Verkehr:"Utopisches Verkehrskonzept": Bergkirchen stellt sich gegen Westumfahrung

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Die Verkehrsbelastung in Dachau ist hoch. (Foto: Niels P. Joergensen)

Bergkirchen lehnt eine Westumfahrung um Dachau ab. Der Nutzen sei gering, die Belastung für die Dörfer aber groß.

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

Der Verkehr in der Region wächst stetig, Bürger beklagen Staus und Lärmbelastungen. Nach Auswegen aus diesem Dilemma sucht ein vom Landkreis initiiertes Verkehrskonzept, das auch etwa 30 Straßenbauprojekte auf den Prüfstand stellt. Noch ist die Studie nicht fertig, doch als erste Kommune im Kreis hat sich nun Bergkirchen nun klar positioniert.

Eine Westumfahrung von Dachau, die auf Gemeindegebiet verlaufen würde, lehnt der Gemeinderat kategorisch ab. Das entschied das Gremium einstimmig. "Der Nutzen steht in keinem Verhältnis zum Aufwand", erklärt Bürgermeister Simon Landmann (CSU).

Bergkirchen steht einer Westumfahrung schon immer kritisch gegenüber

Dieses Veto kommt nicht unerwartet, denn einer Westumfahrung von Dachau steht Bergkirchen als westlicher Nachbar der Kreisstadt schon immer kritisch gegenüber. Überrascht ist Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) aber über den Zeitpunkt der Entscheidung. Denn im Stadtrat sei das Verkehrskonzept noch gar nicht präsentiert worden, da der Landkreis zunächst die Einschätzung der Verwaltungen abfragt. "Ich halte mich an diese Spielregeln."

Auch Landrat Stefan Löwl (CSU) ist nicht gerade erfreut über diesen Beschluss. Doch auf das Gesamtverkehrskonzept habe die Entscheidung vorläufig keinen Einfluss. "Deswegen streichen wir das Vorhaben jetzt nicht raus." Erst einmal würden alle Stellungnahmen eingearbeitet. Und was später gebaut wird, entscheiden dann die für die jeweilige Straße zuständigen Träger wie Gemeinde, Kreis oder Freistaat. Doch Bürgermeister Landmann geht davon aus, dass die Westumfahrung mit dem Nein aus Bergkirchen gestorben ist. "Wenn wir nicht wollen, macht es keinen Sinn."

Die Umgehung würde von der von Schwabhausen kommenden Staatsstraße 2047 vor Dachau nach Süden abzweigen

Grundsätzlich sei es zu begrüßen, betont Bürgermeister Landmann (CSU), wenn ein umfassendes Gutachten alle Optionen für verkehrsentlastende Projekte solide abprüfe. Auch eine Westumfahrung von Dachau. Die aber sei, "in der Theorie ganz recht, aber in der Praxis unmöglich." Denn die Umgehung würde von der von Schwabhausen kommenden Staatsstraße 2047 vor Dachau nach Süden abzweigen, den Verkehr je nach Variante direkt auf die Autobahn A 8 oder die Bundesstraße 471 ableiten. Die Trasse zur Autobahn nennt Landmann "schizophren", weil der Verkehr dort jetzt bereits jeden Morgen zum Stillstand komme. "Wirkung Null."

Dazu kommt, darauf macht die Bergkirchener SPD-Gemeinderätin Dagmar Wagner aufmerksam, dass der Durchgangsverkehr durch das 232-Einwohner-Dorf Kreuzholzhausen explosionsartig um 320 Prozent ansteigen würde. "Eine solche Verkehrssteigerung gibt es in keiner anderen Planungsvariante im vorliegenden Gutachten", kritisiert Wagner, die selbst in Kreuzholzhausen lebt. Konkret würden sich durch die Dörfer im Westen von Bergkirchen dann täglich bis zu 11 500 Fahrzeuge schlängeln, während die Entlastung für Dachau gering ist.

Bergkirchen als Notnagel für ein utopisches Verkehrskonzept?

"Es kann nicht sein, dass Bergkirchen und damit die kleinen Dörfer wie Kreuzholzhausen, Priel oder Eisolzried mit ihren durch den Ort verlaufenden Kreisstraßen als Notnagel für ein utopisches Verkehrskonzept im Landkreis und der Stadt Dachau herhalten müssen", sagt Gemeinderätin Wagner. Dazu kommen laut Bürgermeister Landmann technische Hürden beim Straßenbau durch die hügelige Landschaft rund um Bergkirchen und Konflikte mit dem Naturschutz, weil die Trasse wertvolle Flora-Fauna-Habitate queren müsste.

Argumente, die auch Landrat Stefan Löwl (CSU) kennt. "Dass Bergkirchen diese Umgehung kritisch sieht, war uns bewusst." Doch das Gesamtverkehrskonzept des Landkreises ziele darauf, alle Vorschläge und Ideen für Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen im Landkreis auf identischer Basis umfassend fachlich zu bewerten. Erst danach werde überlegt, was realisiert werden kann. Dabei zähle technische Machbarkeit, Finanzierung und auch der politische Wille. Die Umsetzung müsse dann "jeder Träger selber machen." Doch solange das Gesamtkonzept noch nicht abgeschlossen ist, bleibt auch die Westumfahrung erst einmal im Prüfverfahren. Einschließlich der negativen Stellungnahme des Gemeinderats Bergkirchen.

Jedoch will die Gemeinde mit ihrem Nein zur Westumfahrung nicht als Verweigerer dastehen. Zielführende, sinnvolle Projekte werde die Gemeinde unterstützen, erklärt Landmann. Wie den Vorschlag für einen Park-und-Ride-Parkplatz in Breitenau, wo Autofahrer aus dem Landkreis schon vor der Kreisstadt auf die Bahn umsteigen sollen. Der Standort liegt auf Bergkirchner Gebiet, Nutznießer dieses Vorhabens wäre vor allem Dachau, da mit so einem Umsteige-Parkplatz vor der Stadt künftig weniger Pendler aus dem Hinterland zum innerstädtischen S-Bahnhof fahren würden. Da, so Landmann, "machen wir gerne mit."

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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