SZ-Adventskalender:Schiebetür für mehr Selbstständigkeit

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Um die Tür zum Badezimmer zu öffnen, ist Wilhelm Teufelhart auf fremde Hilfe angewiesen. Das soll sich ändern. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wilhelm Teufelhart hat die Gastroszene in Dachau geprägt. Jahrzehntelang betrieb er ein Café in der Altstadt, bis er 2012 insolvent ging. Jetzt sitzt er im Rollstuhl und muss mit einer Mini-Rente auskommen. Der SZ-Adventskalender will helfen.

Von Morris Zalesjak, Dachau

Wilhelm "Willy" Teufelhart, 70, und seine Frau Marina, 65, wohnen seit Mai in einer behindertengerechten Sozialwohnung in Dachau Ost. Der Empfang in der kleinen Zweizimmerwohnung im Erdgeschoss ist herzlich - und passend zur Jahreszeit reich an Gebäck und Tee. Neben Willy und Marina ist auch noch ihr 26-jähriger Sohn anwesend, der seinen vollen Namen aber nicht in der Zeitung lesen will.

Seit einigen Jahren sitzt Wilhelm Teufelhart wegen seines starken Rheumas im Rollstuhl. 2018 kam dann noch eine Hüft-OP dazu, bei der er sich mit Krankenhauskeimen infizierte. "Ein halbes Jahr lag ich da nur im Bett. Insgesamt fünfmal haben sie mich operiert", erzählt Teufelhart.

Ohne Humor geht es nicht

Die langen grauen Haare hat sein Sohn ihm für das Foto in der Zeitung noch zurecht gekämmt. Wilhelm Teufelhart wirkt schwach und müde. Auf die Frage, wie er sich vorstellen würde, antwortet er: "Ich bin froh, dass ich mich nicht mehr vorstellen muss", und kann sich dabei ein Lachen abringen.

Willy Teufelhart kennt man in Dachau. Er saß im Stadtrat, war Volksfestreferent. 29 Jahre lang hatte er zusammen mit seiner Frau eine Bäckerei und ein Café in der Augsburger Straße in der Altstadt. Den Betrieb hatte er von seinem Vater geerbt. 2012 ging das Licht aus. "Am 1. August wurde dann der Strom abgestellt", erzählt Teufelhart. Es folgten Insolvenz und eine gerichtliche Verurteilung wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten. Irgendwann kam noch die Krankheit dazu. "Ich habe erst mal noch als Bäckermeister in München gearbeitet. Wegen des Rheumas ging das aber dann auch irgendwann nicht mehr." Teufelhart arbeitete noch ein paar Jahre in der Tagespflege, bis er vor vier Jahren alters- und krankheitsbedingt in den Ruhestand ging.

"So ist das, wenn man lange selbstständig war"

Heute lebt das Paar von einer kleinen Rente. "So ist das, wenn man lange selbstständig war", sagt Marina Teufelhart. Von der Rente bezahlen sie ihre Miete, die Kosten für die Versicherungen, Benzin und Lebensmittel. Gelegentlich macht die Familie auch einen kleinen Ausflug. "Dann bin ich aber auf meinen Sohn angewiesen", so Willy Teufelhart. Der hilft ihm mit dem Rollstuhl oder zum Beispiel beim Antrag für den Schwerbehindertenausweis für Bus und Bahn. Auf die Frage, wie die Familie mit der Krankheit umgeht, antwortet Marina Teufelhart: "Mit Humor, sonst verzweifelt man. Es ist einfach ein ganz anderes Leben." Ihr Mann fügt an: "Ich bin schon etwas traurig." Er sei eigentlich mal ein guter Handwerker gewesen. Jetzt bleiben viele Arbeiten am Sohn hängen. "Ich wohne ja zum Glück nicht weit weg", sagt der.

Fünf Jahre haben die Teufelharts auf die behindertengerechte Wohnung gewartet, in der sie jetzt leben. "Wir sind auch wirklich froh, sie zu haben", sagt Marina Teufelhart. Aber es gibt ein Problem: Die Tür, die vom Wohnbereich ins Badezimmer führt, lässt sich mit dem Rollstuhl nicht, oder nur sehr schwer öffnen. Wilhelm Teufelhart ist auch hier auf fremde Unterstützung angewiesen. "Ein paar Wohnungen haben rollstuhlgerechte Schiebetüren, andere nicht", sagt seine Frau. Das soll sich jetzt mit der Unterstützung durch den SZ-Adventskalender ändern.

Für Menschen mit Behinderung gibt es schon einige Angebote, da ist sich die Familie Teufelhart einig. "Die Angebote der Stadt sind besser als früher, aber es gibt noch Luft nach oben", meint Marina Teufelhart. Viel funktioniere nur durch die Hilfe von Ehrenamtlichen und Menschen, die sich engagieren. "Wir würden uns aber sehr freuen, wenn das klappt", sagt sie und deutet auf die geöffnete Badezimmertüre. Die Türe würde ihm ein großes Stück Selbstständigkeit zurückgeben, erklärt der Sohn. Willy nickt.

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