Senioren erheben ihre Stimme:Aufruf gegen Hass und Gewalt

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Die Mitglieder des Landkreis-Seniorenbeirates Dachau rufen dazu auf, sich gegen jegliche Form des Extremismus auszusprechen. (Foto: Landratsamt Dachau, Stefanie Otterbein)

Der Seniorenbeirat des Landkreises fordert auch mit Blick auf die bevorstehende Europawahl die Menschen im Dachauer Land dazu auf, geschlossen gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus vorzugehen.

Von Helmut Zeller, Dachau

An Arbeit mangelt es dem Landkreis-Seniorenbeirat Dachau nun wirklich nicht. Das 16-köpfige Team um den Vorsitzenden Reinhold Heiß aus Bergkirchen kümmert sich um viele Probleme, die ältere Menschen haben. Etwa der Mangel an Kurzzeitpflegeplätzen - "das ist ein Riesenproblem", sagt Heiß. Nun aber ist das Gremium mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit getreten, die es so in seiner 31-jährigen Geschichte noch nicht gegeben hat. "Es ist an der Zeit, unsere Stimmen zu erheben und uns geschlossen gegen jegliche Form von Nationalismus und Extremismus - ob von rechts oder von links - auszusprechen", heißt es in dem Appell des Beirats. Der Aufruf wird über das Landratsamt in die Kommunen des Landkreises mit insgesamt 158 000 Einwohnern verteilt, davon sind laut Heiß 30 000 bis 35 000 Senioren.

"Unsere Generation hat den Wert von Frieden und Solidarität schätzen gelernt", heißt es in dem Aufruf. Aber "die goldenen Zeiten", ergänzt Heiß im Gespräch mit der SZ, gingen zu Ende. Angesichts der Zunahme von Hass und Gewalt könne der Seniorenbeirat nicht mehr schweigen, wolle er auch nicht, weil es um eine lebenswerte Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder gehe. Nur eine Gesellschaft, die auf Respekt und Toleranz basiere, sei stark und widerstandsfähig.

Explosionsartige Ausbreitung von Hass und Gewalt gegen Juden

Weiter heißt es in dem Aufruf: "Wir ermutigen daher alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, sich aktiv für eine offene, demokratische Gesellschaft einzusetzen und dies auch schon bei der kommenden Europawahl deutlich zu machen. Lassen Sie uns gemeinsam gegen die Verbreitung von Hass, Vorurteilen und Ausgrenzung aufstehen und eine Zukunft gestalten, in der Vielfalt als Stärke gilt, anstatt als Bedrohung. Der Weg des Extremismus kann nur zu Spaltung, Gewalt und Ungerechtigkeit führen."

Der Vorsitzende des Beirates: Reinhold Heiß. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wie Heiß sagt, haben zwei Ereignisse die Mitglieder des Seniorenbeirats mit Sorge erfüllt: die explosionsartige Ausbreitung von Hass und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden in Deutschland nach den Massakern der Terrororganisation Hamas an israelischen Zivilisten mit mehr als 1200 Toten und der Entführung von 340 Geiseln am 7. Oktober 2023; außerdem das Treffen des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner mit AfD-Politikern, Rechtsextremen und Unternehmern Ende November in einer Potsdamer Villa, bei dem über die massenhafte Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen worden ist.

Gerade in Dachau müsse man ein deutliches Zeichen setzen

Da gehe es, sagt Heiß erschüttert, um Menschen, die voll integriert, zum Teil auch hier geboren seien. In der Folge kam es in Deutschland zu Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus, auch in Dachau demonstrierten Ende Januar etwa 4000 Menschen für die Demokratie. Gerade in Dachau, sagt Heiß, müsse man in der Erinnerung an das ehemalige Konzentrationslager und die NS-Verbrechen ein deutliches Zeichen setzen, dass dergleichen nie mehr geschehen dürfe.

Wie Heiß sagt, legt der Beirat "den Finger in die Wunde", wenn es um eine Verbesserung der Lebenssituation von Menschen ab 65 Jahren geht. Das sei gerade in einer Zeit, in der die Bedrohung der Demokratie zunehme, notwendig und wichtig. Dem Seniorenbeirat, der die Belange der Senioren durch Anträge, Anfragen, Stellungnahmen und Empfehlungen gegenüber kommunalpolitischen Gremien vertritt, gehören auch ehemalige bekannte Kommunalpolitiker wie Eva Rehm aus Erdweg oder Paul Schmid aus Wiedenzhausen an.

Heiß meint, es könne schon den einen oder anderen geben, dem der Aufruf missfalle, aber bei der Mehrheit werde er auf offene Ohren stoßen. "Möge unser gemeinsamer Einsatz dazu beitragen, ein Deutschland und Europa zu schaffen und zu erhalten, in dem unsere Kinder und Enkelkinder in einer Atmosphäre der Akzeptanz und des Respekts aufwachsen können", heißt es abschließend in der Erklärung.

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