Unschön, wenn man mit dem Geld beginnen muss, aber auch bei den Dachauer Theatertagen, die in diesem Jahr bereits zum 24. Mal stattfinden, spüren die Organisatoren, wie Inflation und Teuerung die Kosten hochtreiben. Viele Künstler reisen von weit her an, aus der Schweiz zum Beispiel oder aus Berlin, bei solchen Strecken machen sich Spritpreise über zwei Euro schnell bemerkbar. Gleichzeitig haben zwei Sponsoren der Theatertage ihre Zuwendungen runtergefahren. "Bei denen läuft es gerade nicht so gut", sagt Frank Striegler. Er ist der Erfinder der Theatertage und gemeinsam mit Christine Albrecht Programmchef dieses im Großraum München beliebten Formats.
Die Kartenpreise, sagt er, seien gleichgeblieben, der Theatertage Dachau e.V. kann das stemmen. Die Vereinsmitglieder sind laut Striegler nach der Stadt aber noch vor dem Landkreis inzwischen die wichtigsten Financiers. Viele zahlen freiwillig ein Vielfaches des Jahresbeitrags und kaufen darüber auch noch bündelweise Tickets. Striegler berichtet von Familien, die jedes Jahr 200 Euro für die Theatertage ausgeben, mit Begeisterung.
Aber genug vom Geld, es geht ja um das "herzerwärmende Programm", das die Veranstalter in diesem Jahr wieder versprechen, um Marionettentheater auf höchstem Niveau, um plappernde Klappmaulpuppen, Tischfiguren und Schattentheater, unterschiedlichste Spielformen, die oft mit erstaunlichen wenigen Mitteln großartige Geschichten erzählen.
"Einige Kinder haben gesagt, das ist ja wie im Film"
Da wäre zum Beispiel das Cargotheater mit seinem Comic-Theaterstück "Der große Coup". Auf einer beinahe leeren Bühne - es gibt im Wesentlichen nur drei mannshohe Quader als Requisiten und Bühnenbild - führen Samuel Kübler und Stefan Wiemers in schnellen Sequenzen und rasanten Perspektivwechseln durch die Geschichte eines Einbruchs, inklusive rasanter Verfolgungsjagd. Die Quader verwandeln sich schnell vom Fenstersturz zum Autositz und dann wieder zu einem Wolkenkratzer im Stadtpanorama. Frank Striegler hat das Stück schon gesehen und auch die begeisterten Reaktionen. "Einige Kinder haben gesagt, das ist ja wie im Film."
Für Striegler ist das immer ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Stücke: dass die Zuschauer, insbesondere die kleinen, nicht mit einer unterhaltsamen Geschichte berieselt werden, sondern dass sie die verschiedenen künstlerischen Formen des Erzählens kennenlernen und die eigene Vorstellungskraft und Fantasie schulen.
Ein schönes Beispiel dafür ist "Die Sachenfinderin" des Figurentheaters Unterwegs: Während die Mutter einen Apfelkuchen bäckt - auf der Bühne wird nebenbei tatsächlich ein Kuchen in einem kleinen Elektroofen zubereitet und anschließend den kleinen Zuschauern serviert - spielt die vierjährige Kari mit dem, was sie in der Küche gerade so findet, etwa einem Eierschneider, und spinnt daraus ein eigenes Abenteuer. Fantasie erweitert den Horizont.
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Nicht umsonst finden zahlreiche Vorstellungen für Kindergärten und Schulen statt, die Auslastung ist hier mit etwa 90 Prozent in diesem Jahr wieder gewohnt gut. Wo das Angebot mit der Nachfrage nicht Schritt halten kann, gibt Striegler Einrichtungen Vorzug, die aus Stadtteilen kommen, in denen das wohlsituierte Bildungsbürgertum nicht so stark vertreten ist. Man merkt, dass Striegler selbst Pädagoge ist und mit dem Programm nebenbei auch immer einen Bildungsauftrag verfolgt: "Uns ist Qualität sehr wichtig", sagt er.
In der Mischung finden sich natürlich auch populäre Stoffe: Emil Kästners Kinderbuchklassiker "Pünktchen und Anton" kommt als Live-Hörspiel mit Musik auf die Bühne, das Märchen vom Rotkäppchen setzt das Theater Maren Kaun mit Figuren, Schauspiel, Illustrationen und Live-Musik neu auf, und das Figuren-Theater Tübingen adaptiert das Märchen "Sieben auf einen Streich" mit Marionetten aus dem Jahr 1969 - samt Einhorn, Riesen und einer wilden Sau.
Geschichten gegen die Angst
Manchmal ist der bekannte Stoff nur die Rampe zu einer neuen, irrwitzigen Geschichte. Frei nach dem Stück "Schneeweißchen und Rosenrot" ist die Produktion "Neeweißnicht und Rosenrot" des Theaters Anna Rampe konzipiert, darin geht es unter anderem um die Frage: Wem gehört die Welt - und wer ist jetzt eigentlich dieser Bär?
Puppenspieler Lutz Grossmann bringt in einem Solostück auch noch den Kasperl auf die Bühne, allerdings ohne das übliche Tri-Tra-Trallala. "Kasper tot. Schluss mit lustig?" bietet schwarzen Humor in so hoher Konzentration, dass das Stück erst ab 14 Jahren empfohlen wird. Für Kinder ab sechs spielt Grossmann "Geschichten gegen die Angst", ein minimalistisches, aber intensives Stück, das sich mit verschiedenen kindlichen Ängsten auseinandersetzt, etwa mit der Angst vor Gespenstern oder der Angst, nicht mehr geliebt zu werden.
Unbedingt erwähnen muss man an dieser Stelle Frank Soehnle, den Striegler schon lange zu den Dachauer Theatertagen holen wollte. Er zählt zu den weltweit herausragenden Puppenspielern, Frank Striegler bescheinigt ihm eine "einzigartige Art der Puppenführung". Das liegt auch an den speziell gefertigten Marionetten von Fritz Herbert Bross, der die spezielle Funktionsweise der Puppen auf Grundlage seiner Ausbildung zum Maschinenbauingenieur entwickelt hat und die, gut geführt, so natürlich und geschmeidig erscheinen, als wären sie lebendig. Das Figuren-Theater Tübingen zeigt dieses ungewöhnliche Spiel mit Figuren, die noch aus den 1950er-Jahren stammen, unter dem Titel "Strings up!"
Eine alte Bekannte auf den Dachauer Theatertagen ist die mittlerweile schon 74-jährige Puppenspielerin Margrit Gysin, die "Grande Dame des Schweizer Puppentheaters". Inspiriert vom Bilderbuch über die Wurzelkinder von Sibylle von Olfers erzählt ihr Stück "Ärdgeiss" vom Kreislauf der Jahreszeiten. Der Künstlerin genügt manchmal schon der Ärmel als Bühne für ihre kleinen zauberhaften Figuren. Als Frank Striegler Margrit Gysin vor mehr als zwei Jahrzehnten das erste Mal in Aktion sah, sah er eigentlich so gut wie gar nichts, weil er zu weit weg saß. Trotzdem war er vom ersten Augenblick an beeindruckt von der enormen Bühnenpräsenz der Puppenspielerin. Damit das Publikum ihre Figuren sehen kann, ist die Vorstellung auf 60 Zuschauer begrenzt.
Übrigens: Mit dem Kauf der Karten sollte man sich sputen. Von den kommenden 19 Vorstellungen sind sieben bereits ausverkauft.
Stücke und Karten
Für das nächste Stück "Pünktchen und Anton", das am Freitag, 13. Oktober, um 15.30 Uhr im Thoma-Haus gezeigt wird, gibt es noch einige Karten, im Veranstaltungsblock von 15. bis 17. November sind ebenfalls schon einige Vorstellungen ausverkauft. Weitere Informationen zu den Stücken und die Verfügbarkeit von Tickets gibt es auf der Seite theatertage-dachau.de .