Dachauer Einzelhandel:Das Christkind kommt per Internet

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In den Wochen vor Weihnachten macht der Einzelhandel den stärksten Umsatz. Das gilt auch für die Geschäfte in der Münchner Straße. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Geschäftsleute sind mit dem Weihnachtsgeschäft zufrieden. Einige Läden verzeichnen aber sinkende Umsätze - der Trend zum Online-Handel setzt ihnen zu.

Von David Holzapfel, Dachau

Weihnachtszeit ist immer auch Konsumzeit. Kurz vor Heiligabend sind die Dachauer Einkaufsstraßen gut besucht. Mit geschmückten Schaufenstern und attraktiven Angeboten versuchen die Einzelhändler, Kunden für sich zu gewinnen. Die Dachauer Geschäftsleute zeigen sich mit dem Umsatz in diesem Jahr weitestgehend zufrieden, Veränderungen zu den Vorjahren gebe es kaum, wie sie sagen. Indes gibt es auch Gegenbeispiele: Einigen Ladeninhabern macht der Trend hin zum Online-Handel deutlich zu schaffen.

Die Einzelhändler sind auf das Weihnachtsgeschäft angewiesen, für viele ist die Woche vor dem vierten Advent die umsatzstärkste Zeit des Jahres. Der Umsatz, den alleine der Münchner Einzelhandel jährlich nur um Weihnachten verbucht, beträgt in etwa 2,2 Milliarden Euro - rund 20 Prozent des Jahresumsatzes. Auch den Dachauer Einzelhändlern spült das Weihnachtsgeschäft viel Geld in die Kassen. "Die Adventszeit hat die Bedeutung schlechthin", sagt Isabel Seeber. Sie ist die Inhaberin einer Dachauer Chocolaterie und außerdem erste Vorsitzende der BDS- Ortsgruppe "Die Münchner Straße", einem Zusammenschluss von zahlreichen Dachauer Einzelhändlern. Die Geschäftsfrau zeigt sich "äußerst positiv gestimmt" angesichts des bisherigen Umsatzes, wie sie sagt. Andere Ladenbesitzer in der Münchner Straße hätten bis dato ebenfalls nur Gutes zu berichten gehabt, betont Seeber. Auch anderswo ist man durchaus zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft. Buchhändler Reinhard Kreitmeir von der Dachauer Buchhandlung Wittmann sagt: "Nach einem verhaltenen Start in den ersten beiden Adventswochen hat das Geschäft jetzt doch noch angezogen". Doch nicht überall zieht man eine solch positive Zwischenbilanz.

Der Online-Handel hängt wie ein Damoklesschwert über dem Geschäft

Seit 1980 befindet sich in der Dachauer Innenstadt die Spielwarenhandlung Schmidt. Der Laden bietet Modelleisenbahnen, Stofftiere, Brettspiele und anderes Spielzeug an. Was dem Geschäft jedoch zunehmend fehlt, sind Kunden. "Wir haben einen langfristigen Umsatzeinbruch von rund zehn Prozent", sagt Karin Märkl. Sie ist Inhaberin des Spielwarenladens und außerdem zweite Vorsitzende der BDS-Ortsgruppe. Das Weihnachtsgeschäft wird für Märkl und ihren Spielwarenladen "zunehmend bedeutungsloser", wie sie sagt. Um mit der Konkurrenz - vornehmlich dem Onlinehandel - mithalten zu können, müsse sie ihre Produkte teils so günstig anbieten, dass am Ende kaum noch ein Gewinn übrig bleibe.

Für viele Einzelhändler hängt der Online-Handel wie ein Damoklesschwert über ihrem Geschäft. "Das Christkind kommt heuer definitiv übers Internet", sagt auch Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern. Der Handelsexperte vertritt 20 000 Mitgliedsbetriebe, also etwa ein Drittel der Betriebe im Freistaat. Das Online-Geschäft, sagt Ohlmann, nehme eine zunehmend gewichtigere Rolle ein. Das hat Folgen. Viele Einzelhändler auch in Dachau beklagen, den günstigen Angeboten und der schier unendlichen Auswahl des Online-Handels nicht gewachsen zur sein. Sie fühlen sich abgehängt.

Das kostet alles Geld, um im Internet präsent zu sein"

Dieser Trend trifft vor allem kleine Betriebe mit begrenztem Budget. Bernd Ohlmann sagt: "Die können sich nicht so gut aufstellen. Das kostet alles Geld, um im Internet präsent zu sein. Und da fehlt ihnen der Umsatz, der gerade in der Weihnachtszeit so wichtig ist".

Mit dem Einzug des Online-Handels macht Spielwarenhändlerin Märkl auch eine zunehmende Veränderung des Kaufverhaltens aus. Sie sagt: "Heute bekommen die Schenkenden klare Aufträge, sie dürfen nur das kaufen, was ihnen vorher im Internet gezeigt wird". Spielraum für Kreativität gebe es da kaum mehr. "Früher wünschten sich die Kinder einfach ein rotes Auto. Heute wollen sie einen ferngesteuerten roten Porsche 911". Eine aktuelle Erhebung der Industrie- und Handelskammer (IHK) bestätigt Märkls Beobachtung. Demnach lassen sich 47 Prozent der Kunden online zu Geschenken inspirieren. Viele Händler haben Schwierigkeiten damit, ihr Sortiment dementsprechend zu spezifizieren und gleichzeitig gewinnbringend zu wirtschaften.

Die Dachauer Einzelhändler hoffen indes auf einen starken Endspurt im Weihnachtsgeschäft. Sie spekulieren auf den für Ladenbesitzer günstig gelegenen Heiligabend. Der Montag vor Heiligabend ist ein normaler Werktag; er könnte noch einmal ordentlich Geld in die Kassen der Händler spülen. "Das ist ein Weihnachtsgeschenk für die Geschäftsleute", so Ohlmann. Auch an Heiligabend haben viele Läden bis 14 Uhr geöffnet - eine letzte Chance für Geschenke, die am 24. Dezember unter dem Baum liegen sollen.

© SZ vom 23.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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