Kultur in Dachau:Frauenprotest und Spezlwirtschaft

Lesezeit: 2 min

Die Frauen in Unterbachl wittern Unanständiges und schließen sich zusammen: (v.l.) Christina Weidlich, Marion Peccolo und Sabine Jahn. (Foto: Toni Heigl)

Das Theater am Stadtwald feiert mit der Komödie "Wer die Wahl hat" Premiere. Dabei geht es um das Verhältnis von Frauen und Männern und das Aufbegehren gegen patriarchalische Strukturen.

Von Renate Zauscher, Dachau

Sieben Wochen, seit Beginn des Jahres, haben die Schauspielerinnen und Schauspieler des Theaters am Stadtwald dafür geprobt: Am Samstag fand nun die Premiere der Komödie "Wer die Wahl hat" von Monika Szabady statt. Im Laufe des März folgen sechs weitere Aufführungen jeweils an den Wochenenden. Regie führt Ernst Konwitschny, der dem Theater seit Jahrzehnten als Schauspieler und Regisseur verbunden ist.

Die Theaterabteilung des ASV Dachau ist die wohl aktivste Bühne in Dachau. Zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst, präsentiert sie ein neues Stück. Dazu kommen jährliche Aufführungen des angeschlossenen "Jungen Ensembles" und der "Theaterkäfer". Das Thema des Stücks, das Konwitschny für die Frühjahrsproduktion ausgesucht hat, ist zeitlos: Shakespeare hat es ebenso behandelt wie zahllose Autoren ländlicher Lustspiele. Es geht um das Verhältnis von Frauen und Männern und um das Aufbegehren der Frauen gegen patriarchalische Strukturen.

Der Bürgermeister fasst Beschlüsse gerne in "externen" Sitzungen beim Dorfwirt

Im konkreten Fall platzt eine junge Dame ins Dorf, Susanne Sonnenschein (gespielt von Theresa Burghart), will in Unterbachl ein "Wohlfühl-Paradies" mit diversen Angeboten von Fitness bis Sauna etablieren und bringt damit die bestehende Ordnung im Ort gehörig durcheinander. Während sich die Männer höchst angetan zeigen von der verführerischen, hübschen und jungen Geschäftsfrau, wittern deren bessere Hälften Unanständiges - und beschließen sich zu wehren.

Die Charaktere auf der Bühne kennt man - wenn nicht aus dem täglichen Leben - als Versatzstücke ländlicher Komödien: Zu sehen sind ein Bürgermeister, der Beschlüsse gerne in "externen" Sitzungen beim Dorfwirt mit seinen engsten Spezln fasst, sein Stellvertreter, der keine eigene Meinung hat und ohnehin unter der Fuchtel seiner Frau steht und ein Wirt, der als Franzose ständig von "l'Amour" redet.

Die Männer im Ort sind von Geschäftsfrau Susanne Sonnenschein (gespielt von Theresa Burghart) ziemlich angetan: (v.l.) Herbert Thurner, Bernd Leupold und Marcel Jahn. (Foto: Toni Heigl)
Im Stück sind sie Vater und Tochter: Jenny Schmidberger (links) und Bernd Leupold. (Foto: Toni Heigl)

Das Stück ist eine eher harmlose Geschichte, doch die Dialoge sind mit viel Witz ausgestattet und die Schauspieler des ASV-Theaters holen aus der Textvorlage alles heraus, was diese bietet: Mit Bravour spielt Bernd Leupold den Bürgermeister, der nach eigenem Gusto durchregiert und keinerlei Zweifel hat an seinem Sieg bei der kommenden Kommunalwahl. Marion Peccolo gibt dessen Ehefrau Rosi, die vor allem als Ratschkathl brilliert und sich, aus Ärger über den Gatten, als Gegenkandidatin für das Bürgermeisteramt aufstellen lassen will.

Den Part des Bürgermeister-Stellvertreters übernimmt Herbert Thurner. In seiner Rolle als Pantoffelheld und Ja-Sager wächst er schließlich über sich hinaus. Die herrschsüchtige Frau an seiner Seite gibt sehr überzeugend Christina Weidlich. Nicht minder energisch hat Sabine Framboise (gespielt von Sabine Jahn) als Wirtsfrau zu agieren, die ihren Gatten unter Kontrolle halten muss, den Gastwirt und Franzosen Michel (Marcel Jahn).

Immer wieder gibt es Zwischenapplaus für die Schauspieler

Regisseur Ernst Konwitschny war es bei der Auswahl des Stücks wichtig, dass möglichst viele Ensemble-Mitglieder auftreten können - und so kommen auch die Jüngeren zum Zug. Mit Charme spielt Theresa Burghart die von Männern umworbene und von Frauen misstrauisch beäugte Geschäftsfrau, die die dörflichen Strukturen ins Wanken bringt. Jenny Schmidberger und Alexander Sakuth wiederum verkörpern die nächste Generation im Dorf, die sich über ein besseres Freizeitangebot freut.

Schließlich ist da noch die "Ex-Pfarrersköchin" Helene, die als schwerhörige Randfigur im Dorf dennoch alle Fäden in der Hand hält. Renate Mehlhase gestaltet diese Rolle mit enormem Witz und wunderbarer Spielfreude aus - wenig überraschend, dass sie ebenso wie ihre Mitspielerinnen und Mitspieler immer wieder Szenenapplaus bekommt.

Wie gut das Stück dem Premieren-Publikum gefallen hat, beweist der anhaltende Beifall am Schluss. Er gilt den Mitwirkenden auf der Bühne ebenso wie Regisseur Ernst Konwitschny, dessen Sohn und Theater-Vorstand Korbinian Konwitschny und all den anderen, die hinter den Kulissen verschiedenste Aufgaben übernommen haben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusLandespolitik
:Plötzlich Parlamentarier

Im vergangenen Herbst ist der 67-jährige Johann Groß aus Bergkirchen überraschend für die Freien Wähler in den Landtag eingezogen. Wie es ist, in einem ganz neuen Beruf anzutreten, während sich andere in diesem Alter zur Ruhe setzen.

Von Lisa Nguyen

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: