Haimhausens Bürgermeisterkandidaten:Werbung in eigener Sache

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Mehr als 300 Besucher verschaffen sich auf der Podiumsdiskussion der SPD einen ersten Eindruck von den Zielen der drei Haimhausener Bürgermeisterkandidaten

Von Rudi Kanamüller, Haimhausen

Die Gewinner und Nutznießer dieses Donnerstagabends sind die Bürger Haimhausens und der örtliche SPD-Ortsverein. Die Bürger, weil sie in Grundzügen erfahren haben, was der oder die nächste Bürgermeister/in anpacken will oder auch nicht. Die SPD, weil es ihr gelungen ist, mit ihrer Veranstaltung mehr als 300 Menschen für die Kommunalpolitik zu interessieren. Mit dem positiven Nebeneffekt, (Wahl)Werbung in eigener Sache zu betreiben. Michael Kausch, langjähriger Vorsitzender Haimhauser SPD und Marcel Enzweiler, Sprecher des Ortsvereins, moderierten die "Tour d'orizon" in der Aula der Grund- und Mittelschule.

Zu Wort kamen: Peter Felbermeier, Michael Kausch, Sabrina Spallek, Marcel Enzweiler und Detlef Wiese (v. li.) (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die wichtigste Herausforderung für die Zukunft, so Amtsinhaber Peter Felbermeier (CSU), sei für ihn die Digitalisierung. Beispielhaft nannte er den Glasfaserausbau in Haimhausen. Dazu gehöre ein freies Wlan und ein "digitales Rathaus" mit einer 24-stündigen Erreichbarkeit. Außerdem die Ansiedlung von Gewerbe ("wir wollen kein emittierendes, sondern ein leises Gewerbe"), stabile Finanzen, Verringerung des Verkehrs. Felbermeier forderte den "Schulterschluss" mit den Landwirten ("sie sind unsere Umweltschützer") wie den Bau von Radwegen und günstigen Wohnungen ("wird ein zentrales Thema"). Als "offenes Herz" der Gemeinde bezeichnete er das Gelände der Brauerei Haniel, die schließen wird.

Sabrina Spallek (Grüne), die gelernte Kfz-Mechanikerin und examinierte Physiotherapeutin, sagt, Haimhausen brauche in der nächsten Wahlperiode vor allem "Mut und Engagement". Dazu gehöre nicht nur der Ausbau von Radwegen, sondern auch eine belebte Ortsmitte, inklusive Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf. "Haimhausen soll ein Ort sein, an dem man gerne lebt und gerne alt wird. Weil wir eine Gemeinschaft sind und zusammenhalten", sagt sie. Und in Anspielung auf die Bürgermeisterwahl von vor sechs Jahren, als Peter Felbermeier einziger Bewerber war: "Ich bin da, damit Sie eine Wahl haben. Eine echte Wahl. Ein Kreuz kann viel bewegen."

Detlef Wiese (56), Mitgründer des Asylhelferkreises, ist Medienunternehmer und möchte "das Unternehmen Haimhausen übernehmen". Sein zentrales Anliegen ist das Herstellen von "mehr Transparenz" und die Schaffung eines "kultivierten Dialogs" im Gemeinderat. Die Bürger müssten Entscheidungen des Gemeinderats nachvollziehen können. Außerdem plädiert Wiese für die Erstellung einer übergeordneten Ortsentwicklungsplanung, wo man bei uns leider nichts finde. Wiese: "Der Ort soll sich zum Besseren weiter entwickeln." Dazu gehöre auch, dass die alt eingesessenen Bürger, die neu Zugezogenen und die Bavarian International School zusammenrücken. "Das alles läuft ein bisschen nebenher." Hier müsse die Gemeinde eine "pro-aktive Rolle" übernehmen.

Ortsentwicklung

Beim Thema Ortsentwicklung plädiert Sabrina Spallek (Grüne) für "kreative Lösungen" und ein nachhaltiges Bauen. Vor der Ausweisung neuer Baugebiete solle ihrer Ansicht nach "nachverdichtet" werden. "Ortsentwicklung braucht eine Strategie." Eine zentrale Ortsmitte werde Haimhausen aufgrund des Charakters als Straßendorf nicht bekommen können, meinte Felbermeier. "Aber wir können Plätze schaffen." Eigenständig agieren könne die Kommune aber nur dann, wenn sie selbst über die entsprechenden Grundstücke verfüge. Denn "wir können nicht über fremdes Eigentum verfügen". Gegen ein "Auseinanderfransen des Ortes" und für einen "vitalen Ort" warb Detlef Wiese.

Bezahlbares Wohnen

Zu Sabrina Spalleks Forderungen gehört bezahlbares Wohnen. 50 Prozent des Einkommens für Miete zu zahlen, das könne es nicht sein. Als Lösung schlägt sie Mehrgenerationenhäuser und genossenschaftliches Wohnen vor. Bürgermeister Felbermeier entgegnet, bezahlbarer Wohnraum sei "kein Phänomen Haimhausens". Außerdem könne man dies nur realisieren, "wenn man vorher Grund günstig einkaufen kann". Felbermeier verweist auf das neue Baugebiet am Schrammerweg wo 30 Wohnungen, davon zwölf als Eigentumswohnungen, entstehen werden. Der Genossenschaftsidee erteilte Felbermeier eine Absage. Er bringt aber Erbpachtlösungen ins Spiel. Und eine bittere Wahrheit: "Wir werden es nicht für jedes Portemonnaie schaffen." Das gefällt Detlef Wiese nicht: "Es kommt mir so vor", sprach er Felbermeier an, "als würde erst jetzt auffallen, dass wir günstigen Wohnraum brauchen."

Kinder- und Jugendarbeit

Weiteres Thema war der Ausbau der Kinder- und Jugendarbeit. Detlef Wiese plädiert dafür, den Haushalt der Gemeinde zu verbessern, "damit wir uns das leisten können". Sabrina Spallek fordert dagegen: Die Jugend brauche einen Raum zum Treffen zum Feiern. Und berufstätige Eltern brauchten ihrer Ansicht nach "Wahlfreiheit bei der Mittagsbetreuung". Bürgermeister Peter Felbermeier argumentierte, wonach seit 2008 in der Kinder- und Jugendarbeit noch nie so viel passiert sei wie jetzt. Ein Problem sei allerdings der Personalmangel.

Verkehrsentwicklung

Beim Thema Verkehr, so Felbermeier, sei nicht der Ziel- und Quellverkehr "unsere Herausforderung, sondern der Pendlerverkehr". Deshalb brauche man ein Gesamtverkehrskonzept für den Landkreis. Im Ort, so schlägt er vor, dem Autofahrer das Leben möglichst schwer zu machen. Felbermeier: "Fast alle Straßen in Haimhausen haben Tempo 40 oder 30." Der ungebremste Verkehr besonders an den Ortseingängen ist Sabrina Spallek ein Dorn im Auge. Ihrer Ansicht nach sollten die Ortseingänge verengt werden. Detlef Wiese, der die Lkws aus dem Ort haben möchte, will Veränderungen im Straßenraum: "Warum haben wir die noch nicht?" will er von Felbermeier wissen. Der verweist auf die Verbreiterung der Gehwege vom Eiscafé Cellino bis zum Rathaus, was unter heftigem Protest der Landwirte geschehen sei. Felbermeier: "Ein Bürgermeister ist nicht Jesus und hat nicht für alle Bereich eine Lösung."

Stromtrasse

Klar Position bezogen Felbermeier und Wiese gegen die nördliche Variante der geplanten Hochspannungs-Stromtrasse von Ottenhofen (Landkreis Erding) nach Oberbachern, die durch den Ortsteil Inhauser Moos und durch Haimhausen führt. Hier gebe es auch im Gemeinderat einen Konsens. Sabrina Spallek ("wir brauchen Strom") war bei diesem Thema nicht konkret, empfahl aber "in mehrere Richtungen" zu denken.

© SZ vom 25.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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