Zeitgeschichte:Geschichtsrevisionismus entlarven

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Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora, ist wissenschaftlicher Leiter des diesjährigen Dachauer Symposiums. (Foto: Bodo Schackow/dpa)

Das diesjährige Dachauer Symposium widmet sich einmal mehr einem brandaktuellen Thema. Als wissenschaftlicher Leiter konnte Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, gewonnen werden.

Von Walter Gierlich, Dachau

"Rechter Geschichtsrevisionismus in Deutschland: Formen, Felder, Ideologie". So lautet das Thema des diesjährigen Dachauer Symposiums für Zeitgeschichte, das am Freitag und Samstag, 13./14. Oktober, im Max-Mannheimer-Studienzentrum stattfindet. "Geschichtsrevisionismus gehört zum ideologischen Kernbestand extrem rechten Denkens. Angelpunkt ist dabei die Bewertung des Nationalsozialismus", schreibt Sybille Steinbacher, Historikerin an der Goethe-Universität Frankfurt und Direktorin des Fritz-Bauer-Instituts, im Einführungstext des Flyers mit dem Tagungsprogramm. Steinbacher, die seit 2012 als Projektleiterin des Symposiums fungiert, konnte als wissenschaftlichen Leiter diesmal Jens-Christian Wagner gewinnen, den Direktor der Stiftung der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Wer sich an die Oberbürgermeisterwahl in der thüringischen Stadt Nordhausen Ende August erinnert, wird bestätigen, dass das Thema des Symposiums 2023 aktueller kaum sein könnte. In die Stichwahl um das OB-Amt war dort ein AfD-Politiker als Favorit gegangen, der auf der Homepage seines Kreisverbands historische Fakten verdrehende und verharmlosende Texte über die NS-Zeit veröffentlicht hat. Dass er die Wahl verloren hat, ist nach Meinung fast aller Beobachter Jens-Christian Wagner zu verdanken.

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Das einstige Konzentrationslager Mittelbau-Dora, in das die SS einst 60 000 Menschen verschleppt hatte, von denen etwa ein Drittel durch Zwangsarbeit, Hunger und Qualen ums Leben kam, liegt auf dem Stadtgebiet von Nordhausen. Wagner wies auf das geschichtsrevisionistische Weltbild des AfD-Kandidaten hin, deckte auf, dass der Verfassungsschutz den Mann im Visier hat und mobilisierte ein lautstarkes Bündnis für Weltoffenheit, Menschlichkeit und Toleranz. Zudem hatte er die symbolische Wirkung weltweit herausgestellt, welche die Wahl eines AfD-Oberbürgermeisters ausgerechnet am Ort der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora gehabt hätte.

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Wer von neuer nationaler Größe Deutschlands träumt, "muss die NS-Verbrechen mindestens kleinreden", heißt es im Flyer-Text weiter. Das machten sowohl Alte wie Neue Rechte, zu denen in den vergangenen Jahren durch "Proteste gegen Corona-Schutzmaßnahmen, den Aufstieg der AfD und Putin-Propaganda" weitere Spielarten des Geschichtsrevisionismus gekommen seien, so der Einleitungstext: "Verharmlosung der NS-Verbrechen durch ahistorische Gleichsetzungen, historisch verankerte - und fast immer antisemitische - Verschwörungslegenden, Reichsbürgerideologien, shoahbezogener Antisemitismus, identitäre Geschichtsbilder."

Wagner wird in seinem Einführungsreferat auf Schuldabwehr, Schuldumkehr und deren Instrumentalisierung durch rechten Geschichtsrevisionismus eingehen. Anschließend werden an den beiden Tagen von den Referenten die Inhalte, Formen und dahinterstehende Ideologien der ziemlich heterogenen Strömungen unter die Lupe genommen. Abgeschlossen wird die Tagung am Samstagmittag mit einer Podiumsdiskussion darüber, wie die Gesellschaft und die KZ-Gedenkstätten dem rechten Geschichtsrevisionismus begegnen sollen.

Das Dachauer Symposium zur Zeitgeschichte 2023 beginnt am Freitag, 13. Oktober, um 13 Uhr. Die Vorträge am ersten Tag enden um 18.30 Uhr. Am Samstag, 14. Oktober, geht es von 8.30 bis 12.30 Uhr weiter. Anmeldungen bis zum 5. Oktober über die Homepage des Max-Mannheimer-Hauses an: www.mmsz-dachau.de . Besucher und Besucherinnen aus Dachau bezahlen keine Teilnahmegebühr.

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