Banken:Bar ist rar

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Bei der Bäckerei Wörmann in Niederroth können Sparkassen-Kunden nun auch Geld abheben: Die Bäckerei-Mitarbeiterinnen Sabine Gruber und Christa Eder zeigen, wie es geht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Sparkasse und Volksbank Raiffeisenbank schließen immer mehr Filialen und Automaten in kleinen Orten. An Bargeld kommen ihre Kunden dort nun in Bäckereien. Verbraucherschützer sehen diese Kooperationen skeptisch.

Von Eva Waltl, Dachau

Zwei Semmeln, eine Breze und 50 Euro in bar, bitteschön - bei der Bäckerei Wörmann in Niederroth ist seit Kurzem neben den altbekannten Backwaren auch Bargeld im Sortiment. Kunden der Sparkasse Dachau können seit Anfang August in der Bäckerei Geld abheben. Eine Sparkassen-Filiale samt Automaten gibt es im Ort dafür nicht mehr.

Banken schließen immer mehr Filialen im ländlichen Raum. Ein Trend, der auch im Landkreis Dachau zu beobachten ist. Neben der Sparkasse Dachau hat sich auch die Volksbank Raiffeisenbank Dachau aus kleineren Orten zurückgezogen, Filialen und Geldautomaten geschlossen. Für die Banken ist dies ein notwendiger Schritt, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten und konkurrenzfähig sein zu können.

"Vor allem ältere Bürger ziehen klar den Kürzeren"

Die Kundenfrequenz in kleinen Filialen nehme zunehmend ab, so dass sich deren Aufrechterhaltung nicht mehr rechtfertigen ließe, erklärt Martin Richter, Pressesprecher der VR Bank Dachau. Er sieht in den Schließungen von kleinen Bankfilialen eine Notwendigkeit, auch um den Kunden bei komplexen Anliegen in größeren Filialen kompetente Mitarbeiter zur Seite zu stellen. Dieselbe Begründung nennt auch die Dachauer Sparkasse für die Schließung ihrer Filiale in Niederroth.

Bereits vor fünf Jahren schloss die VR Bank Dachau, die rund 80 000 Kunden hat, ihre Filiale in Tandern samt Geldautomaten. Nun zieht sich die Genossenschaftsbank auch aus Hilgertshausen zurück. Der Unmut bei Einwohnern und Bürgermeister Markus Hertlein war zunächst groß. "Vor allem ältere Bürger, die auf persönlichen Service angewiesen sind, ziehen klar den Kürzeren", sagt Hertlein.

"Mit dem Kompromiss können wir gut leben"

Nachdem die Hilgertshausener im vergangenen Jahr bei Bekanntgabe der Schließung mit Unterschriftaktionen protestierten, konnte im Zuge von Gesprächen mit dem VR-Vorstand zwar die Schließung der Filiale nicht verhindert, aber immerhin die Erhaltung eines Geldautomaten im Ort erreicht werden. Dieser steht bei der Bäckerei Kornprobst in der Schrobenhausener Straße. Für Hertlein und die Hilgertshausener ein zufriedenstellendes Ergebnis. Anders in Tandern: Dort läuft die Bargeldauszahlung nun über die Bäckerei Regnath Vinzenz.

Ein Modell, das nun auch die Sparkasse Dachau zusammen mit der Bäckerei Wörmann in Niederroth verfolgt. Die Menschen kommen an Bargeld, sind aber an die Öffnungszeiten der Bäckerei gebunden. Der Höchstbetrag, den man abheben kann: 200 Euro.

Christian Windele sitzt für den Bürgerblock Niederroth im Indersdorfer Marktgemeinderat. Er freut sich darüber, dass mit der Kooperation zwischen Bank und Bäckerei zumindest ein Teil des Services erhalten bleibt. "Natürlich wäre auch in Niederroth ein Geldautomat das Optimale gewesen, aber mit dem Kompromiss können wir gut leben", sagt er. Die Bäckerei Wörmann in Niederroth entschied sich freiwillig dazu, den Kunden die Möglichkeit des Geldabhebens anzubieten: "Wir machen es gerne für unsere Leute im Ort", sagt Inhaberin Regina Wörmann.

Auch die VR Bank Dachau hebt die Gebühren an

Sibylle Miller-Trach, Rechtsreferentin der Verbraucherzentrale Bayern, sieht es kritisch, wenn Banken Teile ihres Services an den Einzelhandel weitergeben: Natürlich sei es einfach, nebenbei beim Einkaufen an Bargeld zu kommen, doch der Einzelhändler kann auch jederzeit entscheiden, den Bargeldservice wieder einzustellen. "Ältere und nicht ganz so wendige Verbraucher sind die Hauptleidtragenden in diesem Szenario", so Miller-Trach.

Nicht nur der Wegfall von Filialen im ländlichen Raum nimmt zu, auch müssen Banken regelmäßig ihre Gebühren anpassen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Vor Kurzem machte die Münchner Stadtsparkasse Schlagzeilen mit der geplanten, aber letztendlich doch nicht umgesetzten Erhöhung. Weil Politiker und Verbraucherschützer das neue Gebührenmodell heftig kritisierten, müssen die Kunden beim Geldabheben am Automaten jetzt doch nichts bezahlen.

Anders bei der VR Bank Dachau. Anfang Juli erhöhte sie die Gebühren für Neukunden, ab Anfang Oktober müssen Bestandskunden mehr bezahlen. "Je nach Leistung heben wir die Kosten um einen beziehungsweise zwei Euro an", erklärt Richter. Auch die Führung eines Onlinekontos wird monatlich um einen Euro teurer. Richter betont, dass diese Erhöhungen notwendig seien, um weiterhin als Bank vor Ort bestehen zu können. "Wir wollen ausdrücklich nicht die Situation ausnutzen, in der gerade ohnehin alle erhöhen", sagt er: "Unsere Kosten für Technik und Dienstleistungen haben sich in den vergangenen Jahren stark erhöht."

Immerhin 57 Prozent der 80 000 VR-Bankkunden im Landkreis nutzen Onlinebanking - auch weil die Programme immer bedienungsfreundlicher geworden sind und Bankangelegenheiten rund um die Uhr getätigt werden können. Für diejenigen Kunden, die kein Onlinebanking haben und bei der VR Bank immerhin mehr als 40 Prozent aller Kunden ausmachen, steht nach wie vor der Weg zur Bankfiliale an, um Überweisungen, Ein- und Auszahlungen zu tätigen. Gerade ältere Menschen hätten kein Onlinebanking, so Richter.

Insbesondere für diese Kunden werden Geldgeschäfte also immer teurer. Miller-Trach von der Verbraucherzentrale Bayern beklagt diesen Trend. Sie sagt, es sei kundenunfreundlich, "recht hohes Kontoführungsentgelt zu verlangen und sich nebenbei noch einzelne Leistungen, die eigentlich zur normalen Kontonutzung gehören, bezahlen zu lassen".

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