Haushaltsplanung:Dachau rutscht tief in die roten Zahlen

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Die Erweiterung der Grundschule Augustenfeld kostet viel Geld. (Foto: Toni Heigl)

Um die Investitionen der kommenden Jahre stemmen zu können, muss sich die Stadt hoch verschulden. 150 Millionen Euro könnten im Jahr 2024 im Haushalt fehlen. Im Rathaus bangt man um die finanzielle Zukunft

Von Julia Putzger und Thomas Radlmaier, Dachau

Die Corona-Pandemie hat sich bisher weniger stark auf die städtischen Finanzen ausgewirkt als zunächst angenommen - die Stadt Dachau ist einigermaßen unbeschadet durch die Krise gekommen. Doch der Blick in die finanzielle Zukunft der Stadt ist bange: Geringere Einnahmen und höhere Ausgaben als in den Vorjahren lassen der Stadt keinen anderen Ausweg als den in die hohe Verschuldung. Ob die Haushaltsentwürfe, die Kämmerer Thomas Ernst und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) der Presse am Dienstagvormittag vorab vorstellten, in dieser Form genehmigt werden, ist mindestens fraglich.

"Das ist ein Problem" - das ist ein Satz, den der städtische Kämmerer im Pressegespräch nicht nur einmal fallen ließ. Mit besorgtem Blick schaute er auf die roten Zahlen, die am Ende der Berechnungen stehen: ein Fehlbetrag von rund 8,8 Millionen im Haushaltsentwurf für das Jahr 2021. Denn obwohl ein relativ hoher Betrag aus der allgemeinen Rücklage entnommen werden kann - nämlich fast 25 Millionen Euro, da 2020 acht Millionen weniger benötigt wurden als ursprünglich geplant -, können die anstehenden Investitionen so nicht gedeckt werden.

"Das wird so nicht genehmigungsfähig sein"

Noch dramatischer sieht es in den Folgejahren aus: Laut diesjährigem Entwurf würden 2022 mehr als 57 Millionen Euro in der städtischen Kasse fehlen, im Jahr 2024 würden die Schulden der Stadt insgesamt mehr als 151 Millionen Euro ausmachen. "Das wird so nicht genehmigungsfähig sein", schickt Kämmerer Ernst für die Jahre ab 2022 bereits voraus. Für den kommenden Haushalt ist er noch zuversichtlich, dass sich die Aufsichtsbehörde durch die Entnahme aus den eigenen Rücklagen beruhigen lässt und den Entwurf billigt.

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Fest steht: Die Stadt Dachau ist nicht alleine Schuld an ihrer schwierigen finanziellen Lage. Der Fehler liegt im System. Ein solide Haushaltsplanung sieht dennoch anders aus.

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Bei einem genaueren Blick ins Zahlenwerk zeigen sich gleich vier Ausgabepositionen, die den städtischen Haushalt enorm belasten: Der größte "Brocken" und eine "Wahnsinnsbelastung", wie Ernst sie nennt, ist die Kreisumlage in Höhe von rund 32,5 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 lag dieser Betrag noch bei rund 14 Millionen Euro - also weniger als der Hälfte. Im Verwaltungshaushalt besonders zu Buche schlagen außerdem die Personalausgaben mit rund 31,5 Millionen Euro - etwa 1,3 Millionen Euro davon seien auf die Münchenzulage zurückzuführen, wie Hartmann erklärt - sowie Zuweisungen und Zuschüsse für den laufenden Betrieb an Dritte. Darunter fallen zum Beispiel externe Kitabetreiber und der ÖPNV.

Kommt die Eishalle auf dem ASV-Gelände?

Im Vermögenshaushalt macht der Bauetat mit 26,7 Millionen Euro den Großteil der Ausgaben aus. Allein für den Bereich Schulen müssen 9,4 Millionen Euro aufgebracht werden, weitere 2,5 Millionen Euro sind jeweils für Kindertagesstätten und die Rathauserweiterung eingeplant. Und der Bauetat 2021 wird noch größer. Um im Corona-Jahr 2020 zu sparen, legten die Stadträte im Sommer einige Vorhaben auf Eis und sperrten Haushaltsmittel, darunter auch Gelder für die Planung der umstrittenen Eishalle auf dem ASV-Gelände. Diese flog aus dem Bauetat für 2020. An den finanziell weiterhin schlechten Aussichten für die Stadt hat sich zwar seit dem Sommer nichts geändert. Dennoch beschloss eine Mehrheit im Bau- und Planungsausschuss am Dienstagnachmittag, die für 2020 eingefrorenen Mittel für die Eishalle im Bauetat 2021 neu anzusetzen, um die Planungen für den neuen Sportpark an der Gröbenrieder Straße samt Ersatzbau für die Georg-Scherer-Halle voranzutreiben. Es handelt sich um 490 000 Euro für das kommende Jahr, für 2022 sind zusätzlich rund 600 000 Euro vorgesehen. "Wir wollen unabhängig vom Standort, dass der Eissport weiter besteht", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzender Sören Schneider. Auch die stellvertretende CSU-Fraktionschefin Gertrud Schmidt-Podolsky plädierte dafür, das "Projekt ASV" nicht zu blockieren.

Die Fraktionen von ÜB/FDP, Grüne und Bündnis stimmten dagegen, die Mittel für die Eishalle in 2021 neu anzusetzen. Deren Vertreter warben dafür, den Neubau der Scherer-Halle von der Errichtung einer Eishalle zu entkoppeln. Zudem plädierten sie dafür, statt einer Eishalle vorerst eine mobile Eislauffläche zu bauen. In einem gemeinsamen Antrag präsentieren ÜB/FDP, Grüne und Bündnis sogar einen neuen Standort: das alte Hallenbad. Nach dessen Abriss könnte man schließlich die frei werdende Fläche entsprechend nutzen, finden die Fraktionen. Der aktuelle Antrag stand noch nicht zur Abstimmung.

"Wir können sparen, wo wir wollen, wir kommen nicht auf null", sagte Kämmerer Ernst im Pressegespräch. Er und OB Hartmann finden, dass das gesamte umlagenbasierte System nicht zukunftsfähig ist. Während der Landkreis seinen Haushalt durch die Kreisumlage über die Kommunen ausgleichen, der Bezirk sich über Landkreise sowie Bund und Länder sich scheinbar folgenlos verschulden könnten, bleiben die Kommunen mit einem fetten Minus in ihren Haushalten zurück, erläuterte der OB seinen Unmut. Gleichzeitig würden den Kommunen immer mehr Aufgaben aufgebürdet, die laut Hartmann für die Bürger "nicht sichtbar und nicht produktiv" seien. Kämmerer und Oberbürgermeister hoffen deshalb, dass sich auch in anderen Kommunen - wie zum Beispiel in Karlsfeld, das in noch schlimmeren finanziellen Nöten ist - Widerstand gegen das System regt und so ein Umdenken eingeleitet wird. Die Finanzplanung der Stadt Dachau wird derweil scheinbar zum Spiel auf Zeit und Glück.

© SZ vom 07.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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