man kann jederzeit mittanzen, ohne Kenntnisse in dieser Richtung.

Gibt es einen Dresscode?

Nein. Aber ich denke es werden viele in Tracht kommen und ein paar wenige vielleicht auch in Kleidern aus der Biedermeier-Zeit. Das Ende ist gegen 11 Uhr geplant, aber wir können spontan auch eine Stunde verlängern.

Die Ball-Karten für zehn Euro sind am Donnerstag von 14 bis 18 Uhr im Bürgerbüro des Rathauses erhältlich.

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