Städtepartnerschaft mit Frankreich:Wenn aus Freunden Partner werden

Lesezeit: 3 min

Gewachsene Freundschaft: Oberbürgermeister Florian Hartmann mit seiner Frau Julia beim Volksfesteinzug mit seinen Amtskollegen aus Fondi, Salvatore de Meo und Léognans Bürgermeister Laurent Barban (hinten links) in der Kutsche. (Foto: Niels P. Joergensen)

Dachau und das westfranzösische Léognan besiegeln endlich ihre Städtepartnerschaft - nach langem pandemiebedingten Warten kommt eine neunköpfige Delegation zur Unterzeichnung der Urkunden. Empfangen wird sie mit Blasmusik und Bier - und vom Bruder des dortigen Musikschulleiters.

Von Jessica Schober, Dachau

Wenn es eine Sache auf der Welt gibt, die das gegenseitige Kennenlernen erleichtert, mühelos Grenzen überwindet, dann ist das wohl die Musik. Und wenn es noch eine zweite Sache gibt, die das Miteinander-vertraut-werden nicht gerade erschwert, dann ist das wohl: guter Wein. Wenn beides zusammenkommt, dann könnte aus der Liaison mehr werden. Kombiniert mit politischem Willen und bürgerschaftlichem Engagement sind das ganz gute Zutaten für eine gelingende Beziehung zwischen zwei Städten. Darauf hoffen zumindest Vertreter aus Dachau und dem westfranzösischen Léognan, die am Wochenende den Beginn ihrer offiziellen Partnerschaft feiern.

Am Anfang waren da die zwei Brüder Eduard und Bardhyl Civeja. Aus einer musikalischen albanischen Familie stammend verschlug es den einen, Eduard, nach Dachau, wo er Leiter der Knabenkapelle wurde. Der andere Bruder, Bardhyl, genannt "Lully", baute in Léognan eine Musikschule auf und übernahm die Leitung der Band'a LEO. Die biografische Verbindung stärkte die musikalische. Musiker beider Gruppen besuchten sich mehrmals gegenseitig. Léognans Bürgermeister Laurent Barban wurde bekennender Fan des Dachauer Volksfests. Im April 2019 reiste eine Dachauer Stadtratsdelegation zusammen mit der Knabenkapelle nach Frankreich, unter anderem um am Kriegerdenkmal in Léognan der Toten beider Weltkriege zu gedenken. Beide Bürgermeister hielten Reden, beide Kapellen spielten die europäische Hymne.

In Dachau gibt es jetzt auch Wein aus Léognan

"Wir haben viele Berührungspunkte", sagt auch Kulturamtsleiter Tobias Schneider, "in Dachau wie in Léognan haben wir starkes bürgerschaftliches Engagement in Vereinen für Sport und Musik". Er war Teil der Besucherdelegation und erinnert sich vor allem an eine Weinverkostung in einem Château. "Wir versuchen hier eher mit Bier und dem Volksfest zu punkten", sagt Schneider. Gegen eine Weinverkostung in Léognan komme man tatsächlich kaum an, erinnert sich auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Doch wenn der Besuch aus Frankreich am Wochenende in Dachau zu Gast sein wird, soll beim Abendessen auch Wein aus der Region auf dem Tisch stehen. Der Dachauer Weinhändler von "Hubers Feine Weine" habe anlässlich der Partnerschaft bereits Kontakte zu Winzern aus der Region gesucht.

Das Angebot zur Städtepartnerschaft kam von französischer Seite. Eine ausgestreckte Hand, die man tunlichst nicht ausschlagen sollte, wie viele fanden. Die CSU im Stadtrat sprach sich jedoch gegen die Partnerschaft zu diesem Zeitpunkt aus, ihr schien die 10 000-Einwohner-Stadt in der Nähe von Bordeaux "nicht auf Augenhöhe", das Angebot verfrüht. Hartmann sagt heute: "Kritiker gibt es immer, aber wir haben uns das gut überlegt." Léognan ist nach dem österreichischen Klagenfurt und dem italienischen Fondi die dritte offizielle Partnerstadt Dachaus. Die Größe einer Stadt halte er nicht entscheidend für die Qualität der Partnerschaft, sagt Hartmann. Entscheidend sei, welche Vereine und Aktivitäten die Kommunen verbinden. Auch die Parallelen der zwei Orte in der Metropolregion einer Großstadt seien interessant. "In Léognan gibt es einen Flächenkampf zwischen Wohnungsbau und Anbauflächen für Weingebiete. Freiflächen sind dort ähnlich umkämpft wie bei uns", erzählt Hartmann. Allen anfänglichen Kritikern zum Trotz ist er sicher: "Das wird ein toller Austausch werden."

Mit dem Zug ist die neue Partnerstadt gut zu erreichen

"Viele Dachauer Vereine fahren bisher nach Fondi oder Klagenfurt - vielleicht werden demnächst einige mal den Atlantik ansteuern", sagt Kulturamtsleiter Schneider. Es seien zwar 14 Stunden Autofahrt dorthin, doch auch die Zugverbindung dürfe man nicht unterschätzen. Von Paris aus fahre ein Express-TGV in zwei Stunden nach Bordeaux. Auf regen Austausch hofft auch Tanja Jørgensen-Leuthner, die bei der Stadt für Städtepartnerschaften verantwortlich ist. Egal ob Feuerwehr, Volkshochschule, Naturschutzgruppen, Künstler, Musik- oder Sportvereine - wer Interesse habe, die neuen Partnerkommune in Atlantiknähe kennenzulernen, könne sich an sie wenden. Eine Gruppe Frankophiler treffe sich bereits seit Jahresbeginn regelmäßig am Max-Mannheimer-Platz, ganz stilecht: zum Boule spielen.

Die neunköpfige Delegation, die nun nach Dachau kommt, besteht aus dem Bürgermeister, dem Kulturreferenten, einer Stadträtin, Musikern und Mitgliedern des deutsch-französischen Partnerschaftsvereins. Ihnen steht neben der offiziellen Urkundenunterzeichnung ein Altstadtspaziergang, ein musikalischer Frühschoppen und gemeinsame Abendessen bevor. "Wir hoffen, dass auch ein Schüleraustausch in Gang kommt", sagt Schneider. Das müsse jedoch von den Schulen gewollt werden. Die Stadtratsreferentin für Städtepartnerschaften Sabine Geißler ist immerhin Französischlehrerin am Ignaz-Taschner-Gymnasium.

Aus einer Schulpartnerschaft gingen immerhin drei Ehen hervor

Das wünscht sich auch Tilo Ederer, Vorsitzender der Dachauer Knabenkapelle - in der übrigens auch Mädchen spielen. Neben der Verbindung der zwei Brüder hat auch Ederer einen biografischen Bezug zu Frankreich. Sein Vater hat einst am Josef-Effner-Gymnasium eine deutsch-französische Schulpartnerschaft initiiert, aus der später immerhin drei Ehen hervorgegangen seien, wie er lachend erzählt. Nach dem Krieg habe sein Vater in Frankreich viele Kontakte geknüpft habe und als Lehrer und Sportler einen jahrelangen Austausch mit dem Nachbarland gepflegt. "Da war ich schon als Kleinkind dabei, das hat geprägt."

Die Musik der Band'a LEO beschreibt er "mehr im Stil einer Marching Band", die auch bei Rugby-Spielen auftrete und dabei tanze. Musikalisch sei der Austausch in jedem Fall ein Gewinn, findet Ederer. "Die spielen fetzige Blasmusik mit hispanischem Einschlag - so etwas kennt man hier überhaupt nicht".

Die Unterzeichnung der Städtepartnerschaftsurkunden wird am Samstag um 11 Uhr auf dem Rathausplatz im Rahmen eines deutsch-französischen Festes stattfinden, zu dem alle eingeladen sind. Musikalisch wird das Fest von Knabenkapelle und Stadtkapelle Dachau sowie der Dachauer Sängerin Alma Civeja umrahmt. Es gibt bayerische Schmankerl und Getränke, zudem werden von "Hubers Feine Weine" auch Weine aus Léognan angeboten. Das Festprogramm mit Musik und Bewirtung wird bis in die Nachmittagsstunden gehen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusNationalsozialismus
:"Jeder Quadratmeter wurde mit dem Leben eines Häftlings bezahlt"

Die renommierte Wissenschaftlerin Anne Sudrow liefert in ihrer Studie zum "Kräutergarten" neue Erkenntnisse zu den Strukturen der mörderischen Plantage.

Von Thomas Radlmaier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: