Ende einer Volkspartei:Die SPD stürzt ab

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Die Sozialdemokraten kommen auf nur 8,50 Prozent der Stimmen. Ihr Direktkandidat Martin Güll verpasst den Wiedereinzug ins Parlament. Die CSU holt etwas mehr als das Bayernergebnis, und die Grünen triumphieren.

Von Gregor Schiegl und Helmut Zeller, Dachau

Der Dachauer Abgeordnete Martin Güll und bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion wird dem neuen Landtag höchstwahrscheinlich nicht mehr angehören. Seine Partei, mit 21,58 Prozent vormals zweitstärkste politische Kraft im Landkreis, liegt abgeschlagen auf Platz vier. Sie schaffte mit 8,50 Prozent nicht mal mehr ein zweistelliges Ergebnis. Auch die CSU musste herbe Verluste hinnehmen. Sie stürzte von 53,84 auf 37,30 Prozent. Anton Kreitmairs designierter Listen-Nachfolger August Haas dürfte damit wohl nicht in den Landtag einziehen, anders als der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath, der das Direktmandat für den Wahlkreis mit 34,23 Prozent klar gewonnen hat. Ob der Dachauer AfD-Listenkandidat Christoph Steier den Einzug in den Landtag schafft, war am Sonntagabend noch unklar. Die AfD schaffte es im Landkreis aus dem Stand auf 9,00 Prozent, immerhin noch deutlich weniger, als von vielen erwartet worden ist. Die großen Gewinner der Wahl sind auch im Landkreis die Grünen und die Freien Wähler.

Bei dem Ergebnis bläst Pfaffenhofens Bürgermeister Helmut Zech (CSU) die Backen auf. Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler starrt ins Handy. (Foto: Niels Jørgensen)

Die Grünen konnten ihr Wahlergebnis im Landkreis fast verdreifachen und kamen auf 18,18 Prozent der Stimmen. Spitzenkandidat und Stadtrat Thomas Kreß hofft noch auf einen Einzug in den Landtag. "Wenn es so kommt, freue ich mich auf die neue Herausforderung." Die Freien Wähler im Landkreis profitierten ebenfalls von der Erosion der Volksparteien und verdoppelten ihren Stimmanteil von 6,64 auf 12,97 Prozent. Für die FDP war der Abend eine Zitterpartie. Lange war unklar, ob sie den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde in Bayern schafft. Im Landkreis gelang ihr das knapp nicht, sie kam auf 4,95 Prozent, dabei hatte der FDP-Kreisvorsitzende Christian Stangl mit sechs bis acht Prozent gerechnet. "Das Glas ist immer halb voll, wenn man bei der FDP ist", sagte er. "Ich hätte nur gedacht, dass es ein bisschen voller ist." Die Linke verfehlte den Einzug in den Landtag deutlich, im Landkreis erreichte sie 2,15 Prozent. Die Bayernpartei konnte einen Achtungserfolg einfahren, sie kam im Landkreis auf 2,47 Prozent der Stimmen, die ÖPD schaffte 1,63 Prozent, alle anderen, von den Piraten bis zur V³-Partei blieben im Landkreis unter einem Prozent.

Wenigstens in seiner Heimatgemeinde erreicht Martin Güll mehr als 19 Prozent. Für den Landtag reicht es für den Sozialdemokraten nicht mehr. (Foto: Niels P. Joergensen)

Der beispiellose Absturz der Volkspartei SPD, der auch das Ende für die kurze Karriere des politischen Quereinsteigers und SPD-Hoffnungsträgers Martin Güll, besiegelt haben dürfte, löste selbst bei politischen Konkurrenten große Bestürzung aus. "Das Ergebnis der SPD empfinde ich als Katastrophe", sagte Grünen-Kreisrätin Marese Hoffmann. Auch Altlandrat Hansjörg Christmann von der selbst schwer gebeutelten CSU zeigte großes Mitgefühl für die SPD. "Der Fall einer so traditionsreichen Volkspartei tut mir persönlich weh", sagte er der SZ. "Die Stabilität der Bundesrepublik gründete sich auch auf eine starke Sozialdemokratie."

"Das ist tragisch, bitter und traurig."

Martin Güll nahm die verheerende Wahlniederlage äußerlich gefasst auf. "Das ist tragisch, bitter und traurig", sagte er, der Trend aus Berlin sei "nicht toll "gewesen. "Wir in Dachau haben es jedenfalls nicht verbockt." Allerdings gestand er auch eine gewisse Ratlosigkeit ein: "Ich weiß nicht, wo die Wähler hin sind." An seiner Person dürfte es kaum gelegen haben. Güll ist ein populärer Politiker. Im Landkreis holte er 12,66 Prozent der Erststimmen, etwa 50 Prozent mehr als seine Partei Zweitstimmen bekam. Kreisrätin Marese Hoffmann (Grüne) sagte: "Es war kaum möglich, mit den Menschen auf der Straße über Sachthemen zu reden. Für die SPD ist das Ergebnis schade, für die Demokratie ist es eine Katastrophe." So äußerte sich auch Anton Kreitmair (CSU), der als Landtagsabgeordneter nicht mehr kandidierte.

Von den knapp 104 000 Stimmberechtigten im Landkreis machten mehr als 81 000 Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch, was 78,26 Prozent entspricht. Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU) meldete bereits um 12 Uhr, dass 71,4 Prozent der Wähler in der Gemeinde ihre Stimme abgegeben hätten.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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