Dachau:Aus der Lok wird die Essbahn

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Als Wirte der "Essbahn" am Dachauer Stadtbahnhof waren Andrea Braun und Tomislav Klanfar ebenfalls von den Baumaßnahmen der Bahn betroffen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Früher gehörte die "Lok" zum Dachauer Partyleben, mit den Anwohnern gab es öfter Ärger. Mittlerweile ist in dem Häuschen am Stadtbahnhof die "Essbahn" eingezogen. Der Umbau war ein Kraftakt für die Wirte Andrea Braun und Tomislav Klanfar.

Von Anna Schwarz, Dachau

Einst war das kleine Bahnhofsgebäude am Stadtbahnhof der bekannteste Szene-Treff Dachaus: In der "Lokalbahn Dachau" wurden wilde Partys gefeiert - bis diese von der Stadt verboten wurden, weil sich Anwohner beschwert hatten. Auch der Nachfolger, die "Lok Bar", wurde 2018 von der Stadt geschlossen, ebenfalls nach Lärmbeschwerden der Anwohner. Entsprechend skeptisch sei die Stadt gewesen, als sie das Bahnhofsgebäude übernehmen wollten und eine Konzession für ihr Lokal "Essbahn" beantragten, erzählt Tomislav Klanfar aus Gräfelfing. Er ist hier der neue Wirt, Andrea Braun die Wirtin.

Erst Eventcatering, dann Disko und jetzt der Traum vom kleinen Lokal

Doch Nachtgastronomie wollten die beiden ohnehin nicht mehr. 2018 hatten sie die Diskothek "Alte Galerie" in Schwabing übernommen, pandemiebedingt war sie jedoch lange geschlossen. Zuvor waren sie 13 Jahre lang im Eventcatering unterwegs, auf Festivals in ganz Deutschland, außerdem reisten sie mit ihren Speise zu französischen Wochenmärkten von Innsbruck bis Sankt Peter-Ording: "Von den Franzosen haben wir auch gelernt, wie man Flammkuchen macht", erzählt Andrea Braun. Die kulinarischen Highlights aus dieser Zeit stehen nun auf der Menükarte ihres Dachauer Lokals, dazu gehören Cocktails, Burger, Flammkuchen und Barbecue-Gerichte wie Spareribs, im Herbst sollen auch Wildgulasch und Kürbissuppe serviert werden. Partys wie früher soll es nicht mehr in der Essbahn geben, für das kommende Jahr denkt Klanfar über ein Barbecue-Event auf der Terrasse nach.

Die einst düstere Partylocation hat sich in ein helles und freundliches Lokal im Industriestil verwandelt. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Die ein wenig knarzende Treppe führt ins Obergeschoss, insgesamt 34 Sitzplätze gibt es in der Essbahn. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bereits Anfang des Jahres haben Andrea Braun und er das Lokal übernommen. Damit wollen sie nun "sesshaft werden". Seitdem haben sie die einst düstere Partylocation in ein helles und freundliches Lokal im Industriestil verwandelt: mit roten Lederbänken, beigefarbenen Wänden, massiven Holztischen, darüber das Bild einer Dampflok. Der Umbau hat die beiden viel Kraft gekostet: "Der Zustand war katastrophal", erzählt der Wirt. Das Bahnhäuschen war von Graffiti übersät und musste außen neu gestrichen werden. Mittlerweile habe er dort Überwachungskameras angebracht: "Anders geht es nicht", sagt er. Außerdem wurden die rund 35 Jahre alte Thekenanlage, Elektroleitungen, Toiletten und der Boden im Lokal erneuert, "weil das Holz aufgequollen und morsch war." Doch eines sollte auf jeden Fall bleiben: Die ein wenig knarzende Treppe aus dunklem Holz, die ins Obergeschoss führt: "Sie gehört zum Charme dieses Gebäudes", sagt Tomislav Klanfar in seiner schwarzen Kochjacke und lacht.

"Wenn einige das Objekt noch als verrufen ansehen, machen wir halt einen Lieferdienst"

Im Sommer eröffnete die Essbahn mit 34 Sitzplätzen, bislang sei der Andrang im Restaurant überschaubar. Doch das Wirtepaar hat eine andere Verdienstmöglichkeit gefunden und liefert Speisen nach Hause: "Wenn einige das Objekt noch als verrufen ansehen, machen wir halt einen Lieferdienst", dachten sie sich. Inzwischen kämen aber auch Kunden aus der Nachbarschaft, man habe ein gutes Verhältnis, betont Tomislav Klanfar. Bei milden Temperaturen sitzen seine Gäste auch auf der Terrasse, wo die S-Bahn im 20-Minuten-Takt vorbeifährt. Ein Standortnachteil? "Es ist ja kein Bahnhof, wo die S-Bahn durchrauscht", stattdessen komme der Zug hier zum Stehen und fahre danach wieder langsam ab. Und wenn die Bahn ausfällt - was ja hin und wieder mal passieren kann - "isst man eben eine Currywurst bei uns".

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