Dachau:Kreisrat fordert Kündigung von Busunternehmen

Lesezeit: 2 min

Vor einer Woche übernahm ein Münchner Großunternehmen vier MVV-Buslinien. Die Beschwerden von Fahrgästen reißen nicht ab.

Von Robert Stocker, Dachau

Die Beschwerden seit der Übernahme von vier MVV-Buslinien durch das Münchner Großunternehmen Geldhauser reißen nicht ab. Busse halten nicht oder kommen verspätet, die Fahrzeuge haben keine oder nur kryptische Zielanzeigen und die Fahrer sprechen kaum Deutsch - so lauten die Klagen vieler Fahrgäste. Bei einem Gespräch mit Geschäftsführer Martin Geldhauser in der vergangenen Woche redete das Landratsamt Tacheles und kündigte Vertragsstrafen an. Geldhauser gelobte Besserung, doch Fahrgäste berichten immer noch von einem Chaos. Kreisrat Michael Reindl forderte inzwischen sogar, die Verträge mit dem Busunternehmen zu kündigen.

Eine Mutter zweier Töchter aus Rettenbach, die täglich nach Markt Indersdorf zur Schule fahren, spricht eine Woche nach der Umstellung deutliche Worte. "Meine Kinder tragen die Last der mangelnden Kompetenz des Busunternehmens", schreibt sie in einer E-Mail sichtlich verärgert. Wie die Kinder ihr berichteten, fuhr ein winkender Busfahrer ohne anzuhalten an ihnen vorbei. Dieser Bus sei aber der einzige, mit dem die Kinder rechtzeitig ihre Schule erreichen würden. Ein anderer Bus, mit dem sie auch fahren könnten, kam wieder einmal zu spät. Außerdem fuhr er eine so große Runde, dass die Mädchen fast 20 Minuten nach Unterrichtsbeginn an der Realschule und am Gymnasium Indersdorf ankamen.

"Untragbare Zustände"

"Durch die Verspätung der Busse versäumen die Kinder die Einführung in neue, schulaufgabenrelevante Themen und haben es viel schwerer, dem Unterricht zu folgen", klagt die Frau. Versäumten Stoff müssten sie selbstständig nachholen. Und an Tagen, an denen in den ersten Stunden Schulaufgaben geschrieben werden, fehle ihnen Zeit, wenn sie zu spät kommen. "Das sind untragbare Zustände", beschwert sich die Mutter. Sie weist außerdem darauf hin, dass sich die Schüler besser orientieren könnten, wenn die Busanzeigen die jeweiligen Schulen als Ziele angeben.

Genau das will Albert Herbst, Leiter der Abteilung Kreisschulen und Öffentlicher Nahverkehr, veranlassen. Nach einer Kontrolle am vergangenen Freitag hatte er den Eindruck, dass das Busunternehmen die Fahrzielanzeigen in den Griff bekommt. "Doch das Kernproblem war immer noch, dass die Schulen nicht angegeben wurden und die Schüler nicht wussten, wo sie einsteigen sollen", sagt Herbst. Sorgen bereiten ihm auch Busfahrer, die schlecht Deutsch sprechen und keine Ortskenntnisse haben. Darüber haben sich auch Fahrgäste beschwert.

Fahrer aus Kroatien

Geldhauser hat für die neuen Linien Fahrer aus Kroatien eingestellt, die sich Herbst zufolge auf Deutsch bewerben und bei ihrer Einstellung auch eine Deutschprüfung ablegen mussten. "Das sind alle erfahrene Kräfte", sagt Herbst. Doch natürlich sei der Mangel an deutschen Fahrern ein großes Problem, besonders, seitdem die Wehrpflicht abgeschafft wurde. Denn viele Soldaten hätten bei der Bundeswehr einen Busführerschein erworben. "Seitdem ist der deutsche Markt leer gefegt." Das Landratsamt will den Betrieb auf den vier Linien 708, 723, 724 und 727 weiterhin scharf im Auge behalten. "Wir werden den Druck aufrecht erhalten, die Vertragsstrafen werden kommen", verspricht Herbst.

Martin Geldhauser akzeptiert die Sanktionen. Sie werden wegen fehlender Fahrzielanzeigen und Bussen verhängt, die zum Zeitpunkt der Übernahme nicht vorhanden waren. "Vier rechtzeitig bestellte Busse kamen erst am Donnerstag an", erklärt der Geschäftsführer einen Teil der Misere. Außerdem fiel am Montag vergangener Woche ein Ersatzbus aus. Seine Fahrer seien aber des Deutschen mächtig. Kein Verständnis hat er dafür, wenn sie beschimpft würden. Die Chauffeure sollen aber noch einmal nachgeschult werden.

Hürden für eine neue Ausschreibung

Das hält Kreisrat Michael Reindl (Freie Wähler) für viel zu spät. Busfahrer müssten vor ihrem Einsatz auf den Linien geschult und ausgebildet werden. Laut Reindl kommt das Busunternehmen der geforderten Beförderungspflicht und den mit dem Landkreis abgeschlossenen Vertrag "in wesentlichen Punkten offensichtlich nicht nach". Der Landkreis könne solche Unregelmäßigkeiten nicht weiter hinnehmen. Reindl plädiert deshalb dafür, die bestehenden Verträge sofort zu kündigen und die Linien neu auszuschreiben. Albert Herbst beurteilt diese Forderung eher skeptisch. Um einen Konzessionsentzug zu rechtfertigen, müssten über längere Zeit gravierende Mängel auftreten. Außerdem: Wenn dem Unternehmen gekündigt werde, sei es schwierig, schnell genug Ersatz zu finden.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: